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Interpharm 2013
Apotheken bieten niedrigschwelligen Zugang
Die Suchthilfe in Deutschland weist eine relativ zersplitterte Struktur auf: Neben Kliniken und Hausarztpraxen sind auch Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Reha-Einrichtungen darin involviert. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass Süchte früher nicht als Krankheiten galten, erläuterte Holzbach. Obwohl es im Suchthilfesystem viele gut evaluierte Behandlungsmethoden gibt, erreichen sie insgesamt nur einen kleinen Teil der Betroffenen.
Akzeptable Abstinenzraten nach Entwöhnungstherapie
Beim "klassischen" Weg der Suchtbehandlung schließt sich an eine Entzugsbehandlung in einer spezialisierten Einrichtung, z. B. in einer psychiatrischen Klinik, eine Entwöhnungstherapie an. Bei Alkoholabhängigkeit dauert sie in der Regel 16 Wochen und kann insgesamt dreimal – zulasten der Rentenversicherung – genehmigt werden. Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, ist nach etwa zwei Jahren die Hälfte der ehemals Alkoholabhängigen nach einer Entwöhnungstherapie weiterhin abstinent.
Medikamente zur Entwöhnungstherapie
Zur Unterstützung der Abstinenz und zur Reduktion des Rückfallrisikos nach Alkoholentzug werden derzeit die Anticraving-Substanz Acamprosat (Campral®), ein GABA-Rezeptor-Agonist und NMDA-Rezeptor-Antagonist, und der Opioidantagonist Naltrexon (z. B. Adepend®) eingesetzt. Obwohl sich mit diesen Wirkstoffen die Abstinenzquote nahezu verdoppeln lässt, werden sie in der Praxis vergleichsweise selten angewendet, konstatierte Holzbach. Ein Grund dafür ist die Ablehnung durch einen Großteil der Patienten, da diese annehmen, nach einer Entzugsbehandlung keine weitere pharmakologische Unterstützung zu benötigen.
Doch die Erfolgsraten sind nach Holzbachs Ansicht überzeugend, wie beispielsweise die doppeltblinde, placebokontrollierte Studie NALCAM gezeigt hat. Darin eingeschlossen waren 160 stationär behandelte, abstinente Patienten nach Alkoholentwöhnung. Über drei Monate erhielten sie entweder Placebo, Acamprosat, Naltrexon oder eine Kombination beider Wirkstoffe, die noch wirksamer war als die Acamprosat-Monotherapie.
"Wir erreichen die Betroffenen nicht!"
Von den etwa 1,2 Millionen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln abhängigen Patienten in Deutschland nutzen unter 10.000 die Entzugsmöglichkeiten in der Psychiatrie, unter 500 nehmen an einer Entwöhnungstherapie teil. Im Falle einer Teilnahme ist die Prognose jedoch günstig: Sechs Monate nach einem stationären Entzug sind rund 60% von ihnen abstinent. Um die Zahl der Interventionen zu erhöhen, sieht Holzbach die Apotheken besonders in der Verantwortung. Deren Vorteil besteht darin, dass sie einen niedrigschwelligen Zugang bieten.
Auch für Nicotinabhängige ist die Apotheke ein guter Ort, um einen Ausstieg zu beginnen. Durch eine Beratung können die Erfolgsaussichten gesteigert werden. Bei Rauchern, die aus eigener Kraft aufhören, sind nach einem Jahr noch rund 5% abstinent, bei einer Nicotinersatztherapie sind es bereits 10%. Auch Selbsthilfe-Manuale bringen gute Erfolge, hier liegen die Abstinenzquoten bei 15 bis 20%.
Mit eindrucksvollen Zahlen, die im Beratungsgespräch genannt werden können, lässt sich unter Umständen der Ausstiegswunsch des Rauchers verfestigen: So ist beispielsweise das Leben von Rauchern, die an den Folgen des Rauchens versterben, im Schnitt 23 Jahre kürzer als ihre statistische Lebenserwartung vorgibt.
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"Interpharm 2013 – Eine Patienten-orientierte Interpharm"
DAZ 2013, Nr. 13, S. 75
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