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Seite 3
Welche Honorierung wollen wir?
Die Honorierung der Apotheker war kein großes Thema, solange sich die Arzneimittelversorgung nur langsam wandelte und die degressiven Aufschläge für Anpassungen sorgten. Doch nur neun Jahre nach dem "historischen" Umbruch stößt das "Kombimodell" mit der überwiegend packungsbezogenen Honorierung an seine Grenzen. In der Honorierungsdebatte sind mindestens drei Fragenbereiche auszumachen: Erstens ist die Anpassung an die Kostenentwicklung weiter ungeklärt. 25 Cent nach neun Jahren können kein Vorbild für die Zukunft sein. Zweitens ist das fast schon zum Greifen nahe neue Notdiensthonorar weit mehr als nur die längst fällige Honorierung für eine Gemeinwohlpflicht. Es schafft vielmehr eine ganz neue Struktur, mit der gezielt bestimmte Gruppen von Apotheken gefördert werden können. Und drittens haben die gesundheitspolitischen Sprecher von CDU/CSU und SPD beim Deutschen Apothekertag 2012 die Überprüfung der ganzen Honorierungsstruktur zum mittelfristigen Thema erklärt – unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl wird dies also auf die Tagesordnung kommen.
Die Standardforderung der Politik bei Honorierungsfragen im Gesundheitswesen ist, unabhängig vom politischen Lager, gezielt für Qualität zu bezahlen anstatt alle nach dem "Gießkannenprinzip" zu finanzieren. Dies entspricht dem Zeitgeist, der Mischkalkulationen sogar dort verteufelt, wo sie zweckmäßig sind. Auch die Bahn muss Netz und Fahrbetrieb unterscheiden, obwohl eines ohne das andere sinnlos ist. In der Welt der Preisvergleichsportale und Super-Billig-Angebote will niemand für irgendetwas mit bezahlen, das er vielleicht erst beim nächsten Einkauf nutzt. Alles und jedes soll genau aufgeschlüsselt werden, um die Honorierung transparent zu machen. Eine aufschlagbezogene Preisbildung wäre heute nicht mehr vermittelbar. Und sogar das packungsbezogene Honorar ist politisch nicht mehr so ganz korrekt, weil jede Packung und jeder Patient unterschiedlichen Aufwand bereiten.
Doch diesen Aufwand oder sogar die Qualität der Leistung zu messen, könnte mehr kosten, als an Honorar zur Verfügung steht. Insbesondere für die Ergebnisqualität sind aussagekräftige Kennzahlen nur schwer zu beschreiben, wie sich bei der Gestaltung von Qualitätsmanagementsystemen für Apotheken im In- und Ausland schon lange zeigt. Aus praktischen Gründen wird das packungsbezogene Honorar daher für längere Zeit die Grundlage der Apothekenhonorierung bleiben müssen. Doch zusätzliche Honorare für besondere Leistungen werden dazu kommen – sie passen in die gesellschaftliche Landschaft und können die Entwicklung der Apotheken fördern. Der pharmazeutische Leistungskatalog LeiKa ist ein Anfang. Neben der freiwilligen "Kür" könnten künftig auch verpflichtende Leistungen getrennt honoriert werden, wenn sie über den Standardfall hinaus gehen, beispielsweise umfangreiche Beratungen bei Ersteinstellungen, neuen Rabattverträgen oder besonders erklärungsbedürftigen Darreichungsformen.
Hier schließt sich der Kreis zum neuen Notdiensthonorar, denn auch dies ist ein spezielles Entgelt für eine zwar verpflichtende, aber nicht bei jeder Versorgung anfallende Leistung. Mit solchen gezielten Honoraren anstelle der alten Mischkalkulation könnten Politiker und Apotheker künftig strukturelle Entwicklungen steuern. Dies kann aber auch neue Fronten schaffen und die Berufspolitik vor ungeahnte Herausforderungen stellen: Wie weit sind Stadtapotheker mit zwar seltenen, dann aber oft anstrengenden Notdiensten bereit, Landapotheker mit häufigen, aber meist wenig frequentierten Diensten zu subventionieren? Muss die Honorierung auch zwischen Beratung und Distribution aufgeteilt werden und wie könnte dies gelingen? Wie sollen zusätzliche Mittel auf die nötige Honoraranpassung und auf Entgelte für neue Leistungen wie das Medikationsmanagement verteilt werden? Wie könnte ein neues Honorar für das Vorhalten der Rezeptur finanziert werden?
Als Grundlage für die bevorstehenden Diskussionen informiert ein Beitrag in diesem Heft über den politischen Hintergrund und die historische Entwicklung der Arzneimittelpreisverordnung (siehe Beitrag "AMPreisV im Wandel" in dieser DAZ-Ausgabe). Ein weiterer Beitrag beschreibt mögliche künftige Honorierungsformen, verweist auf Beispiele aus dem Ausland und zeigt kreative Gestaltungsmöglichkeiten auf (siehe Beitrag "Künftige Honorarmodelle – Eine bewertende Übersicht" in dieser DAZ-Ausgabe). Außerdem werden wir am 15. März auf der Interpharm in Hamburg bei einer Diskussionsrunde fragen: "Welche Honorierung wollen wir?"
Thomas Müller-Bohn
DAZ 2013, Nr. 10, S. 3
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