Gesundheitspolitik

Apothekenabschlag: Westfalen-Lippe wehrt sich

Nach Drohungen der Kassen fordert der AVWL Deeskalation

Berlin (jz). Eine Lösung zur Höhe des Apothekenabschlags auf Bundesebene steht weiterhin aus – vorerst werden 1,75 Euro abgerechnet. Bis es eine Entscheidung gibt, geben manche Kassen jedoch keine Ruhe: In Nordrhein-Westfalen drohte die AOK NordWest schriftlich mit Retaxationen, Vertragsstrafen und Schadensersatzforderungen, sollten statt der erwarteten 2,05 Euro nur 1,75 Euro abgerechnet werden. Diese Drohungen gegenüber den eigenen Verbandsmitgliedern und Apothekenrechenzentren, will der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) jedoch nicht auf sich sitzen lassen und berief den Vertragsausschuss ein: "Verhandeln statt Drohen", so die Forderung.
Kein Verständnis für die Kassen-Drohungen: AVWL-Vorsitzender Michels Foto: AVWL

Die eigenständige Absenkung des Apothekenabschlags auf 1,75 Euro sei rechtswidrig, erklärte die AOK NordWest, die auch im Namen der AOK Rheinland/Hamburg, des BKK-Landesverbandes Nordwest, der Knappschaft und der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau handelte. Solange die gemeinsame Selbstverwaltung auf Bundesebene für das Jahr 2013 keinen Abschlag bestimmt habe, bleibe es beim Apothekenabschlag von 2,05 Euro. Aus der Gesetzesbegründung zu § 130 Abs. 1 SGB V lasse sich nämlich nicht ableiten, dass der Gesetzgeber einen Abschlag von 1,75 Euro als angemessene Basis festlegen wollte.

Abrechnungen mit einem anderen Wert als 2,05 Euro werde man "sachlich und rechnerisch" berichtigen und geleistete Überzahlungen "zeitnah" verrechnen, heißt es im Schreiben an Verband und Rechenzentren. Aus Sicht der Kassen sind insoweit auch die Voraussetzungen für eine "Vertragsmaßnahme" gegeben. Und wegen des erheblichen Schadens, "insbesondere in Form der mit dem erhöhten Prüfungsaufwand verbundenen zusätzlichen Personal- und Sachkosten", kündigen sie zudem Schadenersatzforderungen an. Das Verhalten des DAV und seiner Landesverbände bewerte man als "unverantwortliche Störung der Vertragspartnerschaft", kritisieren die Kassen.

AVWL: Schluss mit Drohungen!

Für die "massiven Drohungen" gegenüber den eigenen Mitgliedern und Rechenzentren hat der AVWL kein Verständnis. Die aktuelle Abrechnung von 1,75 Euro sei keineswegs rechtswidrig. Für die angedrohten Maßnahmen gebe es schon keine Grundlage. Diese seien "kein Instrument einer kollektiven Disziplinierung" und dürften im Verhältnis zu einzelnen Apothekeninhabern nicht dazu eingesetzt werden, um Positionen in strittigen Grundsatzfragen einseitig zu exekutieren. Darüber hinaus riskierten die Kassen bei unberechtigten Kürzungen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts den Verlust des gesamten Abschlages der Monatsrechnung. Und auch die Kosten, die durch eventuelle Retaxationsverfahren entstünden, habe jeder Vertragspartner selbst zu tragen – Schadensersatzansprüche entstünden insoweit nicht.

Im Antwortschreiben an die Kassen berief der Verband nun den gemeinsamen Vertragsausschuss von Apothekern und Kassen ein, der "zur Klärung von Zweifelsfragen sowie Beilegung von Meinungsverschiedenheiten" bei der Durchführung des Arzneimittelliefervertrages vorgesehen ist. Dadurch könne man den Kassen noch einmal die eigenen Argumente klar machen, erklärte der Verbandsvorsitzende Dr. Klaus Michels. Ein Sprecher der AOK NordWest bestätigte, die Einberufung sei "gutes Recht der Apotheker". Aber auch im Vertragsausschuss werde man die eigene bereits mitgeteilte Position weiterhin klar machen. "Ein Entgegenkommen kann es von unserer Seite nicht geben", so der Sprecher, denn das Verhalten der Apotheker sei klar gesetzeswidrig.



AZ 2013, Nr. 6, S. 8

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