Gesundheitspolitik

Vom Zünglein an der Waage – die politischen Splitter mit Ambition auf mehr!

Andreas Kaapke
Der Apotheken-Ökonom: Deutschland vor der Wahl

Im September steht die nächste Bundestagswahl an. Grund genug, sich die Wahlprogramme der wichtigsten Parteien im Hinblick auf das Thema Gesundheitspolitik, insbesondere Apotheken, anzuschauen. In sieben nacheinander veröffentlichten Folgen werden zunächst die kleinen "Splitterparteien" wie die AfD, Freie Wähler und die Piraten, dann die Linke, Bündnis90/Die Grünen, die FDP, die SPD und die CDU/CSU betrachtet. Im letzten Teil der Serie folgt eine Zusammenfassung. Zweifelsfrei keine Chance auf den Sieg bei der Bundestagswahl haben die Alternative für Deutschland (AfD), die Freien Wähler sowie die Piraten. Ungeachtet dessen kann ein mehr oder weniger gutes Ergebnis dieser Parteien eine maßgebliche Rolle bei der nächsten Bundestagswahl haben. Denn die jeweiligen Prozente, die hier errungen werden, fehlen gegebenenfalls an anderer Stelle, um regieren zu können. Allerdings hatten alle drei Aspiranten zu einem früheren Zeitpunkt vor der Wahl bessere Prognosewerte. So schienen lange Zeit die Freien Wähler die CSU nicht nur bei den bayerischen Landtagswahlen gefährden zu können, sondern auch bei der Bundestagswahl deutschlandweit erhebliche Stimmanteile auf sich vereinigen zu können. Dies hat sich gegenwärtig etwas relativiert. Das Berliner Piratenergebnis scheint für die Bundestagswahl auch in weite Ferne gerückt zu sein.

Betrachtet man das Wahlprogramm der AfD, darf man verwundert und irritiert zugleich sein. Es findet sich kein einziges Wort zur Gesundheitspolitik. Werden Bildung, Energie und Integration – andere Dauerbrenner der öffentlichen Wahrnehmung noch erwähnt und mit jeweils einigen Schlagwörtern hinterlegt, fehlt dies für die Gesundheit komplett. Als Wähler mit Bezug zur Gesundheitspolitik weiß man nun nicht, ob dies besonders gut oder besonders schlecht ist. Zumindest kommt die AfD in ihrem Wahlprogramm nicht auf falsche Ideen, andererseits kauft oder besser wählt man die Katze im Sack. Vielleicht liegt dies daran, dass das Wahlprogramm der AfD auch insgesamt nur 2 Seiten umfasst. Als Demokrat ist man geneigt anzunehmen, dass die Wahl für die AfD zu früh, was die Umfragen anbetrifft zu spät kommt. Und doch weiß man nicht, wie viele Euro-Verdrossene die Alternative für Deutschland als einzige Alternative zur Nicht-Wahl ansehen, es bleibt spannend.

Die Freien Wähler haben ein durchaus beachtliches Wahlprogramm, das es zum Thema Gesundheitspolitik auf genau 2 Seiten bringt. Als Leitmaxime haben die Freien Wähler für ihre Gesundheitspolitik zwei Sätze formuliert: Eigenverantwortung und Solidarität sowie Medizin vor Ökonomie. Bedauerlicherweise erscheint der Begriff Apotheke bei den Freien Wählern kein einziges Mal. Das Gesundheitssystem besteht hier offensichtlich nur aus Ärzten, Versicherten und dazwischen aus den Krankenkassen. Aus den anderen geforderten Punkten des Wahlprogramms kann man aber eventuelle Rückschlüsse auf die Apotheken ziehen. Eine gute medizinische Versorgung soll durch eine flächendeckende und wohnortnahe Haus- und Facharztversorgung sichergestellt werden, die Freiberuflichkeit der Ärzte erhalten bleiben, was durch eine leistungsgerechte Vergütung gesichert werden soll. Um den Privatisierungsdruck der Krankenhäuser zu mindern, ist eine solide Krankenhausfinanzierung durch den Staat vorzuhalten. Die Zweiteilung von gesetzlichen und privaten Kassen soll aufrechterhalten bleiben. Alle Versicherten ungeachtet der Kasse sollen nach dem Arztbesuch eine Rechnung erhalten, so dass der Patient genau weiß, was die Behandlung gekostet hat. Eine Riege weiterer Regelungen rundet das Wahlprogramm ab. Für die Apotheken kann man nur indirekt daraus schließen, dass die flächendeckende Versorgung auch an dieser Stelle gesichert werden soll und dass die Freiberuflichkeit gewahrt wird. Das ist aber Spekulation.

Von den kleinen Splitterparteien legt die Piratenpartei nicht nur insgesamt das umfangreichste Wahlprogramm vor, sondern widmet dem Thema Gesundheit auch in Summe 12 Seiten. Leider kommt der Begriff Apotheke auch hier kein einziges Mal vor, noch schlimmer, an manchen Stellen hätte man sich gewünscht, dass bei den Vorschlägen bzw. Vorstellungen der Piraten die Apotheken explizit ein- oder ausgeschlossen worden wären. Trotz alledem sollen einige Passagen aufzeigen, wie die Piraten denken: "dabei berücksichtigen wir, dass auch in der Gesundheitsversorgung jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann und daher kluges Haushalten mit den zur Verfügung stehenden Mitteln notwendig ist." (…) "Für uns zeichnet sich eine gute Gesundheitsversorgung durch ihren niedrigschwelligen Zugang aus, der allen Menschen in Deutschland eine zugewandte Behandlung nach aktuellem Stand der Erkenntnis ermöglicht." (…) "Zur Schließung von Versorgungslücken werden wir uns dafür einsetzen, dass Kommunen das Recht erhalten, hausärztliche Vertragsarztsitze zu übernehmen und dort Ärzte einzustellen." (…) "Abgesehen von regionalen Besonderheiten und einem Stadt/Land-Gefälle gibt es in Deutschland tendenziell eine Überversorgung mit medizinischen Leistungen, die zulasten der Versicherungsgemeinschaft aufrechterhalten wird, insbesondere von Arztpraxen und Krankenhäusern. Mit dem Ziel einer ausgeglichenen Verteilung ist daher einem Überangebot von Gesundheitsleistungen in einer Region über dem Durchschnitt mit entsprechenden Reizen entgegenzuwirken."

Eine Reihe weiterer ähnlicher Kommentare sind im Wahlprogramm zu finden. Löblich ist es, dass die Piraten sich der Frage Gesundheit angenommen haben, weniger gut dagegen, dass die Apotheken offensichtlich keine Rolle in ihren Überlegungen spielen.

Diese Nicht-Berücksichtigung der Apotheken zieht sich wie ein roter Faden durch die Wahlprogramme der drei Randparteien. Ist dies störend? Vermutlich ja: Wenn nicht mehr über einen gesprochen wird, gehört man entweder nicht oder nicht richtig dazu. Natürlich hat dies auch seine Vorteile, aber besser wäre es, man könnte sich mit den Einstellungen gegenüber dem eigenen Berufsstand auseinandersetzen. Gründe, sich als Apotheker(in) im Sinne der jeweiligen Vorstellungen zur Gesundheitspolitik für eine der drei Parteien zu entscheiden, gibt es nicht, aber auch keine Gründe dagegen.


Andreas Kaapke

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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