DAZ Aktuell

Pick up: Zurück auf Los

BMJ lehnt ABDA-Vorschlag ab – Bahr: "Wir sind weiter in Gesprächen"

BERLIN (lk/cr). Trotz des Neins des Bundesjustizministeriums (BMJ) zum ABDA-Vorschlag für ein Pick-up-Verbot, ist das Thema in der Regierungskoalition und für Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) noch nicht erledigt: "Wir sind weiter in Gesprächen", sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums als Reaktion auf die Absage aus dem Bundesjustizministerium zur DAZ. Auch das BMJ will weiter verhandeln und bringt in einem Brief von Justizstaatssekretär Max Stadler (FDP) an seine Parteifreundin im Bundesgesundheitsministerium, Ulrike Flach, einen Jahre alten "Kompromissvorschlag" wieder ins Gespräch.

"Unsere Häuser haben (…) bereits im Zuge der Beratungen zur 15. AMG-Novelle in der letzten Legislaturperiode eine Lösung abgestimmt, welche die gesetzlichen Anforderungen an den Betrieb von Pick-up-Stellen stark erhöht, ohne den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu widersprechen", heißt es in diesem Schreiben, in dem das BMJ den ABDA-Vorschlag kategorisch ablehnt. Und weiter schreibt Stadler: "Ich hielte es deshalb für vorzugswürdig, wenn wir stattdessen an die zwischen unseren Häusern abgestimmte Kompromisslösung anknüpfen könnten."

Dieser "Kompromiss" sah im Jahr 2008/2009 vor, die Anforderungen an die Qualifikation des Personals von Drogeriemärkten mit Pick-up-Stellen zu erhöhen und sah zudem Regelungen für die räumliche Gestaltung vor, die Pick-up-Stellen wirtschaftlich unrentabel machen sollten. Die ABDA lehnte damals nach anfänglichem Zögern diesen Vorschlag à la "Pick-up-Betriebsordnung" ab, weil sie darin die Konzeption für eine "Apotheke light" erkannte.

Kein Ausweg in Sicht

Im Bundesgesundheitsministerium sieht man deshalb jetzt keinen Sinn darin, diesen Vorschlag wieder aufleben zu lassen. Wie das von der schwarz-gelben Regierungskoalition mehrfach versprochene Pick-up-Verbot anderweitig umgesetzt werden könnte, bleibt daher weiterhin im Dunkeln. Bei einem neuen Anlauf müsste sich Bahr auf ein anderes Modell stützen. Auch die Regierungsfraktionen von Union und FDP könnten ein Pick-up-Verbot anschieben. Beides ist bislang aber nicht in Sicht.

Das BMJ kritisiert in seinem Schreiben an das BMG, dass der aktuelle ABDA-Vorschlag "im Kern dem Vorschlag der ABDA vom 22. Januar 2010" entspreche. Schon 2010 habe die Prüfung zu einer Ablehnung geführt, weil die darin enthaltene Einschränkung der Berufsfreiheit nicht mit Aspekten der Arzneimittelsicherheit oder des Verbraucherschutzes begründet werden könnte. Der neue ABDA-Vorschlag "enthält (nur) eine wesentliche Neuerung", so das BMJ: Die Definition von "Arzneimittelabholstellen".

Nach Ansicht des BMJ ist der ABDA-Vorschlag in sich widersprüchlich: "Warum etwa Arzneimittelabholstellen nur ‚außerhalb von Apotheken‘ betrieben werden sollen, erschließt sich mir nicht", schreibt Staatssekretär Stadler. Das Fazit des BMJ: Auch der aktuelle ABDA-Vorschlag werde den hochgesteckten Anforderungen für Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit "nicht gerecht".

ABDA beharrt auf ihrer Position

Ungeachtet dieser bemerkenswerten Aussagen des Bundesjustizministeriums hält die ABDA in ihrer Stellungnahme an den Bundesrat zur abschließenden Beratung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) an der Forderung eines Pick-up-Verbotes fest. Die ABDA-Stellungnahme für die Länderkammer stammt vom letzten Freitag, die Absage des Bundesjustizministeriums im Stadler-Schreiben vom 16. Januar 2012. Es ist daher davon auszugehen, dass das Nein des BMJ der ABDA zum Zeitpunkt der Abgabe der Stellungnahme bekannt war. Dagegen hatte noch am Freitag vergangener Woche die ABDA auf Anfrage der DAZ erklärt, dass ihr von einer Ablehnung des ABDA-Vorschlags durch die BMI- und BMJ-Verfassungsressorts nichts bekannt sei.

In Rahmen ihrer Anmerkungen zu Rezeptsammelstellen schreibt die ABDA, dass nach wie vor unerwünschte Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem 2004 eingeführten Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln bestünden. Diese beträfen insbesondere das Phänomen von Arzneimittelabholstellen in Drogeriemärkten und anderen Gewerbebetrieben, sog. "Pick-up-Stellen", die in besonderem Maße geeignet seien, das "Arzneimittel als Gut der besonderen Art zu trivialisieren".

In der Politik sei vor diesem Hintergrund fraktionsübergreifend das Phänomen der Arzneimittelabholstellen verurteilt worden. Der Koalitionsvertrag habe daher folgerichtig vorgesehen, die gesundheitspolitisch unerwünschte Erscheinung der Pick-up-Stellen zu unterbinden. "Dem Bundesministerium für Gesundheit liegen Vorschläge der ABDA vor, die im Rahmen eines Gesamtpakets eine Lösung dieses Problems ermöglicht", so die ABDA.

Änderungswünsche meldet die ABDA zum Stichwort Rezeptsammelstellen an: "Wir begrüßen, dass an dem präventiven Verbot für Rezeptsammelstellen mit Erlaubnisvorbehalt festgehalten werden soll. Wir regen jedoch an, die Vorschrift dahingehend zu ergänzen, dass der Betrieb von Einrichtungen zum Sammeln für eine oder mehrere individualisierbare Apotheken ausnahmslos unter den Genehmigungsvorbehalt fällt." Eine entsprechende Forderung habe die Hauptversammlung der Deutschen Apothekerinnen und Apotheker anlässlich des Deutschen Apothekertages 2011 in Düsseldorf bekräftigt.

Als Regelung schlägt die ABDA, wie schon im Zuge des Apothekertags 2011, abermals folgende Formulierung in der ApBetrO vor: "Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen für eine oder mehrere individualisierbare Apotheken (Rezeptsammelstellen) dürfen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde unterhalten werden. Hierzu zählen auch ortsgebundene technische Einrichtungen, mit denen derselbe Zweck verfolgt wird. Die Erlaubnis ist dem Inhaber einer Apotheke auf Antrag zu erteilen, wenn zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheken eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist. Die Erlaubnis ist zu befristen und darf die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten. Eine wiederholte Erteilung ist zulässig."

Restriktive Informationspolitik

Für Verwunderung sorgt, dass die ABDA in ihrer Stellungnahme zum ApBetrO-Regierungentwurf nunmehr erstmalig davon spricht, dass zur Lösung des Pick-up-Problems neben Änderungen der Apothekenbetriebsordnung, auch "Änderungen im Arzneimittelgesetz und dem Apothekengesetz" erforderlich seien. Um welche konkreten Änderungen es sich hierbei handeln soll, war aus der Jägerstraße bislang nicht zu erfahren. Wie schon in der Vergangenheit setzt die ABDA in puncto Pick up weiterhin auf Geheimhaltung. Sie möchte ihre Vorschläge, wie es heißt, "vorab nicht zerreden lassen". Sehr weit ist die ABDA mit dieser restriktiven Informationspolitik bislang freilich nicht gekommen: Zurück auf Los. Ein Ende von Pick up ist nach dem neuerlichen Aus für den ABDA-Vorschlag nicht in Sicht.



DAZ 2012, Nr. 9, S. 21

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