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Arzneimittel und Therapie
Palliativmedizinische Betreuung
"Kein Händchenhalten am Sterbebett, sondern Begleitung von Krankheitsbeginn an"
Die Palliativmedizin sieht ihre Aufgabe in der Begleitung und Behandlung von Patienten, die an einer fortgeschrittenen Erkrankung leiden. Meist sind dies Krebskranke, aber auch zunehmend Patienten mit neurologischen und internistischen Erkrankungen. Das Ziel der Palliativmedizin ist die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen, nicht aber die aktive Unterstützung der Sterbehilfe, so Prof. Dr. Friedemann Nauck, Göttingen. Um eine möglichst umfassende Betreuung zu ermöglichen, ist eine multiprofessionelle Zusammenarbeit erforderlich, die neben einer effektiven Schmerztherapie und Symptomkontrolle auch psychische Aspekte wie Einsamkeit, Angst und Hoffnungslosigkeit sowie soziale und seelsorgerische Bedürfnisse des Patienten umfasst.
Die Realisierung einer breit gefächerten palliativen Fürsorge geht schrittweise voran. Zu Beginn stand die Unterbringung des Kranken in Hospizen oder Palliativstationen. Seit 2007 ist auch die Betreuung durch die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) möglich, die allerdings noch nicht flächendeckend ausgebaut ist. Nauck bedauerte in diesem Zusammenhang, dass die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin noch nicht in den Nationalen Krebsplan integriert ist.
Der nationale KrebsplanDer Nationale Krebsplan wurde 2008 zur Krebsbekämpfung initiiert. An ihm beteiligen sich rund 20 Organisationen und weit über 100 Experten im Gesundheitswesen. In der ersten Phase geht es vor allem um vier Handlungsfelder: Krebsfrüherkennung, Versorgungsstrukturen und Qualitätssicherung, effiziente onkologische Arzneimitteltherapien und Patientenorientierung. An der Umsetzung sind zahlreiche Gesellschaften beteiligt (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, Gesundheitsministerkonferenz der Länder, Gemeinsamer Bundesausschuss, GKV-Spitzenverband, Verband der privaten Krankenversicherung, Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie die Vertretung der Patientenorganisationen auf Bundesebene). Aktuell wurden folgende Schritte zur Umsetzung des Nationalen Krebsplans beschlossen:
[Quelle: www.krebsgesellschaft.de] |
Frühzeitige palliative Betreuung verbessert das Überleben
Das frühzeitige Einbeziehen palliativer Maßnahmen unterstützt den Patienten in vielfacher Hinsicht. Um den Aufgaben einer palliativen Betreuung – Symptomlinderung, psychosoziale Begleitung, Hilfe bei Diagnosestellung und Therapieentscheidungen – gerecht zu werden, ist eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen erforderlich. Eine Betreuung in solchen Palliative Care Teams kann zu einer verbesserten Lebensqualität und zu einem verlängerten Überleben führen. Prof. Dr. Florian Lordick, Braunschweig, erwähnte in diesem Zusammenhang eine amerikanische Studie von Temel et al., in der gezeigt wurde, dass die frühe Integration palliativer Maßnahmen nicht nur die Lebensqualität der betroffenen Lungenkrebs-Patienten gesteigert und deren depressive Symptomatik vermindert hatte, sondern auch zu einem verlängerten Überleben führte, obwohl weniger interventionelle Maßnahmen ergriffen wurden. Eine zweite Studie von Bakitas et al. zeigte, dass psycho-edukative Maßnahmen im Rahmen einer palliativen Betreuung Angst und Depressivität bei Betroffenen lindern können. Ein weiterer interessanter Aspekt der frühen palliativen Betreuung ist die realistische Selbsteinschätzung der Patienten. Dies spiegelt sich etwa in einer bewussten Entscheidung gegen aggressive Therapien am Lebensende und in einer häufigeren Inanspruchnahme von Hospizeinrichtungen wider.
Allerdings sind multiprofessionelle Palliativteams für die frühe Intervention in Deutschland sehr selten. Dies ist Lordick zufolge nicht überraschend, da das derzeitige Vergütungssystem hierfür keine Abrechnung vorsieht.
Ehrlichkeit und kommunikative Kompetenz
Eine Krebserkrankung wird von den meisten Betroffenen als eine besondere Bedrohung empfunden, die seine Grundfesten ins Wanken bringt. Die Begleitung und Betreuung des Patienten erfordert daher eine hohe emotionale Kompetenz des Therapeuten. Wie Dr. Jutta Hübner, Frankfurt, erläuterte, erfordert es aber auch eine Änderung der Arztstellung. Dieser tritt nicht mehr als Heiler, sondern als Begleiter auf, der gemeinsam mit dem Patienten die Ziele einer Behandlung festlegt. Die Situation sollte realistisch und ehrlich eingeschätzt werden, ohne dem Patienten die Hoffnung zu nehmen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Aufrichtigkeit keineswegs Hoffnung zerstört, sondern eine tragfähige Arzt-Patienten-Beziehung und eine gute Gestaltung des Lebensendes stärkt. Akzeptiert der Patient seine Situation, dann kann ein "Heil-Sein" auch in einer palliativen Situation erreicht werden, so Hübner.
Verbesserte Schmerztherapie
Theoretisch kann auf der Basis des WHO-Stufenschemas bei 80 bis 90% aller Tumorpatienten eine zufriedenstellende Schmerzlinderung erreicht werden – in der Praxis erhält hingegen nur die Hälfte der Betroffenen eine adäquate Therapie. Die Gründe hierfür sind Dr. Imke Strohscheer, Barmbek, zufolge vielschichtig. Häufig wird eine Schmerztherapie zu spät eingeleitet und das medikamentöse Instrumentatrium wird nicht vollständig ausgenutzt. Strohscheer sieht einen Nachholbedarf bei der gezielten Auswahl eines Opioids in seiner jeweils erforderlichen galenischen Form. Des Weiteren sollten Führung und Aufklärung des Patienten und seiner Angehörigen verbessert, sowie die gesellschaftliche Akzeptanz einer Opioidtherapie verbessert werden. <
Quelle
Bakitas M., et al.: Effects of a palliative care intervention on clinical outcomes in patients with advanced cancer. JAMA 302, 741– 749 (2009).
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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