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ADEXA-Gehaltsumfrage

Nur jeder vierte Mitarbeiter in Nordrhein hat betriebliche Altersversorgung

Nur 25 Prozent der Apothekenmitarbeiter im Kammerbezirk Nordrhein verfügen über einen Vertrag zur betrieblichen Altersversorgung (bAV). Dies ergibt die erste Auswertung der Jahresumfrage von ADEXA. Ausgewertet worden ist bisher etwa ein Drittel der eingegangenen Antwortbögen. Doch bereits jetzt zeichnet sich ein ernüchterndes Ergebnis ab.

Obwohl alle Arbeitnehmer – egal ob dies im Tarifvertrag verankert ist oder nicht – seit dem 1. 1. 2002 einen gesetzlichen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung haben, ist es gerade in Nordrhein offensichtlich zu eklatanten Versäumnissen der Apothekenleiter gekommen.

Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Mitarbeitern die Entgeltumwandlung bis zu einem Umwandlungsbetrag von 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermöglichen. Dies sind in diesem Jahr 2688 Euro jährlich bzw. 224 Euro pro Monat.

Obwohl Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung (genau wie die Gehaltszahlungen) Betriebsausgaben sind, haben Apothekenleiter ihre Angestellten offensichtlich nicht ausreichend darauf hingewiesen, mithilfe der bAV ihr finanzielles Auskommen im Alter sicherzustellen. Juristisch fällt dieser Hinweis unter die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer. Und der Arbeitgeber erfüllt seine Pflicht nicht, indem er Verzichtserklärungen der Angestellten sammelt.

Der TGL-Nordrhein (und ebenso dem Sächsischen Apothekerverband) ist offensichtlich nicht klar, welche Verantwortung die Arbeitgeber hier tragen – denn hier geht es auch um Haftungsfragen!

Das Bundesarbeitsgericht hat schon früh entschieden, dass Arbeitgeber diesbezüglich ihre Mitarbeiter in vollem Umfang informieren müssen und auch den Ausgleich von Versorgungsschäden zu tragen haben (BAG, Urteil vom 17. 10. 2000, Az. 3 AZR 605/99).

In Nordrhein kommt aber noch hinzu, dass jeder einzelne Apothekenleiter, selbst wenn er bereits für seine Mitarbeiter einen bAV-Vertrag abgeschlossen hat, weiteren Anforderungen gerecht werden muss:

Wenn keine tarifliche Regelung besteht, also der tarifschließende Verband nicht bereits die entsprechenden Vorkehrungen getroffen hat, muss jeder Arbeitgeber einzeln auf die Erfüllung seiner Zusagen achten: Der Apothekenleiter muss genau so sorgfältig wie in eigenen Angelegenheiten Vergleiche anstellen und die Versicherungsprodukte prüfen, ob er das Ziel mit möglichst geringen Kosten verwirklichen kann – und das gilt auch für die Abschlussgebühren.

Ein Vertragsabschluss, der unnötig hohe Abschlusskosten produziert, könnte den Apothekenleiter sogar dem strafrechtlichen Verdacht einer Untreue aussetzen, wenn die Leistungen für den Mitarbeiter dadurch schlechter sind als bei einem vergleichbaren Produkt.

Die TGL-Nordrhein tut also ihren eigenen Mitgliedern keinen Gefallen, wenn sie eine tarifvertragliche Lösung verweigert. Von der mangelnden Wertschätzung ihrer Mitarbeiter, die aus dieser Haltung spricht, ganz zu schweigen. 

bAV: Es besteht Nachholbedarf


Bisher trägt die betriebliche Altersversorgung (bAV) lediglich 5 Prozent zu den Alterseinkünften der Deutschen bei – ein recht klägliches drittes Vorsorge-Säulchen, insbesondere auch im europäischen Vergleich. Sinnvoll wäre ein Anstieg auf 25 bis 30 Prozent, sagen Experten, um die wachsende Rentenlücke zu schließen.

Gerade die von Altersarmut besonders bedrohten Geringverdiener nutzen die staatlich geförderten Möglichkeiten viel zu wenig, so eine aktuelle repräsentative Umfrage des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF). Umgekehrt sind kleine Betriebe und Dienstleister besonders zögerlich, was das Angebot der betrieblichen Altersversorgung angeht. Experten sehen hier die Tarifparteien und Arbeitgeber in der Pflicht. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen nämlich, dass Opting-out-Modelle, bei denen grundsätzlich alle Arbeitnehmer versorgt werden, wenn sie nicht ausdrücklich widersprechen, das Altersvorsorgeniveau deutlich verbessern.

Freiwilligkeit der betrieblichen Altersversorgung, wie sie die TGL -Nordrhein propagiert – d. h. eine rein arbeitnehmerfinanzierte Entgeltumwandlung – , greift also zu kurz, weil sie von zu wenigen Arbeitnehmern wahrgenommen wird. Freiwillig ist die Entgeltumwandlung zwar auch im ADA-ADEXA-Tarifvertrag – nur gibt es eben für alle diejenigen, die sich keinen Eigenbeitrag leisten können, in jedem Fall einen Beitrag vom Arbeitgeber. Im zunehmenden Wettbewerb um qualifiziertes Personal ist das ein wichtiger Vorteil: Es schafft Mitarbeitermotivation und -bindung, ist aber zugleich auch Ausdruck der Fürsorgepflicht verantwortungsbewusster Arbeitgeber.



Rechtsanwältin Iris Borrmann
ADEXA, Leiterin Justiziariat



DAZ 2012, Nr. 9, S. 129

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