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- DAZ 7/2012
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Fortbildungskongress
Das Fibromyalgiesyndrom
Therapie ohne zugelassene Wirkstoffe, aber mit multimodalem Konzept
In westlichen Industrienationen liegt die Prävalenz des Fibromyalgiesyndroms (FMS) bei ca. 2%. Das weibliche Geschlecht ist wesentlich häufiger betroffen: Das Verhältnis von Frauen zu Männern beträgt 4 bis 6:1. Auffällig ist es, dass die betroffenen Frauen in Gesprächen auf Schmerz und Belastungssymptome fixiert sind. Sie haben ein großes Mitteilungsbedürfnis und können im Prinzip nur über das Schmerzerleben sprechen.
Die Pathophysiologie ist nach wie vor unklar. Zwar tritt das FMS gehäuft in Familien auf, spezifische Genpolymorphismen konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Unter verschiedenen Aspekten wurde versucht, eine Assoziation zu finden. Deutlich wurde, dass das FMS nicht assoziiert zu Störungen
- im Schilddrüsenhormonsystem
- der weiblichen Sexualhormone
- des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems.
Entgegen weitverbreiter Meinung ist auch eine Borrelieninfektion kein Risikofaktor für die Entwicklung eines Fibromyalgiesyndroms ebenso wenig wie virale Infektionen und kosmetische Brustimplantate.
Als gesichert wird angenommen dass eine Störung besteht
der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse
des autonomen Nervensystems
der zentralen Schmerzverarbeitung im Sinne einer zentralen Augmentation (verminderte zentrale Hemmung oder negative kognitiv-affektive Bewertung peripherer Reize)
Es stehen wenige Behandlungsoptionen zur Verfügung: Als Basistherapie wird empfohlen, dass bei Patienten mit einer Beeinträchtigungen von Alltagsfunktionen im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzeptes folgende ambulante Behandlungen angeboten werden:
Patientenschulung, kognitiv-verhaltenstherapeutische Schmerztherapie
aerobes Ausdauertraining
Amitriptylin
Diagnostik und Behandlung komorbider körperlicher Erkrankungen und seelischer Störungen.
Zeitlich befristet können physikalische Therapieverfahren wie Balneo-Therapie bzw. Ganzkörperwärmetherapie angewendet werden. Das entspannte Bewegen tut gut und Schmerz und Steifigkeit waren am Therapieende reduziert, das positive Ergebnis hielt ein bis zwei Monate an. Dagegen sollte keine Massage angewendet werden, sie verschlimmert die Schmerzen.
Es gibt unterschiedliche Schweregrade hinsichtlich klinischer Charakteristika beim Fibromyalgiesyndrom. | ||
Kriterium |
für einen leichten Verlauf sprechen |
für einen schweren Verlauf sprechen |
Anzahl der Beschwerden |
überwiegend Muskeln und Gelenke (oligosymptomatischer Verlauf) |
Muskeln, Gelenke und weitere Funktionsstörungen innerer Organe (polysymptomatischer Verlauf) |
Häufigkeit und Dauer der Beschwerden |
rezidivierend, mit beschwerdefreien oder -armen Intervallen |
anhaltend, keine oder seltene beschwerdefreie oder -arme Intervalle |
Annahme/Verhalten hinsichtlich Krankheit/Gesundheit |
weitgehend adäquat, z. B. angemessenes Inanspruchnahmeverhalten
angemessene körperliche
Aktivitäten |
dysfunktional, z. B. katastrophisierendes Denken, starke gesundheitsbezogene Ängste,
hohes Inanspruchnahmeverhalten,
Schon- und Vermeidungsverhalten
|
funktionelle Beeinträchtigungen in Alltagsfunktionen |
fehlend oder gering (z. B. keine schwere körperliche Arbeit möglich) |
hoch (längerfristige Krankschreibung, sozialer Rückzug, Aufgabe von Hobbys) |
psychosoziale Belastung |
gering (keine oder geringe berufliche oder private Stressoren) |
mäßig bis hoch (schwerwiegende und anhaltende berufliche oder private Stressoren) |
psychische Komorbidität |
keine psychische Komorbidität |
häufig (vor allem Depressionen, Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen) |
Behandler-Patient-Beziehung |
Vertrauen, Sympathie, gute Zusammenarbeit |
(von beiden) als "schwierig" erlebt |
Keine zugelassenen Wirkstoffe
Zur medikamentösen Therapie stellte Sommer klar, dass es in Deutschland für diese Indikation keine zugelassenen Wirkstoffe gibt. Unbedingt sollten kontinuierlich Verträglichkeit und Wirksamkeit am Ende der Therapie sowie nach sechs und zwölf Monaten überprüft werden, gegebenenfalls muss die Therapie umgestellt werden! Off label können mit hohem Evidenzgrad Amitriptylin, Duloxetin, Pregabalin und Milnacipran eingesetzt werden, mäßiger Evidenzgrad besteht für Fluoxetin und Paroxetin, Tramadol, Gabapentin und Pramipexol. Für Paracetamol und Metamizol, Muskelrelaxanzien sowie Opiate fehlt eine Evidenz. Keine Wirksamkeit konnte gezeigt werden für Hypnotika, Anxiolytika, Neuroleptika, NSAR oder Corticoide. Amitriptylin ist in Deutschland zur Therapie chronischer Schmerzen im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts zugelassen, die Zulassung von Duloxetin und Milnacipran für FMS wurde in Europa durch die EMA abgelehnt. In den USA dagegen sind Duloxetin, Pregabalin und Milnacipran für das Fibromyalgiesyndrom durch die FDA zugelassen.
DAZ 2012, Nr. 7, S. 81
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