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Schmidt-Interview löst Kontroverse aus
"Na gut, wenn wir eine Durchschnittsbetrachtung anstellen, liegen wir darüber", antwortete Schmidt in der SZ auf die Frage, ob Apotheker monatlich mehr Geld nach Hause bringen als die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung angegebenen 5442 Euro Nettoverdienst des Ärztedurchschnitts. So etwas hat man zuvor lange Zeit von keinem ABDA-Offiziellen gehört. Auch über seine eigene Einkommenssituation gab Schmidt in der SZ-Rubrik "Reden wir über Geld" freimütig Auskunft. Als er vor 20 Jahren wie viele Arztkollegen Praxen seine Apotheke eröffnet habe, habe er sich in den ersten Jahren "nie getraut, denen zu sagen, was ich verdiene".
Die flapsige Tonlage Schmidts gehört zum SZ-Interviewformat, hinter der die in Schmidts-Aussagen steckenden Differenzierungen in den Augen viele Leser offenbar verschwanden. Inzwischen habe sich die Situation aber umgekehrt, so Schmidts Erläuterung in der SZ: "Inzwischen liegt der Apotheker unter dem Einkommen des Allgemeinmediziners." Dass die Apothekereinkommen im Durchschnitt aber immer noch über den Ärzten liegen, habe damit zu tun, "dass wir eine sehr erfolgreiche, gut bezahlte Gruppe haben, die große Betriebe unterhält und stark spezialisiert ist. Das reißt den Durchschnitt nach oben."
Allerdings verschlechtere sich die wirtschaftliche Lage für andere, so Schmidt weiter: "Wir haben einige, die profitieren und andere, die aus dem Mittelfeld herausrutschen. Die verdienen inzwischen weniger als ein angestellter Apotheker. Für die wird es eng, und damit hat keiner von denen gerechnet. Deshalb auch die Wut." Die Mitte rutsche ab, weil das Kernfeld, die Versorgung mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, heute deutlich weniger attraktiv sei als vor Jahren.
"Welche Aussage wird wohl hängenbleiben!? Bingo!" Kommentar auf DAZ.online zur Meldung über das Schmidt-Interview |
In der schrumpfenden Zahl der Apotheken will der neue ABDA-Präsident kein Apothekensterben mehr erkennen: "Wir selbst sprechen nie vom Apotheken-Sterben. Wir meinen auch nicht, dass die Apotheke an sich stirbt." Trotzdem sei die Zahl von sechs Apothekenschließungen pro Woche eine "beunruhigende Situation, die wir noch nie erlebt haben." Verantwortlich dafür sei neben der abnehmenden Wirtschaftlichkeit auch fehlender pharmazeutischer Nachwuchs.
Den Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln in Apotheken empfindet Schmidt als "Geldschneiderei". "Die braucht man nicht", so der künftige ABDA-Präsident. Auf die Frage, ob in Apotheken damit Sachen verkauft würden, "die keiner braucht", antwortet Schmidt: "Ja! Aber ist das nicht überall so? Stehen in Ihrer Zeitung denn nur Dinge drin, die wirklich alle brauchen?" Den weißen Apothekerkittel hält Schmidt eigentlich für überflüssig und sieht darin eine Image- und Modefrage: "Der weiße Kittel ist nirgendwo im ambulanten Gesundheitsbereich wirklich notwendig. Aber ja, er dient der Statusverbesserung. Und er ist einfach schick."
"Tja, liebe Kollegen, so ganz ohne Schmerzen wird es nicht gehen mit der neuen Transparenz und Ehrlichkeit! Oder haben Sie gedacht, wir lächeln mal nett und alle unsere Argumente finden sich zukünftig eins zu eins in der Tagesschau und böse nachfragen tut auch keiner mehr?" Friedemann Schmidt als Kommentator auf DAZ.online zur Meldung über sein SZ-Interview und den Reaktionen darauf |
Auf DAZ.online überschlugen sich die Kommentare zu diesen neuen Tönen aus dem Mund eines ABDA-Präsidenten. Über 150 Kommentare sammeln sich im DAZ.online-Diskussionsforum. Friedemann Schmidt schaltete sich selbst mehrfach in die Diskussion ein, bezog Stellung, erläuterte seine Position, warb um Verständnis. Das kam gut an bei den Diskutanten. Der zunächst überwiegend kritische bis ablehnende Ton drehte sich. Es gab zusehends auch Anerkennung und Respekt für den neuen Stil des designierten ABDA-Präsidenten.
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