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DAZ aktuell
Auf Anbietervielfalt achten!
Ein Monitoring der DKG zur Versorgungslage in rund 100 Kliniken hatte Anfang November folgende Erkenntnisse gebracht: Arzneimittelengpässe treten für die Kliniken in 80 Prozent der Fälle plötzlich und ohne Vorabinformation der Arzneimittelhersteller auf. Die Folge: Patienten müssen umgestellt werden – 20 Prozent von ihnen auf therapeutisch nicht gleichwertige Alternativpräparate. Am häufigsten von Engpässen betroffen sind Zytostatika, Antibiotika und insgesamt Präparate zur intravenösen Gabe. In den beteiligten Kliniken bzw. Klinikapotheken hatten in nur einem Monat durchschnittlich 25 Arzneimittel nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung gestanden. Da die meisten Kliniken etwa 400 bis 600 verschiedene Arzneimittel einsetzten, sei dies bereits eine relevante Größenordnung.
DKG setzt auf drei Maßnahmen
Die DKG sieht daher dringenden Handlungsbedarf – Politik und Arzneimittelhersteller müssten die Lieferengpässe schnellstmöglich angehen, ehe Patienten ernsthaft zu Schaden kommen. Als konkrete Maßnahmen fordert sie zum einen den Aufbau eines zentralen Melderegisters beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bzw. beim Paul Ehrlich Institut (PEI) für Arzneimittel-Lieferengpässe. Zudem müssten die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Bereitstellungsauftrag für Arzneimittelhersteller erweitert werden – zumindest Arzneimittel, die zur Behandlung schwerster Erkrankungen zwingend benötigt werden, müssten verpflichtend vorrätig gehalten werden. Mit der 16. AMG-Novelle hatte der Gesetzgeber einen in diese Richtung abzielenden Versuch unternommen: Behörden sollte eine gesetzliche Befugnis eingeräumt werden, im Fall eines Versorgungsmangels den öffentlich-rechtlichen Bereitstellungsauftrag von Arzneimitteln durchzusetzen. Allerdings wurde der Plan im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens fallen gelassen – nicht weil man es für prinzipiell unnötig hielt, sondern weil man noch zu viele Fragen zu klären sah. Weiterhin fordert die DKG beim BfArM bzw. PEI den Aufbau eines zentralen Risikomanagements zur Prävention von Engpässen. Alle drei Punkte seien eng an in den USA bereits erfolgreich umgesetzte Maßnahmen angelehnt. Dort habe die Anzahl von Arzneimittelengpässen bereits mehr als halbiert werden können.
Die Herstellerverbände BAH, BPI, Pro Generika und vfa reagierten nun mit einem gemeinsamen Papier auf die DKG-Stellungnahme. Dieses verschickten sie an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags, die Gesundheitsminister der Länder sowie an das Bundesgesundheitsministerium. Darin betonen die Verbände, alle Hersteller seien "bestrebt, durch sorgfältig ausgewählte Zulieferer, zuverlässige Produktionsanlagen, Bedarfsabschätzungen und adäquate Produktionsplanung und Vorratshaltung Lieferschwierigkeiten zu vermeiden". Dennoch gebe es diese Lieferschwierigkeiten – manche seien von kurzer Dauer, andere umfassten längere Zeiträume. Doch nicht jede Lieferschwierigkeit verursache einen Versorgungsengpass. In den allermeisten Fällen stünden Alternativmedikamente anderer Hersteller zur Verfügung.
Hersteller: Vielfältige Gründe für Engpässe
Systematische Versorgungsengpässe für einen bestimmten Wirkstoff könnten hingegen problematisch werden. Ihnen könnten viele Ursachen zugrunde liegen, so die Verbände. Sie könnten beispielsweise auf Probleme eines Zulieferers von Wirk- oder Hilfsstoffen zurückzuführen sein oder auf den Ausfall einer Produktionsanlage. Ebenso denkbar seien Probleme beim Transfer, die Sperrung von Chargen wegen Mängeln oder eine unerwartet hohe Nachfrage – aber auch der zunehmende Kostendruck im Arzneimittelbereich, "der die Hersteller zur Nutzung aller Möglichkeiten der Effizienzsteigerung bei der Herstellung von Wirk- und Hilfsstoffen sowie von Arzneimitteln zwingt". Dieser Kostendruck, so heißt es im Schreiben der Verbände, führe auch zu einer Konzentration auf wenige Hersteller und zur Produktion an preisgünstigen Standorten vielfach in Drittstaaten außerhalb der EU. Schon im eigenen Interesse seien die betroffenen Firmen hier aktiv, solche Ursachen anzugehen. Eine singuläre Maßnahme, mit der sich alle Schwierigkeiten pauschal überwinden oder künftig verhindern ließen gebe es jedoch nicht.
Die Vorschläge der DKG sind aus Sicht der Herstellerverbände noch diskussionsbedürftig. So gebe es etwa bereits Meldepflichten nach der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) und dem Arzneimittelgesetz. Sie zu erweitern, schaffe keine Versorgungssicherheit, konstatieren die Verbände. Zumindest müsste es zunächst klar definierte Ziele geben. Sowohl im Hinblick auf die Arzneimittel, die einer Meldepflicht unterliegen sollen, als auch, welche Formen und Ausmaße von Lieferproblemen zu melden sind. Den Aufbau eines zentralen Registers für Lieferengpässe halten die Hersteller für möglich. Ein öffentlicher Zugang zu diesem Register erfordere jedoch ein zwischen Behörden, Herstellerverbänden und dem Verband der Krankenhausapotheker abgestimmtes Vorgehen.
Ablehnend stehen die Verbände einer Pflicht zur Vorratshaltung gegenüber. Eine solche gesetzlich definierte Pflicht könne die Versorgungssituation im Ergebnis sogar verschlechtern, warnen sie. In Zeiten ständig sinkender Arzneimittelpreise durch staatliche Eingriffe und Rabattverträge könnten den Herstellern nicht immer neue kostenträchtige Pflichten auferlegt werden. Weiterer Kostendruck führe zu Marktrücknahmen, weil vor allem komplex herzustellende Produkte nicht mehr kostendeckend produziert werden könnten – verlustig gehe damit auch die für die sichere Versorgung dringend nötige Anbietervielfalt.
Was den Aufbau eines zentralen Risikomanagements betrifft, so seien die von der DKG genannten Punkte zum großen Teil von der europäischen Zulassungsagentur EMA bereits umgesetzt: Diese veröffentliche in Abstimmung mit den Herstellern Hinweise auf Lieferengpässe und konkrete Empfehlungen für die Ärzte, welche Patienten bevorzugt mit den knappen Arzneimitteln behandelt werden sollten.
Abschließend betonen die Herstellerverbände, dass die gute Versorgung der Patienten mit Medikamenten für die pharmazeutischen Unternehmen hohe Bedeutung habe. Daher brächten sie sich in die Diskussion ein, mit welchen kurz- und längerfristigen Maßnahmen die Versorgungssicherheit künftig weiter verbessert werden könne. Hierzu biete die Industrie an, "den Dialog mit dem Verband der Krankenhausapotheker (ADKA) fortzusetzen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen".
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