Arzneimittel und Therapie

Afatinib bei Kopf-Hals-Tumoren

Phase-III-Studien mit neuem ErbB-Inhibitor gestartet

Jetzt wurden zwei Phase-III-Studien zur Prüfung von Afatinib bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder rezidivierten/metastasierten Kopf-Hals-Tumoren begonnen, wie Boehringer Ingelheim am 26. Januar ankündigte. Afatinib ist die erste zielgerichtete Therapie mit vergleichbarer antitumoraler Aktivität wie Cetuximab bei Patienten mit metastasiertem Kopf-Hals-Krebs, deren Erkrankung nach einer Behandlung mit einer Platin-basierten Chemotherapie erneut aufgetreten ist.

Afatinib wirkt als irreversibler Blocker aller Kinaserezeptoren der ErbB-Familie und hemmt deren Signalweiterleitung. Die ErbB-Familie oder auch Familie der epidermalen Wachstumsfaktorrezeptoren (Epidermal Growth Factor Receptor, EGFR) ist eine Familie von vier strukturell verwandten Rezeptor-Tyrosinkinasen. Die Bezeichnung ErbB kommt von einem viralen Onkogen, zu dem diese Rezeptoren homolog sind, dem Erythroblastic Leukemia Viral Oncogene. Ein gestörter ErbB-Signalweg spielt auch bei neurodegenerativen Erkrankungen eine Rolle. Ein übersteigertes Signal trägt zur Entwicklung verschiedener solider Tumoren bei und spielt eine wichtige Rolle beim Wachstum und der Ausbreitung von Brust- und Lungenkrebs und Kopf-Hals-Tumoren. Beim Großteil der Kopf-Hals-Tumore (90%) handelt es sich um Plattenepithelkarzinome, die aus den Epithelschichten der Schleimhäute entstehen und daher viele Gemeinsamkeiten hinsichtlich ihrer Ätiologie und Klassifizierung aufweisen. Bei mindestens 90% aller Kopf-Hals-Tumore kommt es zu einer Überexpression des Epidermal Growth Factor Receptor EGFR oder auch ErbB1. Diese steht in engem Zusammenhang mit einer schlechten Krankheitsprognose und niedrigen Überlebensrate.

Hohe Rezidivrate

Lokal fortgeschrittene und/oder inoperable bösartige Kopf-Hals-Tumore werden mit einer Strahlentherapie in Kombination mit einer platinbasierten Chemotherapie (in der Regel Cisplatin), entweder als einzige Therapie oder nach einem chirurgischen Eingriff, behandelt. Eine solche Radio-Chemotherapie ist jedoch mit bedeutenden Nebenwirkungen und Toxizitäten verbunden. Zudem ist die Prognose mit einer Überlebensrate von sechs bis zehn Monaten aufgrund einer hohen Rezidivrate schlecht.

Zwei Phase-III-Studien

Die neuen Studien tragen die Bezeichnungen LUX-Head & Neck 1 und LUX-Head & Neck 2.

LUX-Head & Neck 1 ist eine randomisierte, offene Phase-III-Studie. Hier wird geprüft, ob Afatinib das progressionsfreie Überleben (primärer Endpunkt) und das Gesamtüberleben von Patienten mit rezidivierten/ metastasierten Kopf-Hals-Tumoren, deren Tumor nach einer Platin-basierten Behandlung erneut wächst, verbessern kann. Dabei werden Wirksamkeit und Sicherheit von oral verabreichtem Afatinib im Vergleich zu i.v. verabreichtem Methotrexat verglichen.

LUX-Head & Neck 2 ist eine randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Doppelblindstudie. Hier wird untersucht, ob Afatinib bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren das Wiederauftreten der Tumore verhindern und das Gesamtüberleben nach einer Radio-Chemotherapie verbessern kann. Dabei werden Wirksamkeit und Sicherheit von Afatinib als adjuvante Therapie nach Radio-Chemotherapie bei Patienten mit primären, nicht operativ entfernten, HPV (Humanes Papillomvirus)-negativen, lokoregional fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen im Kopf-Hals-Bereich geprüft.

Derzeit laufen außerdem Phase-III-Studien mit Afatinib und der verwandten Substanz Nindetanib bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom und bei Brustkrebs sowie Phase-III-Studien mit Nintedanib bei Eierstockkrebs.


hel



DAZ 2012, Nr. 5, S. 64

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