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DAZ aktuell
IKK verärgert über "Geschenkliste"
Positionspapier der CDU/CSU zur AMG-Novelle
Seit gut einem Jahr ist das AMNOG in Kraft. Die Hoffnungen sind groß: Patentgeschützte Arzneimittel, denen kein Zusatznutzen gegenüber bereits vorhandenen Therapien attestiert wird, sollen die Kassen nicht mehr belasten. Daher betrachtet man nicht nur bei der AOK (siehe AZ 2012, Nr. 5, S. 2), sondern auch beim IKK e. V. die Ideen der Union mit Sorge: Mit diesen Forderungen werde der "vielversprechende Auftakt des AMNOG bereits vor Abschluss der ersten Preisverhandlungen infrage gestellt", kritisiert der Vorstandsvorsitzende Hans-Jürgen Müller. Regelungen, die einseitig der Pharmaindustrie und den Apotheken zugute kommen, seien für die GKV "nicht akzeptabel".
Ein besonders strittiger Punkt ist die "zweckmäßige Vergleichstherapie", die für die frühe Nutzenbewertung eines neuen Arzneimittels herangezogen wird. Nach § 6 Abs. 1 der Arzneimittel-Nutzenbewertungs-Verordnung (AM-NutzenV) ist die Vergleichstherapie "regelhaft zu bestimmen nach Maßstäben, die sich aus den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin ergeben. Bei mehreren Alternativen ist die wirtschaftlichere Therapie zu wählen, vorzugsweise eine Therapie, für die ein Festbetrag gilt". Schon im ersten AMNOG-Jahr hat sich gezeigt, dass Hersteller und Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) unterschiedliche Auffassungen haben, was eine zweckmäßige Vergleichstherapie ist – insbesondere im Fall von Linagliptin (Trajenta®) wurde dies offenbar. Boehringer-Ingelheim und Lilly brachten das Arzneimittel in Deutschland gar nicht erst auf den Markt. Sie haben kein Verständnis für die Auswahl der Vergleichstherapie und befürchten, ihr Präparat könnte am Ende auf dem bedeutsamen deutschen Markt nicht wirtschaftlich vermarktet werden. Die Hersteller wollten ihr Mittel, das erst zum Einsatz kommen soll, wenn andere Therapien versagt haben, in ihrer eigenen Stoffklasse vergleichen – doch herangezogen wurden generische Substanzen der First-Line-Therapie.
Nun nennt auch das Unionspapier die Festlegung der Vergleichstherapie als "wichtigen Bestandteil" der mit dem AMNOG eingeführten Nutzenbewertung. Dennoch will sie nachjustieren: Bei der Auswahl der Vergleichstherapie müsse im Sinne der Patienten die Frage im Mittelpunkt stehen, ob ein tatsächlicher Zusatznutzen für das neue Arzneimittel im Vergleich zum bisherigen Therapiestandard besteht. Erst bei den Preisverhandlungen stehe dann die Kostenfrage im Mittelpunkt, heißt es im Unionspapier. Dies ist soweit formal nichts Neues, kann aber als Hinweis verstanden werden, mit den Vorgaben für die Nutzenbewertung keine Vorentscheidung für die spätere Preisverhandlung zu treffen. Zudem wollen die Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Fraktion sicherstellen, dass keine Studien mit einer Vergleichstherapie verlangt werden dürfen, die vom BfArM bzw. den Ethikkommissionen aus ethischen Gründen nicht genehmigt würden. Ideal wäre es nach Vorstellung der Union, wenn schon im Beratungsgespräch beim G-BA die Vergleichstherapie vor den Phase-III-Studien "gemeinsam verbindlich vereinbart" wird. Hier wäre dann etwa auch die Frage zu klären, welche Vergleichstherapie für ein Solitärmedikament zu wählen ist. Nicht zuletzt schreiben die Unionspolitiker etwas zur – ebenfalls bereits vorgesehenen – Bewertung von Arzneimitteln des Bestandsmarktes: "Wenn ein neues Arzneimittel bewertet werden soll, zu dessen Wirkstoffklasse es bereits einen Bestandsmarkt gibt, muss der Bestandsmarkt in die Nutzenbewertung einbezogen werden. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens sind daher mögliche Hemmnisse zu beseitigen".
Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK e.V ist dagegen überzeugt: "Die derzeitigen Regelungen zur Festlegung der Vergleichstherapie sind transparent und zweckmäßig." So zeigten auch die bisherigen Beschlüsse des G-BA "keinen Anpassungsbedarf", sagt Hohnl. Auf Missfallen stößt bei ihm auch der Vorstoß der Union, die für die Erstattungsbeträge ausgehandelten Rabatte vertraulich zu halten und für die Referenzpreise auf Länder zu schauen, deren Wirtschaftskraft mit Deutschland vergleichbar ist.
Doch abseits der Reaktion der Union auf Einwände der Pharmaindustrie, widerstreben dem IKK e. V. auch die Ideen in Bezug auf die Apotheker. So würde eine Festsetzung des Apothekenabschlags auf 1,75 Euro den eigenen Beschluss der Bundesregierung, den Abschlag bis 2012 auf 2,05 Euro festzulegen, konterkarieren. "Mit solchen Regelungen lassen sich die Kosten für Medikamente fürwahr nicht eindämmen. So droht der eigentliche Sinn des Gesetzes verloren zu gehen", kritisiert Wollseifer.
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