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Die Not mit dem Notdiensthonorar

Dr. Thomas Müller-Bohn Redakteur der DAZ

Beim Apothekertag 2011 (!) wurde die Forderung nach mehr Geld zu einem zentralen Anliegen der Apotheker erklärt. Dazu gehört ein wenigstens teilweiser Ausgleich für den Notdienstaufwand, denn für Mischkalkulationen reicht der Festzuschlag nicht mehr. Es war also reichlich Zeit, über ein sachgerechtes Konzept für die Umsetzung dieses Ziels nachzudenken. Die Honorardebatte nahm ihren politischen Weg. Sie führte zu unerfreulichen, aber sicheren 25 Cent pro Rx-Packung und durchaus erfreulichen, aber bisher nur "in Aussicht gestellten" 120 Millionen Euro für den Notdienst. Doch von diesen 120 Millionen Euro trennt uns noch immer die Frage nach der praktischen Durchführung. Beim Apothekertag 2012 (immerhin ein Jahr nach Ausrufung des Ziels) lag die Erwartung in der Luft, auch dieser eher unproblematisch erscheinende Aspekt werde jetzt geklärt. Doch die Politiker machten deutlich, dass sie noch offene Fragen bei der Verteilung sehen. Es ist verständlich und vernünftig, dass Politiker und Ministerium sich nicht unnötig die Finger an Details verbrennen wollen, die politisch kaum Gewicht haben, aber später für Streit sorgen könnten. Sollen sich die Apotheker doch selbst verwalten! Wofür sollte die Selbstverwaltung sonst auch gut sein?! Doch wo ist der Vorschlag der ABDA? Was soll eine Selbstverwaltung anspornen, wenn nicht die Aussicht auf 120 Millionen Euro? Oder liegt das Problem eher in der Frage, wie und von wem dieser Betrag einzusammeln ist? Doch auch dies sollte zu klären sein, wenn die politische Aussage ernst und die Wertschätzung für die Notdienstversorgung ehrlich gemeint sind.

Der Apothekertag liegt nun mehr als sechs Wochen zurück und noch immer werden Varianten für das Notdiensthonorar konzipiert, diskutiert und verhandelt. Ein einziger Vorschlag an die Politik wäre wahrscheinlich hilfreicher. Zugegeben, es gibt einige Fragen zu klären, aber in der mittlerweile verstrichenen Zeit sind wahrlich schon größere Aufgaben bewältigt worden. Schon seit einigen Wochen ist aus den gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen die Idee zu hören, die Kammern könnten den Apotheken die geleisteten Notdienste bescheinigen. Die Apotheken könnten sie dann über eine Sonder-PZN bei den Rechenzentren abrechnen. Damit würden sich neue teure Institutionen für die Abrechnung und die Sorge der Politik über Fehlanreize für mehr Notdienste erübrigen. Es wäre auch viel einfacher als die mitunter diskutierte Abrechnung durch die Kammern selbst. Denn die müssten dafür neue Strukturen aufbauen und würden in eine Aufgabe gedrängt, die nicht zu ihrem sonstigen Auftrag passt. Doch die Kammern könnten für jedes Jahr die Zahl der Notdienste festlegen, woraus sich ein jährlich schwankender Abrechnungswert für jedes Bundesland ergibt. Dann wäre noch zu klären, ob Notdienste stundenweise oder pauschal abgerechnet werden. Praktikabel erscheinen vier Tarife für Sonn- und Feiertage, ganze Nächte sowie kürzere oder längere Zusatzdienste. Doch das könnte sogar auf Landesebene entschieden werden. Außerdem wäre ein Verteilungsschlüssel zwischen den Bundesländern nötig, damit jede Kammer ihr System eigenständig planen und die Folgen überblicken kann. Das alles macht einmal Arbeit, ist aber durchaus überschaubar.

Die bisherige 2,50-Euro-Gebühr sollte unangetastet bleiben. Zur Steuerung und zur Finanzierung ist sie weiter nötig, denn es sollen 120 Millionen Euro zusätzlich (!) bei den Apotheken ankommen. Damit erübrigt sich auch jede Diskussion über eine komplizierte Synthese der alten Gebühr und der neuen Pauschale. Letztlich müsste die Politik noch klären, wie die PKV eingebunden wird. Eine Pauschalzahlung wäre die einfachste Lösung, doch das ist nicht Sache der Apotheker.

Die Politik muss allerdings noch klären, wie die PKV und die Beihilfe einbezogen werden – und das möglichst ohne Zustimmung des Bundesrats. Dass so verschiedene Institutionen eine Leistung gemeinsam finanzieren, ist wohl eher schwierig ins System zu integrieren. Wenn die Apotheker für ihren Teil aber ein klares Konzept vorlegen würden, stiege der Druck auf die Politik, auch den letzten Baustein einzufügen, um das Werk zu vollenden. Das wird allerhöchste Zeit, denn das neue Jahr steht schon fast vor der Tür – und da soll das Geld bereits fließen. Sicher könnten Notdienste auch für ein paar Wochen rückwirkend honoriert werden, wenn das neue System endlich steht. Doch die Apotheker brauchen das Geld, nicht irgendwann, sondern jetzt, spätestens ab Januar 2013 (!). Denn die Apotheker "sind mehr wert", sagt eine ABDA-Kampagne, und jeden Tag schließt eine Apotheke – für immer. Die Politik hat ein deutliches Zeichen gegeben – worauf warten wir noch? 120 Millionen Euro sind weniger als erwartet, aber keineswegs zu verachten. Pro Apotheke ergibt das nämlich durchschnittlich rund 5600 Euro.


Thomas Müller-Bohn



DAZ 2012, Nr. 48, S. 3

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