DAZ aktuell

Wo bleiben die Frauen?

Elisabeth Thesing-Bleck

Sie wollen die neue Apotheker-Führung bilden: Dr. Andreas Kiefer gab seine Kandidatur für das Präsidentenamt der Bundesapothekerkammer bekannt, Fritz Becker bleibt wohl für den DAV und Friedemann Schmidt möchte zum ABDA-Präsidenten gewählt werden.

Die gute Nachricht:

Die designierte Führungsriege hat ihre Kandidatur früher als bei den vorhergehenden Wahlen bekannt gegeben – ein winziges Öffnungsschrittchen in Richtung Basis! Bislang wurde in Hinterzimmern von einem kleinen, selbst ernannten Kreis ohne Mitglieder-Votum ausgekungelt, wer die Apothekerinnen und Apotheker in Zukunft vertreten solle. Die Berufsöffentlichkeit war in der Vergangenheit von der Besetzung ihrer Spitzenpositionen völlig ausgeschlossen. Die Anträge und Diskussionen auf dem letzten Apothekertag offenbarten den Unmut einer nennenswerten Anzahl von Kolleginnen und Kollegen, dass sie dieses Verfahren nicht länger hinnehmen wollen. Viele Delegierte des Apothekertags forderten unüberhörbar und deutlich ein demokratisches Mitspracherecht ein bei der Besetzung von Positionen, deren zukünftige Amtsinhaber die beruflichen Apothekeninteressen vertreten wollen.

Ein Amt anzutreten, ohne vorher seine Ziele für den Beruf vorzustellen, ist unprofessionell! Für den bevorstehenden Wahlmarathon bleibt noch Zeit! Wir dürfen hoffen, dass die designierte Führungsriege das nächste Schrittchen geht und ihre berufspolitische Richtung preisgibt, die sie in der nächsten Amtsperiode einschlagen will – allerdings nicht nach, sondern noch vor den Wahlen!

Die schlechte Nachricht:

Wo sind die Frauen an der Spitze? Der Apothekerberuf entwickelt sich kontinuierlich zu einem Frauenberuf weiter. In den letzten Dekaden wurde dieser Tendenz zumindest ansatzweise mit einer Frau als BAK-Präsidentin Rechnung getragen. Nunmehr will nach dem Abgang von Erika Fink dem Vernehmen nach auch Monika Koch nicht mehr für den geschäftsführenden DAV-Vorstand antreten. Apothekerinnen sind in beruflichen Spitzenpositionen ohnehin völlig unterrepräsentiert. In der neuen Führungsriege der Apotheker reduzieren sich die Positionen, die von Frauen besetzt werden, dadurch noch weiter. Es klafft die Schere immer weiter auseinander zwischen dem prozentualen Anteil von Frauen, die den Apothekerberuf ausüben und dem Frauenanteil in der Berufsvertretung.

Apothekerinnen und Apotheker sind Teil der Gesellschaft. Sie können sich nicht vom politischen Mainstream abkoppeln. Und dieser fordert mehr Führungspositionen für Frauen. Wenn die höchsten Repräsentanten der Apothekerinnen und Apotheker in der Öffentlichkeit weiterhin glaubwürdig erscheinen wollen, dann müssen sie zwingend bei dem bevorstehenden Wahlmarathon ein Mindestmaß an einer geschlechtergerechten Verteilung der Spitzenpositionen umsetzen. Beispielsweise können auch die Spitzenorganisationen der Apotheker die Minimalanforderungen der Flexi-Quote der Bundesfrauenministerin erfüllen. Dazu muss der Berufsstand allerdings eine Selbstverpflichtung eingehen und eine individuelle Frauenquote festlegen, diese veröffentlichen und insbesondere einhalten.

Gerade vor diesem politischen Hintergrund müssen Apothekerinnen in der Spitze unseres Berufes deutlich stärker vertreten sein, als es sich derzeit für die neue Führungsriege abzeichnet. Der Gegenwind, auf den sich Thomas Preis offenbar bei seiner Kandidatur einstellen muss, zeigt eine reale Perspektive auf. Es öffnet sich damit die Möglichkeit, dass die ABDA-Vize-Position mit einer Apothekerin besetzt werden kann. Und auch Andreas Kiefer und Fritz Becker sind gut beraten, wenn sie in ihrer neuen Amtszeit Apothekerinnen zu ihren Vizepräsidentinnen machen. Die geschäftsführenden Ausschüsse sind dann trotzdem noch Lichtjahre von einer geschlechtergerechten Verteilung ihrer Spitzenpositionen entfernt.

Ein Beruf, der so vom politischen Willen des Gesetzgebers abhängig ist wie der unsere, ist klug beraten, wenn er seine frauenpolitische Flanke schließt. Eine Diskussion über eine Frauenquote, die auch für unsere Spitzenpositionen das an der Basis gelebte Geschlechterverhältnis einfordert, können und sollten wir uns besser nicht leisten!


Elisabeth Thesing-Bleck

Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Geriatrische Pharmazie,
Gesundheitsberatung und Prävention

E-Mail: bleck.aachen@t-online.de



DAZ 2012, Nr. 45, S. 22

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