Nagelmykosen

Wettstreit der Nagellacke

Wasserlöslich oder -unlöslich, einmal pro Woche oder täglich?

Ina Richling | Sind Hände- oder Fußnägel mit einem Nagelpilz befallen, ist dies keine lebensbedrohliche Erkrankung. Trotzdem wird zu einer antimykotischen Behandlung der befallenen Nägel geraten, da es sich primär nicht nur um ein kosmetisches Problem handelt, sondern auch eine hohe Ansteckungsgefahr besteht. In seltenen Fällen kann bei immunsupprimierten Patienten aus der lokalen Infektion auch ein systemische werden. Antimykotische Nagellacke versprechen eine einfache Lösung des Problems. Doch wann ist welcher Lack empfehlenswert? Sind bestimmte antimykotische Nagellacke besser als andere? Wie müssen die unterschiedlichen Nagellacke angewendet werden? Und welche Daten liegen zur Anwendungsdauer vor?

Die lokale Behandlung der befallenen Nägel ist der systemischen vor allem wegen des Risikos von ernsthaften Nebenwirkungen vorzuziehen. Doch die Lokalbehandlung in der Selbstmedikation hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn

  • maximal 3 bis 5 Nägel befallen sind,
  • maximal 30 bis 50% der Nagelfläche befallen ist und
  • die Nagelmatrix nicht infiziert ist.

Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz von Nagelmykosen, auch eine genetische Disposition wird diskutiert. Es existieren mehrere Berichte über gute Erfolgsraten bei einer Kombination von lokaler und systemischer Therapie. Hier nutzt man die synergistischen Effekte und die verschiedenen Penetrationswege der einzelnen Antimykotika in den Nagel, so dass durch einen kumulativen Effekt eine ausreichend hohe Konzentration antimykotischer Wirkstoffe im Nagel erreicht wird.

Topische Behandlung mit Nagellacken

Wirkstoffhaltige Nagellacke gelten als optimale Darreichungsform für eine topische Behandlung. Antimykotika-haltige Cremes oder Lösungen sind nicht in der Lage, ausreichend lange am Wirkungsort zu bleiben, so dass sie keine Behandlungsalternative darstellen.

Zurzeit befinden sich mehrere wirkstoffhaltige Lacke im Handel. Man muss unterscheiden zwischen wasserunlöslichen Lacken (Batrafen®, Ciclopirox Winthrop® mit 8% Ciclopirox und Loceryl®, Amorolfin® und Generika mit 5% AmorolfinHCl) und wasserlöslichen (Ciclopoli® mit 8% Ciclopirox von Taurus Pharma). Wasserunlösliche Lacke müssen ein- bis zweimal wöchentlich aufgetragen werden, wobei vor jeder Behandlung der Nagel mit einem Alkoholtupfer zu reinigen ist und bei verdicktem Nagel auch dünn gefeilt werden muss (Tab., Abb.). Der wasserlösliche Lack bildet einen elastischen Film auf dem Nagel. Von dort aus gelangt der Wirkstoff innerhalb von sechs Stunden in den Nagel. Er wird einmal täglich aufgetragen, Reste des Films können mit Wasser abgewaschen werden. Somit entfällt die Reinigung des Nagels mittels Alkoholtupfer (Tab.).

Wirkstoffhaltige Nagellacke und Medizinprodukte ohne aktiven Wirkstoff – Anwendungen im Vergleich

Produkt
Inhaltstoff
Firma
Anwendung
Anwendungsdauer
Feilen notwendig/
empfohlen
Loceryl®
und Amorolfin-
Generika
Amorolfin in wasserunlöslichem Acryllack
Galderma
1 – 2-mal pro Woche, Nagel feilen, und Restlacke müssen mit einem Alkoholtupfer entfernt werden
ca. 6 – 7 Monate, je nach Befall der Finger- oder Fußnägel
notwendig
Ciclopoli®
Ciclopirox in wasserlöslichem Hydroxypropylchitosanlack
Taurus
Pharma
einmal täglich, mind. 6 Stunden nicht duschen
Fingernägel etwa 6 Monate; Zehennägel 9 bis 12 Monate
nicht notwendig
Nagel Batrafen®
Ciclopirox
Sanofi
Aventis
im ersten Monat jeden 2. Tag, im 2. Monat 2 mal wöchentlich, ab dem 3. Monat einmal wöchentlich
je nach Befall, sollte 6 Monate nicht überschreiten, ob eine weitere Behandlung nötig ist, soll der Arzt entscheiden
notwendig
Canesten® extra
Nagelset
Bifonazol,
Harnstoff
Bayer
einmal tägl. Okklusionspflaster; nach 24 Std. 10 min. Fussbad
7 – 14 Tage
mit dem Spatel wird täglich nach dem Fußbad die aufgeweichte pilzinfizierte Nagelsubstanz abgekratzt
Myfungar®
Medizinprodukt ohne aktiven Wirkstoff
Taurus
Pharma
einmal täglich dünn auftragen
nicht angegeben
nicht notwendig
Becur Naloc®
Medizinprodukt mit Propylenglykol, Harnstoff und Milchsäure
Meda OTC
einmal täglich dünn auftragen
nicht angegeben
nicht notwendig

Die Anwendung wasserunlöslicher Ciclopirox- und Amorolfin-Lacke. Beim wasserlöslichen Ciclopirox-Nagellack entfallen Feilen und das Entfernen mit Alkohol.

Welche Galenik ist die bessere?

Es existieren mehrere Studien, in denen die Wirksamkeit der Lacke in vitro an Rinderhufen und in vivo an gesunden sowie erkrankten Nägeln vergleichend untersucht worden sind.

Ausreichende Konzentrationen

In einer Studie wurde die Permeation von drei verschiedenen Antimykotika (Ciclopirox, AmorolfinHCl und TerbinafinHCl) aus der wasserlöslichen Lackgrundlage in Rinderhufmembranen untersucht und mit der Penetration aus der wasserunlöslichen Lackgrundlage verglichen. Das Ergebnis zeigt, dass sowohl aus der wasserlöslichen, wie auch wasserunlöslichen Lackgrundlage die Antimykotika in der Lage sind, in ausreichend hoher Konzentration in den Nagel zu diffundieren. Unterschiedliche Ergebnisse bekam man nur in der sogenannten Lag-Phase. Das ist die Zeit, die benötigt wurde, um einen gleichmäßigen Konzentrationsgradienten in der Hufmembran aufzubauen. Letztendlich wurde aber gezeigt, dass alle drei Antimykotika – egal aus welcher Lackgrundlage – sehr gut in das Nagelmaterial penetrieren und in ausreichend hoher Konzentration vorhanden sind [1].

Terbinafin-Lösung gegen Amorolfin-Lack

In einer weiteren doppelblind randomisierten Studie wurde eine Terbinafin-Nagellösung gegen Placebo getestet und in einem zweiten Teil (active controlled, open label study) gegen Amorolfin-Lack getestet.

Primärer Endpunkt war die Komplettheilungsrate (100% gesunder Nagel und mykologische Heilung).

Ergebnis: kein Unterschied zwischen Terbinafin und Placebo und auch nicht gegenüber dem Amorolfin-Lack.

Bei der Abnahme der erkrankten Fläche von mind. 90%, und negativem Befund der Kultur (klinische Wirksamkeit) waren Terbinafin sowie Amorolfin nach 52 Wochen dem Placebo geringfügig überlegen (Terbinafin 4,8%, Amorolfin 4,5%, Placebo 1,2%).

Die Ergebnisse dieser Studie sind stark eingeschränkt zu betrachten, da eine komplette klinische Heilung in keinem der Fälle beobachtet wurde.

Dies lag teilweise am Studiendesign. Endpunkt der Studie war nach 52 Wochen. Das Durchschnittsalter der eingeschlossenen Patienten war relativ hoch, ein Großteil der Patienten wies einen Befall von mehr als vier Nägeln und mehr als 40% der Nagelfläche auf. Es wurden ausschließlich Fußnägel untersucht. Da Fußnägel im Vergleich zu Fingernägeln deutlich langsamer wachsen und die Nägel älterer Patienten auch langsamer wachsen, war der Studienendpunkt mit 52 Wochen zu früh angesetzt. Komplette Heilung dauert in den meisten Fällen länger. Auch optisch veränderte Nägel, die keinen Pilzbefall aufwiesen, wurden mit in das Studiendesign eingeschlossen.

Eine mykologische Heilung, also das Abtöten von lebenden Pilzzellen, wurde aber sowohl für die Terbinafin-Lösung als auch für den Amorolfin-Lack gezeigt [2].

Wasserlöslich gegen -unlöslich

In einer In-vivo-Studie mit 24 gesunden Probanden wurde die Penetration der Wirkstoffe aus einem wasserlöslichen Ciclopirox- und einem -unlöslichen Amorolfin-haltigen Nagellack (5%) in Fingernägeln untersucht. Die Probanden trugen die Lacke gemäß Packungsbeilage (Ciclopirox einmal pro Tag, Amorolfin zweimal pro Woche) 28 Tage lang auf die Fingernägel je einer Hand auf. Vor Beginn der Studie sowie am Tag 15 und 25 wurden die freien Nagelenden abgeschnitten und die Wirkstoffmenge gemessen. Die Konzentration von Ciclopirox betrug nach 15 Tagen 2,82 ± 0,58 µg/mg und sank nach 25 Tagen auf 1,85 ± 0,31 µg/mg (nicht signifikant; Steady-State) ab. Die Konzentration von Amorolfin lag am Tag 15 bei 0,64 ± 0,11 µg/mg. Am Tag 25 sank sie um 80% auf eine Konzentration von 0,13 ± 0,03 µg/mg ab.

Aus diesen Ergebnissen haben Monti und Kollegen abgeleitet, dass das ein- bis zweimal wöchentliche Anwendungsschema von Amorolfin-Nagellack in eine häufigere Anwendung abgewandelt werden sollte. Wenn man aber andere Publikationen zurate zieht, ist die niedrige Amorolfin-Konzentration am Tag 25 noch ausreichend, um die Pilzerreger abzutöten [3].

Zulassungsstudie Ciclopoli®

Eine weitere Studie untersuchte 2009 den neuen wasserlöslichen Ciclopirox-Lack gegen den konventionellen wasserunlöslichen Lack. Es handelte sich hier um eine randomisierte, einfach blind durchgeführte Zulassungsstudie, in der die Patienten mit Nagelmykose randomisiert entweder den herkömmlichen wasserunlöslichen Lack, den neuen wasserlöslichen oder Placebo 48 Wochen lang aufgetragen haben. Es konnte gezeigt werden, dass der neue Lack gegenüber Placebo statistisch überlegen war und dem Referenzprodukt nicht unterlegen. Das bedeutet: beide Endpunkte (vollständige Heilung und mikrobiologische Heilung) waren nicht signifikant unterschiedlich. Auch hier zeigte sich wieder, dass die Heilungsraten für beide Lacke sehr niedrig lagen [4].

Mykologische oder klinische Heilung?

In den meisten Studien wird als primärer Endpunkt die mykologische Heilungsrate definiert, also die vollständige Eradikation der Mikroorganismen, belegt durch negative Kulturen. Als sekundärer Endpunkt wird die klinische Heilung definiert. Somit wird die Wirksamkeit der topischen Lacke höher bewertet. Für den Patienten ist aber das Aussehen seines Nagels wichtiger als die vollständige Eradikation des Pilzes.

Unabhängig von dieser Wertung gibt es in den meisten Studien einen engen Zusammenhang zwischen mykologischer Heilungsrate und der Zufriedenheit des Patienten, nicht zuletzt deshalb, weil die klinische Heilung wesentlich mehr Zeit benötigt als die mykologische Eradikation.

Welcher Lack ist der bessere?

Trotz zahlreicher Studien lässt sich die Frage nicht beantworten, ob der wasserlösliche Ciclopirox-Lack besser ist als beispielsweise der wasserunlösliche Amorolfin-Lack oder umgekehrt. Dazu sind die Studien zu uneinheitlich. Ein Vergleich ist nicht möglich. Kontrovers diskutiert werden methodische Vorgehensweisen, z. B. das In-vitro-Hufhornmodell oder unterschiedliche Berechnungen von Effektivitätskoeffizienten, in die die MHK-Werte der einzelnen Antimykotika mit einfließen.

Es bleibt abzuwarten, ob sich weitere Studien dieser Fragestellung widmen.

Bedürfnisse des Patienten entscheiden

Bis zur vollständigen Klärung sollte man im Beratungsgespräch mit dem Patienten in der Apotheke die Wahl des geeigneten Lackes herausfinden. Mit einzubeziehen sind die Hinterfragung der Eigendiagnose, die Abgrenzung zum Arztbesuch, die Zahl der befallenen Nägel, ob Finger- oder Fußnägel, sowie die Compliance des jeweiligen Patienten. Da die Anwendung bis zu zwölf Monate dauern kann, spielt dies eine nicht zu verachtende Rolle.

Folgende Fragen sind zu beantworten:

  • Ist eine Nagelpilztherapie unbedingt notwendig? Wie hoch ist das Risiko einer systemischen Infektion oder handelt es sich doch nur um ein kosmetisches Problem?

  • Möchte der Patient lieber eine ein- bis zweimal wöchentliche Anwendung des Lackes oder eine tägliche?

  • Schafft es der Patient, gerade bei Befall von Fußnägeln bis zu 12 Monate motiviert zu bleiben und die Lacke konsequent einmal wöchentlich bzw. einmal täglich anzuwenden?

  • Wie hoch sind die Kosten dieser Therapie? Sind die Patienten bereit, diesen Betrag zu bezahlen?

  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, nach erfolgreicher Behandlung doch wieder an einer Nagelpilzinfektion zu erkranken?

Rezidivprophylaxe bei Nagelpilz

Sollte eine Nagelmykose erfolgreich behandelt worden sein, ist es essenziell, den Patienten über weitere Maßnahmen aufzuklären, um das Risiko für eine erneute Nagelinfektion zu minimieren. Dazu zählen:

  • Funktionelles, gut passendes und belüftetes Schuhwerk, das den Nagel in keiner Weise einengt oder drückt.

  • Vermeidung von Barfußlaufen an Orten mit hohem Ansteckungsrisiko, wie Schwimmbäder, Duschen oder Umkleiden.

  • Konsequentes und frühzeitiges Behandeln von Hautpilzinfektionen, insbesondere Mykosen der Zehenzwischenräume, auch bei Familienmitgliedern.

Da die Erreger meist von außen den Nagel infizieren, ist es ratsam, bei vollständiger Heilung einen wirkstofffreien Klarlack als Rezidivprophylaxe anzuwenden, um den Nagel vor weiteren Mykosen zu schützen.


Literatur

[1] Monti et al. Hydroxypropyl chitosan-based nail lacquers: ex vivo study on permeation of three antimycotics through bovine hoof membranes. Proc. 5th World Meeting on Pharmaceutics, Biopharmaceutics and Pharmaceutical Technology, Geneva, 27 - 30 March 2006

[2] Elewski BE, Ghannoum MA, Mayser P, et al.: Efficacy, safety and tolerability of topical terbinafine nail solution in patients with mild-to-moderate toenail onychomycosis: results from three randomized studies using double-blind vehicle-controlled and open-label active-controlled designs. J Eur Acad Dermatol Venereol 2011; 20. Dec. epub.

[3] Monti D, Herranz U, Dal Bo L, Subissi A: Nail penetration and predicted mycological efficacy of an innovative hydrosoluble ciclopirox nail lacquer vs. a standard amorolfine lacquer in healthy subjects. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2012 Mar 26. doi: 10.1111/j.1468-3083.2012.04529.x

[4] Baran, R., Tosti, A., Hartmane, I., et al.: An innovative water-soluble biopolymer improves efficacy of ciclopirox nail lacquer in the management of onychomycosis. J. Eur. Acad. Dermatol. Venereol. 2009; 23: 773 – 781.

weitere Studien:

Monti D, et al. In vitro transungual permeation of ciclopirox from a hydroxypropyl chitosan-based, water-soluble nail lacquer. Drug Dev Ind Pharm 2005; 31: 11 – 17.

Monti D, Saccomani P, Chetoni S, et al.: Hydrosoluble medicated nail lacquers: in vitro drug permeation and corresponding antimycotic activity. Bt J Dermatol 2010; 162: 311 – 317.


Autorin

Apothekerin Ina Richling, PharmD
Kant-Apotheke
Hagener Str. 117a
58642 Iserlohn



DAZ 2012, Nr. 45, S. 56

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