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Becker zum Kassenabschlag: Unabhängige Prüfer überflüssig

Harsche Töne vor zweiter Verhandlungsrunde am 14. November – ABDA plant Proteste

BERLIN (lk). Vor der für den 14. November angesetzten 2. Verhandlungsrunde zwischen DAV und GKV-Spitzenverband über den Kassenabschlag ab 2013 hat sich die Tonlage verschärft. Als Reaktion auf die GKV-Forderung nach Einsetzung eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers hat der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, die gesetzlichen Krankenkassen aufgefordert, sich ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Anpassung des Abschlags für das Jahr 2013 zu stellen und sich nicht vor der Verantwortung zu drücken.
Becker: "Wenn die Krankenkassen nur ihre Geldschatullen hüten und vor lauter Sparwut die Versorgung der Patienten aus den Augen verlieren, dann kann das nicht richtig sein." Foto: ABDA/LAV BW

Außerdem wies Becker die Forderung nach Einschaltung eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers zurück. "Bevor die Krankenkassen für viel Geld Dritte mit Prüfaufträgen versorgen, sollten sie sich erst einmal mit den vorgelegten Zahlen befassen", so Becker zu den aktuellen Aussagen des GKV-Spitzenverbandes auf DAZ.online. Becker forderte die Kassenvertreter auf, endlich wieder einen konstruktiven Dialog in der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens zu führen und somit ihre Versicherten in den Mittelpunkt zu rücken: "Wenn die Krankenkassen nur ihre Geldschatullen hüten und vor lauter Sparwut die Versorgung der Patienten aus den Augen verlieren, dann kann das nicht richtig sein."

Falls die Kassen am 14. November an ihrer starren Haltung festhalten, könnte es bereits zu einem Abbruch der Verhandlungen und zur Anrufung der Schiedsstelle kommen. Derweil rüstet sich die ABDA mit einem Medienkonzept für eine bundesweite Protestkampagne gegen die gesetzlichen Krankenkassen. Die ABDA hatte ihre Mitgliedsorganisationen um regionale Unterstützung angefragt. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe lagen erst neun Reaktionen der 34 Organisationen vor. Daraus zeichnet sich ab, dass regionale Protestaktionen vorbereitet werden. So planen Verband und Kammer des Landes Thüringen für den 20. November in drei Regionen eine Notversorgung über die Notdienstklappe. Die saarländischen Apotheker wollen Protestfaxe an den GKV-Spitzenverband schicken.

Becker: Testierte Zahlen liegen vor

Becker wies die Vorhaltungen des GKV-Spitzenverbandes zurück, der DAV habe bislang keine belastbaren Zahlen über die Wirtschaftslage der Apotheken vorgelegt: "Der DAV hat von einer großen Steuerberatungsgesellschaft testierte Zahlen zur wirtschaftlichen Lage der Apotheken vorgelegt, nur passen diese dem GKV-Spitzenverband offenbar nicht ins Konzept." Becker: "Auf unser Betreiben hin hat das Bundeswirtschaftsministerium nun sogar beiden Verhandlungspartnern die Zahlen des Statistischen Bundesamtes vorgelegt, aber auch diese Zahlen sind den Krankenkassen offenbar nicht gut genug."


Hansmann: Die Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung liegen vor, die Kassen müssen sie nur auch lesen wollen. Foto: Christian Wyrwa

Hansmann appelliert an Fairness der Kassen

Unterstützung erhielt Becker vom stellvertretenden Vorsitzenden des Apothekerverbandes Niedersachsen, Uwe Hansmann. Er forderte die Kassenvertreter zu größerer Fairness auf: "Seien Sie ein fairer Vertragspartner!", so Hansmann in einer Erklärung. "Wenn Sie es mit dem Wort ‚Verhandlung‘ ernst meinen, dann erkennen Sie den durch ein gesetzlich bestelltes Schiedsverfahren seinerzeit festgelegten Basiswert von 1,75 Euro für den Abschlag endlich an."

Alle Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung lägen von branchenkundigen Steuerberatern testiert vor, so Hansmann weiter: "Man muss sie nur auch lesen wollen. Und eben genau hier fängt die Pflicht für die GKV-Vertreter an, aus der wir sie nicht herauslassen werden!" Man habe die Reaktion der GKV auf die berechtigten und mit validen Zahlen gut begründete Forderungen der deutschen Apothekerinnen und Apotheker zur Absenkung des Abschlages – angesichts des bisherigen Umgangs der GKV-Vertreter mit unserem Berufsstand – erwarten können. "Dass es aber so niveaulos und unkorrekt seitens der Kassen abläuft, zeigt einmal mehr, welch Geistes Kind hinter dieser aus Mitgliedsbeiträgen gespeisten Führungskaste steckt", versteckte Hansmann seinen Ärger über die festgefahrenen Verhandlungen nicht hinter diplomatischen Formulierungen.

Preis: "Die Kassen sollten nicht mit Winkelzügen taktieren." Foto: DAZ/Alex Schelbert

Preis: Die Krankenkassen sollten nicht "mit Winkelzügen taktieren", sondern vertragspartnerschaftlich verhandeln. Dafür plädiert der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein und Kandidat für das Amt des ABDA-Vize, Thomas Preis. Sonst müssten sich die Krankenkassen ein Scheitern der Verhandlungen alleine zuschreiben lassen. Die Apotheken seien der Motor für Einsparungen im Gesundheitswesen, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes. Denn sie seien mit 2,3 Prozent der Gesamtausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung einer der kleinsten Ausgabenposten. Und gleichzeitig trügen sie zu Einsparungen in Milliardenhöhe bei. Im aktiven Dialog mit der Politik, bei Straßenaktionen in Innenstädten und in einem Informationsblatt für Kunden weisen die Apotheker Nordrheins daher auf die völlig unzureichende Honorarsituation hin.

Der GKV-Spitzenverband erkenne den enormen Leistungsaufwand der Apotheken bei der Umsetzung der über 16.000 Rabattverträge der Krankenkassen jedoch ebenso wenig an, wie die Tatsache, dass es sich bei dem Zwangsrabatt von 2,05 Euro für die Jahre 2011 und 2012 um eine zeitlich befristete Gesetzesmaßnahme handelte, so Preis. Stattdessen werde seitens der Krankenkassen im Hinblick auf die Verhandlungen zum Kassenabschlag "mit Winkelzügen taktiert, die ein vertragspartnerschaftlich erzieltes Ergebnis auf Selbstverwaltungsebene in weite Ferne rücken lassen". Und weiter: "Ein Scheitern der Verhandlungen müssen sich dann alleine die Krankenkassen zuschreiben lassen."

Der Kandidat für das Amt des ABDA-Vize mahnt daher, dass es qualitätsgesicherte Gesundheitsleistungen nicht zum Nulltarif gibt. Nach zehn Jahren ohne Honorarsteigerungen, aber mehr Bürokratie, mehr Leistung und mehr gesetzlichen Auflagen, müsse der ständig gestiegene Leistungsumfang der Apotheken gerechter honoriert werden. "Wir fordern deshalb Politik und Krankenkassen zum Handeln im Sinne einer noch besseren Versorgung unserer Kunden und Patienten auf." Denn nur wirtschaftlich stabile Apotheken könnten weiterhin ein flächendeckendes Netzwerk bilden, das den Bürgern weiterhin rund um die Uhr wohnortnah zur Verfügung stehe.



DAZ 2012, Nr. 45, S. 20

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