Arzneimittel und Therapie

Erfolgreiche Langzeittherapie bei Psoriasis

Neue umfassende Langzeitdaten zeigen die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit sowie die Verbesserung der Lebensqualität bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis unter der Therapie von Ustekinumab (Stelara®).
Ustekinumab bindet an zwei für die Pathogenese der Psoriasis zentraleSignalstoffe, die Interleukine 12 und 23. Der Antikörper hindert die beiden Interleukine daran, an ihr Rezeptorprotein auf der Oberfläche von Immunzellen zu binden. So wird die Signalkaskade unterbrochen, die über eine spezifische T-Zell-Differenzierung und -Aktivierung zur Psoriasis führt.  Foto: Farina3000 – Fotolia.com

In Deutschland sind 1,6 Millionen Menschen an einer Psoriasis erkrankt, wobei rund 400.000 Patienten an einer mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis, der häufigsten Form der Psoriasis, leiden. Die Psoriasis ist eine chronische, immunvermittelte Erkrankung, die eine Überproduktion an Hautzellen bewirkt. An der Hautoberfläche führt das zu Hautveränderungen, die jucken und bluten können. Je nach Art der Psoriasis sind die Hautläsionen unterschiedlich ausgebildet. So zeigt sich die häufigste Form der Psoriasis, die Plaque-Psoriasis, mit roten Flecken, die mit silbrigen Schuppen bedeckt sind. Die Psoriasis guttata ist hingegen durch kleine, rote einzelne Punkte gekennzeichnet, die nicht so dick oder verkrustet sind, und die Psoriasis pustolosa zeichnet sich durch weiße Pusteln aus, die von roter Haut umgeben sind. Der Schweregrad der Psoriasis kann von leicht bis schwer variieren: Die leichte Psoriasis betrifft weniger als 3%, die mittelschwere 3% bis 10% und die schwere Psoriasis mehr als 10% der Körperoberfläche.

Neue Kenntnisse zur Pathogenese

Die Psoriasis wird als eine abnormal gesteigerte Abwehrreaktion der Haut verstanden. Psoriatische Plaques sind durch die Infiltration von T-Zellen gekennzeichnet, die entzündliche Zytokine produzieren. Neuesten Studienergebnissen zufolge spielen die Zytokine Interleukin 12 (IL-12) und Interleukin 23 (IL-23) eine wichtige Rolle bei der Differenzierung und Aktivierung der T-Zellen (Th1- und Th17-Zellen). Diese schütten inflammatorische Zytokine wie TNF-α, IFN-γ, IL-17, IL-22 aus, welche den systemischen Entzündungsprozess und die epidermalen Hautveränderungen (Schuppung, Verhornung) bei der Plaque-Psoriasis in Gang setzen.

Ustekinumab neutralisiert IL-12 und IL-23

Ustekinumab (Stelara®) ist ein rein humaner, monoklonaler Antikörper mit einem innovativen Wirkmechanismus aus der Gruppe der Biologics. Er hemmt die beiden Interleukine IL-12 und IL-23, die eine Schlüsselposition in der Pathogenese der Plaque-Psoriasis einnehmen. Ustekinumab richtet sich gegen die Untereinheit p40 als Bestandteil der Zytokine IL-12 und IL-23, wodurch diese nicht mehr an ihre Rezeptoren binden können. Eine Signalübertragung findet somit weitgehend nicht mehr statt, so dass die Entzündungsantwort unterbrochen wird.

Zulassung als Second-line-Therapie

Ustekinumab ist seit 2009 für die Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis zugelassen, die auf andere systemische Therapien einschließlich Ciclosporin, Methotrexat und PUVA (Psoralen + UV-A) nicht angesprochen haben, bei denen diese kontraindiziert sind oder nicht vertragen wurden. Weltweit werden inzwischen mehr als 50.000 Patienten mit Ustekinumab behandelt, in Deutschland sind es bereits über 3000 Patienten. Dazu gehören auch Betroffene, die nicht auf eine TNF-α-Behandlung ansprechen, und Patienten, die erstmals auf ein Biologic gemäß Zulassung eingestellt werden. In Japan ist Ustekinumab seit Anfang 2011 auch zur Behandlung der Psoriasis-Arthritis zugelassen, in Deutschland bislang nicht.

Ustekinumab gibt es in zwei Dosierungen (45 und 90 mg) als Fertigspritze mit passivem Nadelschutz zum einheitlichen Preis. Die empfohlene Dosierung richtet sich nach dem Gewicht der Patienten (≤ 100 kg: 45 mg; > 100 kg: 90 mg). Zur Induktion werden zwei Gaben im Abstand von vier Wochen verabreicht. In der Erhaltungstherapie ist nur alle zwölf Wochen eine subkutane Injektion notwendig [1].


Studiendesign und Ergebnisse


  • TRANSIT-Studie

Design: Eine 52-wöchige, offene Phase-IV-Studie mit 490 Patienten zum Vergleich zweier Methoden der Umstellung von Patienten von Methotrexat auf Ustekinumab. Methode 1: Abrupte Beendigung der Behandlung mit Methotrexat und unmittelbare Einleitung der Behandlung mit Ustekinumab. Methode 2: Einleitung der Behandlung mit Ustekinumab bei gleichzeitiger Behandlung und stufenweiser Dosisreduzierung von Methotrexat über einen Zeitraum von vier Wochen.


Ergebnisse: Ustekinumab wurde gut vertragen. 8% der Patienten je Studienarm wiesen ein ernstzunehmendes unerwünschtes Ereignis auf – bei gleichzeitig anhaltender Wirksamkeit. 76% bzw. 77% der Patienten im Studienarm mit unmittelbarer Methotrexat-Umstellung bzw. im Studienarm mit stufenweiser Methotrexat-Reduktion erreichten in der 52. Woche eine mindestens 75-prozentige Verbesserung ihres Psoriasis Area und Severity Index (PASI 75). Die Daten zeigen, dass es – unabhängig davon, ob Ustekinumab nach unmittelbarem Absetzen oder nach stufenweiser Reduktion von Methotrexat verabreicht wurde – bei der Anzahl und der Art der unerwünschten Ereignisse sowie im Hinblick auf die Ergebnisse zur Wirksamkeit keinen Unterschied gab [2, 3].


  • Phoenix 2

Design: 1.230 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis wurden randomisiert mit 45 mg oder 90 mg Ustekinumab in Woche 0, 4 und danach alle 12 Wochen oder mit Placebo in Woche 0 und 4 behandelt. Die Patienten, die zunächst randomisiert mit Placebo ab Behandlungsbeginn behandelt wurden, wurden entweder auf 45 mg oder auf 90 mg Ustekinumab in Woche 12, 16 und danach alle zwölf Wochen umgestellt.

Ergebnisse:
Die Behandlung mit Ustekinumab über fünf Jahre ergab ein konsistentes und signifikantes klinisches Ansprechen bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis. In der fünfjährigen Behandlung wurden insgesamt hohe klinische Ansprechraten erzielt und aufrechterhalten. 76,5% bzw. 78,6% der Patienten, die die Behandlung mit 45 mg bzw. mit 90 mg Ustekinumab fortsetzten, erreichten am Ende des Behandlungszeitraumes einen Wert von PASI 75. Das Sicherheitsprofil von Ustekinumab zeigte, mit oder ohne Dosisanpassung, bei ansteigender Expositionsdauer keine kumulative Toxizität [4].


  • Analyse der Datenbank Klinischer Studien zur Sicherheit

Design: Die Fünf-Jahres-Daten der Phase-II- und Phase-III- sowie der PHOENIX 1-, PHOENIX 2- und ACCEPT-Studien untersuchten über 3117 Patienten, die mindestens vier Jahre lang mit Ustekinumab behandelt wurden, und über 838 Patienten, die mindestens fünf Jahre lang mit Ustekinumab behandelt wurden. Sie repräsentieren insgesamt 8.998 Patientenjahre.


Ergebnisse: Die gepoolte Analyse zeigte, dass das Sicherheitsprofil von Ustekinumab und die Raten von unerwünschten Ereignissen bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis über einen Behandlungszeitraum von bis zu fünf Jahren stabil blieben [5].

Neue Fünf-Jahres-Daten

Neue und umfassende Langzeitdaten zu Ustekinumab, die auf dem 21. Kongress der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie 2012 (EADV 2012) im September in Prag präsentiert wurden, sind erstmals in Deutschland am 15. Oktober 2012 anlässlich einer von der JanssenCilag GmbH unterstützten Fachpressekonferenz vorgestellt worden. Die neuen Ergebnisse dokumentieren insbesondere die hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit von Ustekinumab bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, die nur ungenügend auf Methotrexat ansprechen [2]. Sie zeigen auch, dass Ustekinumab – unabhängig von der Transitionsstrategie – die Lebensqualität von Patienten nach einer Umstellung von Ustekinumab auf Methotrexat nachhaltig verbessert [3]. Zusätzlich belegen sie, dass die Therapie mit Ustekinumab über einen Behandlungszeitraum von bis zu fünf Jahren konsistente und signifikante klinische Ergebnisse erzielte [4]. In Bezug auf das Sicherheitsprofil zeigen Daten aus 9000 Patientenjahren, dass die Raten unerwünschter Ereignisse im Zusammenhang mit Ustekinumab über einen Behandlungszeitraum von fünf Jahren stabil geblieben sind [5].

Ustekinumab und kardiovaskuläres Risiko

Prof. Dr. med. Kristian Reich stellte in Hamburg zudem Daten vor, die einen Hinweis auf den protektiven Effekt von Ustekinumab in der Langzeittherapie hinsichtlich des Auftretens kardiovaskulärer Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall (MACE = major adverse cardiovascular events) geben. Er präsentierte Langzeitdaten aus klinischen Studien, bei denen mehrere hundert Patienten vier Jahre und länger kontinuierlich mit Ustekinumab behandelt wurden. Die kumulative Häufigkeit von MACE war unter Ustekinumab geringer, als dies bei Psoriasis-Patienten generell zu erwarten ist [6].

Von aktueller S3-Leitlinie empfohlen

Von der aktuellen S3-Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) zur Therapie der Psoriasis vulgaris (Plaque-Psoriasis) [7] wird Ustekinumab, wie auch drei weitere Biologics, zur Induktionstherapie bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis empfohlen, vor allem wenn andere Therapieformen keinen ausreichenden Therapieerfolg gezeigt haben, unverträglich oder kontraindiziert sind. Darüber hinaus bezeichnet die S3-Leitlinie Ustekinumab als sehr wirksam in der Induktionstherapie und zur Langzeittherapie geeignet. Um die Umsetzung der Leitlinie in die Praxis zu fördern, hat die bundesweite Autorengruppe des Netzwerkes onkoderm e. V. den Behandlungspfad Psoriasis vulgaris entwickelt. Wie Dr. med. Ralph von Kiedrowski in Hamburg erläuterte, ist dieser als konkrete Handlungsempfehlung zu verstehen, die sich in erster Linie an niedergelassene Dermatologen richtet, die bisher noch keine systemischen Therapien eingesetzt haben [8].


Quelle

[1] Fachinformation Stelara, Stand Februar 2012.

[2] Paul C et al. Long-term safety and efficacy of ustekinumab in patients with psoriasis inadequately responding to methotrexate: Week 52 TRANSIT results. Abstract presented at the 21st European Association of Dermatology & Venereology (EADV) congress, Prag 27– 30 September 2012. Oral session FC02.1.

[3] Reich K et al. Long-term improvement in patient-reported outcomes after transition from methotrexate to ustekinumab in moderate to severe psoriasis: TRANSIT Week 52 results. Abstract presented at the 21st EADV)congress, Prag 27– 30 September 2012. Poster 955.

[4] Langley R et al. Long term efficacy and safety of ustekinumab in patients with moderate to severe psoriasis through 5 years of follow-up: results from the PHOENIX 2 long-term extension. Poster presented at the 21st EADV congress, Prag 27– 30 September 2012. Poster 976.

[5] Papp K et al. Long term safety of ustekinumab in patients with moderate to severe psoriasis through up to 5 years of continuous follow-up. Poster presented at the 21st EADV- congress, Prag 27– 30 September 2012. Poster 965.

[6] Reich K et al.: Br J Dermatol 2011; 164 [4]: 862 – 872.

[7] S3-Leitlinie "Therapie der Psoriasis vulgaris" Update 2011. www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-001l_S3_Psoriasis_vulgaris_Therapie_01.pdf

[8] Von Kiedrowski R, et al.: Psoriasis vulgaris – ein praxisnaher Behandlungspfad, Therapiereport aktuell 1748 in: Der Deutsche Dermatologe 9/2011.


Apothekerin Gode Meyer-Chlond


Zum Weiterlesen


Gegen den Schuppenpanzer: Psoriasispatienten in der Selbstmedikation kompetent beraten.

DAZ 2012, Nr. 43, S. 54– 63.



DAZ 2012, Nr. 45, S. 42

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