DAZ aktuell

WestGem-Studie angelaufen

Prüfgegenstand: Erweitertes Medikationsmanagement

MÜNSTER/WUPPERTAL (or). Mit der Freigabe der EU- und Landesmittel ist die im Exzellenz Cluster NRW geförderte WestGem-Studie zum erweiterten Medikationsmanagement (MTM, medication therapy management) angelaufen. Nach zweijähriger Vorbereitung geht es damit in die Umsetzungsphase, die Studie läuft über die nächsten drei Jahre. In der WestGem-Studie arbeiten Hausärzte, speziell qualifizierte Apotheker und die kommunale Pflege- und Wohnberatung interprofessionell und patientenorientiert zusammen, um die Therapie zu verbessern.
Das Studien-Team (v.l.): Olaf Rose, Prof. Dr. Juliane Köberlein, Isabel Waltering, Prof. Dr. Hugo Mennemann.

Im Rahmen der Studie rekrutieren zunächst Hausärzte 500 Patienten. Neben einer Polymedikation (fünf oder mehr Wirkstoffe) ist eine Indikation aus dem kardiovaskulären Bereich ein Einschlusskriterium. Ein ‚stepped-wedge‘ Studiendesign wird angestrebt. Hierbei liefert jeder Studienarzt sowohl Verum- als auch Kontrollgruppenpatienten, was die Motivation fördern soll. Der Arzt stellt die anonymisierten Patientendaten den Apothekern und der Pflege- und Wohnberatung zur Verfügung.

Drei Säulen: Klinische Pharmazie ...

Die Pharmazeuten Isabel Waltering, PharmD (Uni Münster) und Olaf Rose, PharmD (Uni Bonn) erarbeiten mit drei weiteren auf MTM spezialisierten Apothekerinnen ein erweitertes klinisches MTM, bei dem sowohl die Medikamente als auch die Laborwerte und die Anamnese berücksichtigt werden. Neben Aspekten der Arzneimitteltherapiesicherheit wird auf leitliniengerechte Therapie, auf geriatrische Aspekte und auf Indikationen geprüft. Es folgt eine wissenschaftlich begründete konkrete Empfehlung zur Therapieoptimierung an den Arzt. Auch Empfehlungen zum Monitoring von Effektivität und Toxizität der Medikamente werden dem Arzt zur Verfügung gestellt. Neben den klinischen Endpunkten soll auch die pharmazeutische Praxis evaluiert werden.

... Gesundheitsökonomie ...

Prof. Dr. Juliane Köberlein-Neu vom Bergischen Kompetenzzentrum für Gesundheitsmanagement und Public Health leitet die Studie und die pharmakoökonomischen Betrachtungen. Der ökonomische Nutzen einer interprofessionellen patientenorientierten Zusammenarbeit verschiedener Gesundheitsberufe steht als Fragestellung im Mittelpunkt. Können durch ein erweitertes MTM Gesundheitskosten gesenkt werden?

... und Case Management

Als dritte wissenschaftliche Säule wird ein Case Management von Prof. Dr. Hugo Mennemann von der Katholischen Hochschule NRW erarbeitet und evaluiert. Wie kann sich die Pflege- und Wohnberatung hier einbringen? Welche Rolle nimmt sie im Team mit Apothekern und Ärzten ein und welche Schnittstellen müssen optimiert werden?

Ziele

Ziel des Projektes ist die Entwicklung und modellhafte Erprobung eines Case Managements zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung älterer Menschen mit Multimorbidität. Aus pharmazeutischer Sicht soll geklärt werden:

  • Wie profitiert der Patient?
  • In welchem Ausmaß profitiert das Gesundheitssystem von einer optimierten Therapie und Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe?
  • Wie muss ein erweitertes MTM in Deutschland aufgebaut sein?

Wie profitiert die Apotheke?

Viele Apotheker beschäftigt derzeit auch die Frage, wie ein MTM bei der jetzt schon ausufernden Bürokratie in der Apotheke gestaltet werden kann. Die WestGem-Studie setzt voraus, dass Mehrarbeit vergütet werden muss und macht Vorschläge, wie die Vergütung aussehen könnte. Vertreter der Kostenträger sollen daher im Beirat zusammen mit Wissenschaftlern die Studie begleiten. Am Ende der Studie soll idealerweise erkennbar sein, welche Qualifikation ein Apotheker mitbringen muss, wie sich Ausbildung und Beruf dafür verändern müssten, nach welchen Standards ein erweitertes MTM erstellt werden sollte und welche Vergütung hierfür nötig werden. Die Wissenschaftler aus dem Studienteam geben begleitend zur Studie ihr MTM-Wissen auch im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Aus- und Fortbildung weiter. Im November 2013 werden im Rahmen eines Symposiums erste Ergebnisse vorgestellt, Fallbeispiele werden auch in Zukunft in der DAZ veröffentlicht.



DAZ 2012, Nr. 44, S. 41

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