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Ernährung aktuell
Ernährung für gesunde Gelenke
Der Begriff "Rheuma" umfasst Erkrankungen, die an den Bewegungsorganen auftreten und im Regelfall mit Schmerz und mit Bewegungseinschränkungen verbunden sind [1]. Rund 400 Krankheitsbilder sind für die Familie der rheumatischen Erkrankungen bekannt [2]. Sie können in vier Gruppen eingeteilt werden: entzündlich-rheumatische Erkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Lupus erythematodes), degenerative Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen (Arthrose, Poly-arthrose, Spondylose), Weichteil-rheumatismus (Fibromyalgie) sowie Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden (z. B. Gicht, Osteoporose) [1]. Den größten Anteil haben degenerativ-rheumatische Erkrankungen wie Arthrose: Rund 90% der rheumatischen Erkrankungen entfallen auf diese Krankheitsbilder, bei denen es zu einer degenerativen Veränderung der Knorpel- und Knochenstruktur kommt und die primär nicht inflammatorisch sind [2]. Es wird geschätzt, dass in Deutschland rund 35 Millionen Menschen unter einer radiologisch nachweisbaren Arthrose leiden. Unter den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen tritt die rheumatoide Arthritis am häufigsten auf. Etwa 1% der Bevölkerung ist davon betroffen [2].
Ernährung kann ein Risikofaktor sein
Die Ursachen für die Entstehung von rheumatischen Erkrankungen sind vielfältig [4]. Besonders bedeutend ist die genetische Disposition. Allerdings ist für die Krankheitsmanifestation ein auslösendes Ereignis notwendig. Dies kann zum Beispiel eine (Retro-)Virusinfektion sein. Daneben spielen auch Umwelteinflüsse und Lebensstilfaktoren eine wichtige Rolle, die auf den Krankheitsverlauf modulierend wirken [5]. So konnte für entzündlich-rheumatische Erkrankungen gezeigt werden, dass der Krankheitsverlauf durch Tabakkonsum negativ beeinflusst wird [6]. Zudem scheinen Infektionen des Gastrointestinaltrakts diese Rheumaform zu begünstigen [2]. Des Weiteren steigt die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer degenerativ-rheumatischen Erkrankung bei Übergewicht [4]. Aktuelle Studiener-gebnisse zeigen, dass Ernährungsfaktoren für rheumatische Erkrankungen insgesamt von größerer Bedeutung sind, als bislang bekannt war. Bedingt durch die chronisch entzündlichen Prozesse erhöht sich bei rheumatischen Erkrankungen sowohl der Bedarf für Makronährstoffe als auch für die Vitamine C, D, E sowie des B-Komplexes und für die Spurenelemente Selen und Zink. Bei 40 % der Patienten mit rheumatischen Erkrankungen können Anzeichen für eine Mangelernährung beobachtet werden. Unter anderem wurde bei Patienten mit rheumatoider Arthritis trotz erhöhter Nährstoffaufnahme ein geringerer BMI (Body Mass Index), ein kleinerer Oberarm-umfang sowie eine geringere Hautfaltendicke ermittelt [4].
Gut beratenDie Aussage: "Meiden Sie tierische Fette" kann irreführend bzw. zu allgemein sein:
Besser ist es, Aussagen zu konkretisieren:
Quelle: [5] |
"Die" Rheumadiät gibt es nicht
Aufgrund des vielfältigen Krankheitsbildes kann es "die" Rheumadiät nicht geben [2]. Vielmehr bestehen für verschiedene Formen dieser Krankheit ernährungsmedizinische Interventionsmöglichkeiten, um Krankheitsaktivität sowie Comorbiditäten positiv zu beeinflussen (Tab. 1).
Tab. 1: Arachidonsäuregehalt einzelner Lebensmittel(gruppen) | |
Lebensmittel |
Arachidonsäure (mg je 100 g) |
Schweineschmalz |
1700 |
Schweineleber |
870 |
Eigelb |
297 |
Thunfisch |
280 |
Huhn |
120 |
Hühnerei |
70 |
Heilbutt |
57 |
Kalbfleisch (Muskelfleisch) |
53 |
Camembert (60% i. Tr.) |
34 |
Seehecht |
29 |
Kuhmilch (1,5% Fett) |
2 |
Entrahmte Milch, Speisequark (mager) |
0 |
Gemüse, Kartoffeln, Nüsse, Obst |
0 |
Quelle: [11]
Für alle Arten rheumatischer Erkrankungen gilt, dass Patienten sich gemäß den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) vollwertig ernähren sollen [4, 9]. Dabei ist besonders auf die ausreichende Zufuhr von Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen zu achten. Sowohl Über- als auch Untergewicht sollte vermieden werden [4]. Für die Gruppe der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis, Psoriasisarthritis, Arthritis bei entzündlichen Darmerkrankungen und M. Bechterew muss zusätzlich eine entzündungshemmende Diät angestrebt werden [4].
Am besten untersucht sind ernährungstherapeutische Maßnahmen bislang für die rheumatoide Arthritis [2, 3]. Der Fokus der Untersuchungen liegt dabei auf der Aufklärung, welche Lebensmittel schubauslösend wirken können (Tab. 2) [5].
Tab. 2: Eicosapentaensäure-Gehalt verschiedener Fische | |
Fisch (100 g verzehrbarer Anteil) |
EPA (mg) |
Forelle |
140 |
Schwarzer Heilbutt |
250 |
Scholle |
250 |
Rotbarsch (Goldbarsch) |
260 |
Hering (Ostsee) |
740 |
Lachs (Atlantik) |
750 |
Makrele |
1020 |
Thunfisch |
1380 |
Hering (Atlantik) |
2040 |
Quelle: [4]
Da es sich bei der rheumatoiden Arthritis um eine Autoimmunerkrankung handelt, vermuten Wissenschaftler, dass eine Ähnlichkeit von Epitopen zwischen Autoantigenen und Lebensmitteln besteht [4]. Daher müssen Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -allergien abgeklärt werden. Bei 1-10% der Patienten mit rheumatoider Arthritis kann eine Nahrungsmittelsensitivität beobachtet werden [4].
Die Ernährungstherapie für die rheumatoide Arthritis basiert auf verschiedenen Ansätzen. Einer davon ist eine verminderte Aufnahme von Arachidonsäure über die Nahrung, da sich aus ihr proinflammatorische Eicosanoide ableiten, die bei rheumatoider Arthritis verstärkt in betroffenen Gelenken gefunden werden. Als besonders reich an Arachidonsäure gelten tierische Lebensmittel, insbesondere Fleisch und Wurstwaren, aber auch andere Lebensmittel tierischer Herkunft [3, 11]. Sie sollten möglichst gemieden werden. Untersuchungen konnten zeigen, dass eine arachidonsäurearme vegetarische Kost die klinischen Symptome bei rheumatoider Arthritis verbessern können. Des Weiteren sollte die Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren, etwa Eicosapentaensäure (EPA), aufgrund ihrer antiinflammatorischen Wirkungsweise gesteigert werden [3]. Besonders EPA-reich sind fette Seefische wie Hering, Thunfisch und Makrele. Eine Reihe von Interventionsstudien konnte auch zeigen, dass eine Fischölsupplementierung bei rheumatoider Arthritis zu einer besseren Beweglichkeit der Gelenke, zu einem Rückgang der Morgensteifigkeit und zu einem geringeren Bedarf an nichtsteroidalen Antiphlogistika führt. Ein dritter Ansatz ist eine Ernährung, die reich an Anti-oxidantien ist, da durch die Entzündungsreaktion in den betroffenen Gelenken vermehrt reaktive Sauerstoffspezies gebildet werden. Empfohlen wird für Patienten mit rheumatoider Arthritis eine tägliche Zufuhr von 200 mg für Vitamin C und 100 – 200 mg Vitamin E. Ob eine Hochdosissupplementierung von Vitamin E von ≥ 400 mg/Tag die Rheumasymptomatik positiv beeinflusst, ist bislang nicht abschließend geklärt. Zusammenfassend besteht die antiinflammatorische Ernährung also aus drei Grundprinzipien. Während die Arachidonsäureaufnahme gesenkt wird, sollte die Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien, vor allem Vitamin C und E, gesteigert werden. Die praktische Umsetzung dieser Empfehlungen ist angelehnt an die mediterrane Ernährung, die durch Supplementierungen ergänzt werden soll.
Für das Krankheitsbild der Arthrose ist die Ernährungstherapie weniger gut untersucht. Verfolgt werden zwei Hauptziele: Die Ernährung soll einerseits zur Besserung der Symptomatik beitragen und somit zu einem verminderten Medikamentenbedarf führen. Andererseits sollen durch die Ernährung strukturverändernde Effekte auf den Gelenkknorpel ausgeübt werden, so dass das Fortschreiten der degenerativen Prozesse eingedämmt wird. Auch bei Arthrosen werden vermehrt Sauerstoffradikale gebildet, so dass eine antioxi-dantienreiche Ernährung bzw. eine Supplementierung wie bei der rheumatoiden Arthritis empfehlenswert sind. Bei übergewichtigen Patienten sollte eine Gewichtsreduktion angestrebt werden, die mindestens 5% beträgt, um klinisch relevante Effekte zu erzielen. Neben diesen Maßnahmen wird der Einsatz von chondroprotektiv wirksamen Knorpelnährstoffen wie Glucosaminsulfat und Chondroitsulfat diskutiert, um das Krankheitsgeschehen positiv zu beeinflussen. Die Studienlage zur Effektivität derartiger Chondroprotektiva ist allerdings unzureichend. Gleiches gilt für Kollagenhydrolysat und Hyaluronsäure, die ebenfalls zur Besserung einer Arthrose beworben werden. Insgesamt gelten bei aktivierter Arthrose die gleichen ernährungstherapeutischen Ansätze wie bei der rheumatoiden Arthritis [3].
Grundsätze bei rheumatoider Arthritis
Quelle: [3] |
Fasten bei rheumatoider Arthritis
Die Beschwerden der rheumatoiden Arthritis können durch eine drei- bis siebentägige Fastenkur verbessert werden. Das Fasten sollte dabei unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Die positiven Effekte erklären sich durch erhöhte körpereigene Cortisolspiegel, die Verminderung der Immunreaktion im Hungerzustand und die daraus resultierende verringerte Synthese von proinflammatorischen Eicosanoiden. Schmerzen, Schwellung und Gelenksteifigkeit können durch Fasten positiv beeinflusst werden.
Infos im WebWeiterführende Informationen für Rheumapatienten bietet die Deutsche Rheuma-Liga unter www.rheuma-liga.de |
Literatur
[1] Brückle W. Ist es Rheuma?: Merkblatt Rheuma 2011. http://www.rheuma-liga.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Mediencenter/Publikationen/Merkblaetter/1.1_Was_ist_Rheuma.pdf. Status 24.09.2012.
[2] Adam O. Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen. Ernährungs-Umschau 2008(12):734–740.
[3] Steinwachs M. Erkrankungen des Skelettsystems: Rheumatoide Arthritis und Arthrose. In: Ernährungsmedizin: Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer ; 276 Tabellen, 4. Auflage. Stuttgart [u.a.]: Thieme 2010.
[4] Adam O, Fasse S, Ditrich O. Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen. Zeitschrift für Rheumatologie 2009;68(7):549–559.
[5] Schnurr C, Adam O. Ernährungstherapie bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Ernährungs-Umschau 2010:466–471.
[6] Sugiyama D, Nishimura K, Tamaki K, et al. Impact of smoking as a risk factor for developing rheumatoid arthritis: a meta-analysis of observational studies. Ann. Rheum. Dis. 2010;69(1):70–81.
[7] Adam O. Immediate and long range effects of the uptake of increased amounts of arachidonic acid. Clin Investig 1992;70(9).
[8] Vaupel P, Biesalski H. Lipide. In: Ernährungsmedizin: Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer ; 276 Tabellen, 4. Auflage. Stuttgart [u.a.]: Thieme 2010:85–108.
[9] DGE. Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE 2011. http://www.dge.de/pdf/10-Regeln-der-DGE.pdf, Status 24.09.2012.
[10] Haugen MA, Kjeldsen-Kragh J, Førre O. A pilot study of the effect of an elemental diet in the management of rheumatoid arthritis. Clin. Exp. Rheumatol. 1994;12(3):275–279.
[11] Ströhle A, Wolters M, Hahn A. Rheumathoide Arthritis - Diätetisch beeinflussbar. Deutsche Apotheker Zeitung 2005;145:57–64.
[12] Darlington LG, Ramsey NW. Review of dietary therapy for rheumatoid arthritis. Br. J. Rheumatol. 1993;32(6):507–514.
Autorin
Katja M. Aue
M. Sc. Ökotrophologie
E-Mail: katja_aue@web.de
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