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Arzneimittel und Therapie
Hormonersatztherapie in der Menopause
Seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wird über Nutzen und Schaden einer postmenopausalen Hormonersatztherapie diskutiert. Bis vor rund zehn Jahren ging man von vorwiegend günstigen Wirkungen einer Hormonsubstitution aus. Diese Ansicht änderte sich 2002, als die Ergebnisse der großen WHI-Studie (WHI = Womens Health Initiative) bekannt wurden, die auf ein erhöhtes Schlaganfall-, Thromboembolie- und Brustkrebsrisiko unter einer Hormonersatztherapie hinwiesen. Nun wurden die negativen Folgen einer Hormonersatztherapie als schwerwiegender eingestuft als die positiven Effekte, zu denen ein Schutz vor Osteoporose, die Prävention von Darmkrebs und die Kardioprotektion zählen. Letztere konnte in den ersten Auswertungen der WHI-Studie nicht bestätigt werden, was zur Hypothese führte, dass der Zeitpunkt der Hormonsubstitution darüber entscheide, ob negative oder positive kardiovaskuläre Effekte auftreten. In den Studien, in denen kardioprotektive Effekte gezeigt wurden, hatten die beteiligten Frauen früh nach der Menopause mit der Hormonsubstitution begonnen. In den Studien, die keine oder negative kardiovaskuläre Folgen einer Hormonsubstitution gezeigt hatten, hatten die Frauen erst spät (fünf bis 20 Jahre nach der Menopause) mit der Einnahme von Hormonen begonnen. Metaanalysen, die das Alter der Frauen berücksichtigen, kamen zum Schluss, dass eine Hormoneinnahme bei jüngeren Frauen zu einer verringerten Gesamtmortalität und zu einem geringeren Risiko für eine koronare Herzkrankheit führen. Um die Frage definitiv zu klären, ob eine frühe Hormonsubstitution kardioprotektive Effekte aufweist, wurde in Dänemark eine randomisierte, kontrollierte Studie durchgeführt, die auf die Daten der Danish Osteoporosis Prevention Study zurückgreift.
Daten aus dänischer Präventionsstudie
An der zwischen 1990 und 1993 durchgeführten multizentrischen Studie hatten 1006 gesunde Frauen im Alter zwischen 45 und 58 Jahren teilgenommen, deren Menopause eben erst eingesetzt hatte. Sie wurden zwei Gruppen zugeteilt. 502 Frauen erhielten eine Hormonersatztherapie (Therapiegruppe), 504 Frauen dienten als Kontrollgruppe. Zu Studienbeginn waren die Frauen durchschnittlich 50 Jahre alt und seit sieben Monaten in der Menopause. Die Teilnehmerinnen der Therapiegruppe erhielten ein triphasisches Hormonpräparat (17-β-Estradiol und Norethisteronacetat) oder täglich 2 mg 17-β-Estradiol, wenn sie keine Gebärmutter mehr hatten. Der primäre Studienendpunkt umfasste mehrere Einzelkomponenten wie das Auftreten eines Myokardinfarkts, Einweisungen ins Krankenhaus aufgrund einer Herzinsuffizienz und das Versterben der Teilnehmerin. Nach etwa elf Jahren wurde die Hormonsubstitution beendet, da durch die Veröffentlichung der WHI-Studie die negativen Folgen einer Hormonsubstitution in den Vordergrund getreten waren. Die gesundheitliche Entwicklung der Studienteilnehmerinnen konnte aber über weitere fünf Jahre (also insgesamt 16 Jahre) verfolgt werden.
Weniger kardiovaskuläre Ereignisse unter HRT
Nach einer zehnjährigen Intervention hatten 16 Frauen der Therapiegruppe und 33 der Kontrollgruppe den primären Endpunkt erreicht. Das entspricht einer 52%igen Risikoreduktion durch die Hormonersatztherapie (HR 0,48, 95% Konfidenzintervall 0,26 bis 0,87; p = 0,015). 15 Frauen der Therapiegruppe und 26 der Vergleichsgruppe waren verstorben (HR 0,57; 95% Konfidenzintervall 0,30 bis 1,08; p = 0,084). Diese Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse unter einer Hormonersatztherapie war mit keinem Anstieg von Tumorerkrankungen assoziiert. In der Therapiegruppe waren 36 Krebserkrankungen und in der Kontrollgruppe 39 Tumorerkrankungen aufgetreten (HR 0,92; p = 0,71). Vor allem war die Brustkrebsrate nicht erhöht (10 Fälle in der Behandlungsgruppe vs. 17 in der Kontrollgruppe; HR 0,58; p = 0,17). Im Hinblick auf das Auftreten von Venenthrombosen (zwei Fälle in der Therapiegruppe, ein Fall in der Vergleichsgruppe; HR = 2,01) oder Schlaganfällen (elf in der Therapiegruppe, 14 in der Vergleichsgruppe; HR 0,77) ergaben sich kaum Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Auch in den weiteren sechs Jahren nach dem Studienabbruch änderte sich an diesem Ergebnis nichts. In der Therapiegruppe waren 33 Frauen verstorben oder wegen eines Herzinfarkts oder einer Herzinsuffizienz behandelt worden. In der Kontrollgruppe waren es 53 Frauen (HR 0,61; p = 0,02). Die Raten von Tumorerkrankungen, Schlaganfällen und Thrombosen waren in beiden Gruppen gleich hoch.
Ist das Alter entscheidend?
Aus diesen Ergebnissen schließen die Studienautoren, dass eine Hormonersatztherapie, die kurz nach der Menopause begonnen wird und über längere Zeit andauert, mit keinen kardiovaskulären Risiken verbunden ist und die Häufigkeit von Herzinfarkten, Herzversagen und Todesfällen reduzieren kann. Die Rate von Tumorerkrankungen war nach 16 Jahren nicht erhöht, möglicherweise bedarf es hier aber einer längeren Nachbeobachtungszeit, um sichere Aussagen treffen zu können.
Diese Daten stehen im Widerspruch zu den Ergebnissen der WHI-Studie, die ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ermittelt hatte. Die Studienautoren erklären diese Diskrepanz unter anderem mit dem unterschiedlichen Alter der Studienteilnehmerinnen. Die Probandinnen der WHI-Studie waren bei Therapiebeginn bereits 64 Jahre alt und seit zehn Jahren in der Postmenopause. Die Frauen der dänischen Studie waren im Durchschnitt 14 Jahre jünger und erst wenige Monate postmenopausal. Zwei nachträgliche Subgruppen-Analysen der WHI-Studie zeigten für jüngere Teilnehmerinnen ebenfalls kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter einer Hormonersatztherapie. Ein weiterer Unterschied zwischen der dänischen und der WHI-Studie bestand in der Art der substituierten Hormone. So wurden in der WHI-Studie konjugierte equine Estrogene und Medroxyprogesteron, in der dänischen Studie 17-β-Estradiol und Norethisteronacetat eingesetzt.
Ob sich die derzeitigen restriktiven Empfehlungen zu einer Hormonersatztherapie aufgrund der dänischen Studiendaten ändern werden, bleibt abzuwarten.
Quelle
Schierbeck L., et al.: Effect of hormone replacement therapy on cardiovascular events in recently postmenopausal women: randomised trial. BMJ (2012) 345: e6409 doi:10.1136/bmj.e6409.
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