Deutscher Apothekertag 2012

Wie frei ist der Apotheker eigentlich?

Peter Ditzel

Der Apothekerberuf gehört zu den Freien Berufen. Ein Freiberufler erbringt auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikationen oder schöpferischer Begabung persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Allgemeinheit. Soweit die gängige enzyklopädische Definition. Wichtig sind dabei die Wörter persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig. Zur Charakteristik der Freien Berufe gehören Professionalität, Gemeinwohlverpflichtung, Selbstkontrolle und Eigenverantwortlichkeit.

Der Apotheker erbringt darüber hinaus eine gewerbliche Leistung. Er ist demnach nicht nur Freiberufler, sondern auch Gewerbetreibender. Er ist somit der einzige Freie Beruf, der auch Kaufmann ist und mit Waren handelt. In einem Urteil über die doppelte Pflichtmitgliedschaft eines Apothekers in der Industrie- und Handelskammer und in der Apothekerkammer heißt es z. B.: "Der besonderen Verantwortung des Apothekers für einen im Interesse der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung kundigen und vertrauenswürdigen Umgang mit Arzneimitteln wird indessen durch Vorschriften über Ausbildung, Zulassung und Beachtung der Berufspflichten Rechnung getragen, die für einen freien Beruf typisch sind. Somit verbinden sich im Berufsbild des Apothekers gewerbliche und freiberufliche Tätigkeit."

Und wie "frei" ist vor diesem Hintergrund der Apotheker heute noch? In der ABDA-Dialogveranstaltung mit den Protest-Apothekern blitzte diese Frage auf. Und ob man jungen Menschen vor diesem Hintergrund überhaupt noch empfehlen kann, Pharmazie zu studieren, geschweige denn, eine Apotheke zu eröffnen – angesichts der zahlreichen Auflagen, Verordnungen und Gesetze, die auf Unfreiheit hindeuten.

Die Frage zur Freiheit eines Apothekers könnte eine Dissertation werden, sie wird sich nicht in diesem Kommentar erschöpfend beantworten lassen. Nur ein paar Gedanken dazu:

  • Was jeder selbst als Freiheit empfindet, ist individuell verschieden und nur schwer objektivierbar. Wer aus einem pseudodemokratischen oder diktatorischen Staat kommt, wird die beruflichen Freiheiten in Deutschland mehr schätzen als eine Person, die beispielsweise aus den USA kommt.

  • Ein Freier Beruf im heutigen Sinn hat wenig mit dem Begriff Freiheit zu tun.

  • Ich habe die Möglichkeit, den Apothekerberuf frei zu wählen, das Pharmaziestudium zu absolvieren, mich mit einer Apotheke niederzulassen, wenn ich die finanziellen Voraussetzungen habe oder wenn Banken mir das Geld geben. Ich kann betriebswirtschaftlich meine Apotheke nach meinen Vorstellungen führen, sofern ich die bestehenden Gesetze einhalte.

  • Überhaupt Gesetze und Verordnungen: Die Apotheker haben Gemeinwohlpflichten. Sie haben den Auftrag, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Eine ordnungsgemäße Versorgung wird von Gesetzen und Verordnungen geregelt, die die Freiheit einschränken. Konkret: Als Apotheker muss ich mich dem Apothekengesetz, der Apothekenbetriebsordnung, dem Arzneimittelgesetz, dem Heilmittelwerbegesetz, dem Ladenschlussgesetz und vielen anderen unterwerfen mit all ihren bürokratischen Anforderungen. Ich muss Rabattverträge erfüllen, ich muss beraten und Nachtdienst machen. Wie frei bin ich als Apotheker da noch?

  • Auf der anderen Seite: Ich bin frei in meinen unternehmerischen Entscheidungen wie beispielsweise Dienstleistungen, Preisaktionen, Werbung, Mitarbeiterführung, Marketing, Einrichtung, Geräte usw. Im apothekenpflichtigen Sortiment habe ich die Freiheit, dieses oder jenes Präparat zu empfehlen.

Man sieht, es kommt darauf an, wie man die Freiheit definiert. Es ist meine freie Entscheidung, den Apothekerberuf zu wählen, als Angestellter zu arbeiten oder mich selbstständig zu machen. Habe ich mich entschieden, muss ich akzeptieren, dass die Freiheit eingeschränkt wird im Sinne des Gemeinwohls.

Bleibt als kleines Fazit: Der Apotheker ist ein freier Beruf mit vielen Auflagen und Pflichten, aber auch mit vielen Spielräumen in der Ausübung und in den Entscheidungen – ähnlich wie andere freie Berufe. Und diese Spielräume können viel Freude bereiten, wenn man sie richtig nutzt und wenn man die Chancen sieht, die sich aus dem Apothekerberuf als Heilberuf und als Kaufmann ergeben. Jeder, der sich frei für den Apothekerberuf entscheidet, sollte wissen: In diesem Berufsbild steckt noch jede Menge Potenzial. Sind das nicht schöne freiheitliche Perspektiven?


Peter Ditzel



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DAZ 2012, Nr. 42, S. 47

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