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Arzneimittel und Therapie
Statine in der Primärprävention
2008 wiesen die Daten der Jupiter-Studie (Jupiter = justification for use of statins in prevention: an intervention trial evaluating rosuvastatin) auf ein erhöhtes Diabetesrisiko unter einer Therapie mit Rosuvastatin hin. In dieser Studie war die Wirkung einer Therapie mit Rosuvastatin in der Primärprävention untersucht worden. Der primäre Endpunkt – bestehend aus nicht-tödlichem Herzinfarkt, nicht-tödlichem Schlaganfall, instabiler Angina pectoris, invasiven Koronareingriffen und kardiovaskulärem Tod – war unter der Statingabe um 44% gesenkt worden, aber es wurde auch ein erhöhtes Diabetesrisiko festgestellt. Seitdem hatten mehrere Metaanalysen die diabetogene Wirkung von Statinen bestätigt, was dazu führte, dass die FDA im März 2012 die Fachinformation aller Statine um einen entsprechenden Warnhinweis erweiterte. Diese Verfügung wurde auch vom BfArM aufgegriffen, und die Fachinformationen aller Statine müssen ab 1. November 2012 auf das erhöhte Diabetesrisiko hinweisen.
Neue Auswertung der Jupiter-Studie
Allerdings war die Jupiter-Studie vorzeitig beendet worden, und es lagen keine Langzeitdaten vor. Es ist also nicht auszuschließen, dass sich das Risiko-Nutzen-Verhältnis unter einer längeren Statineinnahme ändert und von bereits vorliegenden Risikofaktoren abhängt. Um dies festzustellen, wurden die Daten der Jupiter-Studie erneut ausgewertet. Bei der Jupiter-Studie handelt es sich um eine randomisierte, doppelblinde, placebo-kontrollierte Studie, in der die primärpräventive Wirkung von Rosuvastatin (20 mg/d) bei knapp 18.000 gesunden Probanden mit einem erhöhten C-reaktiven Protein-Wert, aber normalen Cholesterinwerten untersucht wurde. Der primäre Studienendpunkt bestand aus mehreren Parametern (nicht-tödlichem Herzinfarkt, nicht-tödlichem Schlaganfall, instabiler Angina pectoris, invasiven Koronareingriffen und kardiovaskulärem Tod), sekundäre Endpunkte ermittelten das Auftreten venöser Thromboembolien, die Gesamtmortalität und das Auftreten von Diabetes. Diese Daten, die nun für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren vorliegen, wurden neu ausgewertet und zwar für folgende Studienpopulationen:
Für die Probanden, bei denen zu Studienbeginn kein Risikofaktor für die Entwicklung eines Diabetes vorgelegen hatte (Vergleichsgruppe ; n = 6095), und
für Probanden mit einem oder mehreren Risikofaktoren für die Manifestation eines Diabetes wie etwa das Vorliegen eines metabolischen Syndroms, ein Body-Mass-Index von 30 kg/m² oder mehr, ein erhöhter Nüchternblutzuckerwert sowie ein HbA1c -Wert von mehr als 6% (Risikogruppe; n = 11508).
In der Auswertung zeigte sich, dass das Diabetesrisiko nur für Probanden der Risikogruppe erhöht war (Erhöhung um 28%), bei den Probanden der Vergleichsgruppe war das Diabetesrisiko nicht erhöht. Bei allen anderen Studienendpunkten zeigte sich ein Benefit der Statingabe. So erreichten beim primären Studienendpunkt die Probanden der Risikogruppe eine Risikoreduktion um 39%, die Probanden der Vergleichsgruppe um 52%. Beim Endpunkt venöse Thromboembolie wurde in der Risikogruppe eine Risikoreduktion um 36%, bei der Vergleichsgruppe um 53% festgestellt. Beim Endpunkt Gesamtmortalität wurde für die Risikogruppe eine Risikoreduktion von 17%, für die Vergleichsgruppe von 22% ermittelt (s. Tabelle).
Anzahl der Ereignisse in der Risiko- und in der Vergleichsgruppe unter Rosuvastatin und unter Placebo | |||||
Vergleichsgruppe (ohne Risikofaktoren für eine Diabeteserkrankung) | |||||
Anzahl der Ereignisse unter Rosuvastatin |
Anzahl der Ereignisse unter Placebo |
Differenz |
Hazard ratio (95% Konfidenzintervall) |
p-Wert |
|
primärer Studienendpunkt* |
44 |
91 |
– 47 |
0,48 (0,33 – 0,68 |
0,0001 |
Primärer Studienendpunkt, Tod |
118 |
174 |
– 56 |
0,67 (0,53 – 0,85) |
0,0007 |
primärer Studienendunkt, venöse Thromboembolie, Tod |
122 |
187 |
– 65 |
0,64 (0,51 – 0,81) |
0,0001 |
Myokardinfarkt, Schlaganfall, Tod |
99 |
147 |
– 48 |
0,67 (0,52 – 0,86) |
0,002 |
Todesfälle |
89 |
113 |
– 24 |
0,78 (0,59 – 1,03) |
0,08 |
Diabetes |
12 |
12 |
0 |
0,99 (0,45 – 2,21) |
0,99 |
Risikogruppe (Vorliegen von einem oder mehreren Risikofaktoren für eine Diabeteserkrankung) | |||||
Anzahl der Ereignisse unter Rosuvastatin |
Anzahl der Ereignisse unter Placebo |
Differenz |
Hazard ratio (95% Konfidenzintervall) |
p-Wert |
|
primärer Studienendpunkt* |
96 |
157 |
– 61 |
0,61 (0,47 – 0,79) |
0,0001 |
primärer Studienendpunkt, Tod |
175 |
262 |
– 87 |
0,67 (0,55 – 0,81) |
0,0001 |
primärer Studienendunkt, venöse Thromboembolie, Tod |
196 |
289 |
– 93 |
0,68 (0,57 – 0,81) |
0,0001 |
Myokardinfarkt, Schlaganfall, Tod |
139 |
202 |
– 63 |
0,69 (0,56 – 0,86) |
0,0006 |
Todesfälle |
109 |
132 |
– 23 |
0,83 (0,64 – 1,07) |
0,15 |
Diabetes |
258 |
204 |
+54 |
1,28 (1,07 – 1,54) |
0,01 |
In absoluten Zahlen ausgedrückt, konnten in der Risikogruppe durch die Statingabe 134 vaskuläre Ereignisse oder Todesfälle verhindert werden, dies allerdings auf Kosten von 54 Fällen eines manifesten Diabetes. In der Vergleichsgruppe wurden durch die Statingabe 86 vaskuläre Ereignisse oder Todesfälle verhindert; das Diabetesrisiko blieb unbeeinflusst.
Kommentar
Ein Kommentator der Studie weist darauf hin, dass der diabetogene Effekt der Statine nur bei Patienten mit Risikofaktoren für eine Diabeteserkrankung aufgetreten war; ob der Zusammenhang zwischen der Statingabe und dem Auftreten eines Diabetes kausal ist, sei derzeit noch unklar. Gleichwohl sollten in der Prävention vornehmlich Patienten ohne Diabetesrisiko mit Statinen behandelt werden, da bei ihnen das Nutzen-Risiko-Verhältnis am günstigsten ist. Risikopatienten sollten unter einer Statintherapie sorgfältig überwacht werden, desweiteren sei ihnen zu körperlicher Aktivität und Gewichtsreduktion zu raten, um das Diabetesrisiko zu senken.
Quelle
Ridker P., et al.: Cardiovascular benefits and diabetes risks of statin therapy in primary prevention: an analysis from the jupiter-trial. Lancet 380, 565 – 571 (2012).
Watts G., et al.: Balancing the cardiometabolic benefits and risks of statins. Lancet 380, 541 – 543 (2012).
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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