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Deutscher Apothekertag 2012
Honorarforderungen an erster Stelle – Geschäftsbericht über ein turbulentes Jahr
Beim Apothekertag 2011 habe die ABDA den Kampf um mehr Honorar zusammen mit dem ABDA-KBV-Projekt auf die erste Priorität gesetzt. Dazu habe es nicht nur Maßnahmen auf Bundesebene, sondern auch in den Ländern gegeben, erklärte Schmitz, der damit die in den vorigen Wochen geäußerte Kritik an den unterschiedlichen Vorgehensweisen der Landesorganisationen überspielte. Auch nach den bisherigen Ergebnissen bleibe das Thema für die ABDA auf der Tagesordnung, wobei drei Konsequenzen aus den jüngsten Erfahrungen abzuleiten seien.
Folgen aus der Honorardebatte
Erstens folgerte Schmitz: "Es ist möglich, Honoraranpassungen durchzusetzen, ohne an anderer Stelle Opfer bringen zu müssen." Seit Jahrzehnten hätten sich die Apotheker bei der Vergütung in der Defensive befunden, doch im vorigen Jahr seien sie erstmalig in die Offensive gegangen.
Als zweite Folgerung erklärte Schmitz, dass die Anpassungsmechanik der Arzneimittelpreisverordnung für die Vergütungshöhe verbessert werden müsse. Dies gelte sowohl für den Rhythmus als auch für die Methodik der Anpassung. Die Apotheker würden sicher nicht noch einmal acht Jahre warten können, erklärte Schmitz unter Applaus. Es könne auch nicht sein, dass die Apotheker die Änderung anmahnen müssten, wie Gesundheitsminister Bahr es angedeutet habe, sondern nötig sei eine klare Anpassung im Gesetz. "Wir können auch keine Berechnungsmethode akzeptieren, bei der Leistungssteigerungen und die damit verbundenen Kosten von den Apotheken selbst bezahlt werden, indem ihnen die Rohertragszuwächse auf die gestiegenen Kosten angerechnet werden", so Schmitz.
Drittens folgerte der Hauptgeschäftsführer: "Honorarforderungen sind nur durchsetzbar, wenn die Öffentlichkeit für sie Verständnis aufbringt." Gegen eine massive öffentliche Meinung werde die Politik nicht antreten wollen. Hilfreich sei jetzt gewesen, dass die Apothekenvergütung über acht Jahre nicht angepasst worden sei, doch dieses leicht nachvollziehbare Argument werde künftig fehlen.
Um das Verständnis der Öffentlichkeit zu pflegen, sollten sich die Apotheker nicht scheuen, über ihr Einkommen zu reden und selbstbewusst eine angemessene Vergütung für ihre Arbeit zu verlangen. Eine Strategie für eine solche Öffentlichkeitsarbeit sei in diesem Jahr entwickelt worden; die Umsetzung sei im Gang.
Verhandlungen zum ABDA-KBV-Modell
Erneut betonte Schmitz den hohen Stellenwert des ABDA-KBV-Modells, das die pharmazeutische Fachkompetenz als Alleinstellungsmerkmal der Apotheker nutze und fördere. "Es ist zukunftssichernd, systemkonform, nützlich für die Patienten und wirtschaftlich sinnvoll", fasste Schmitz zusammen und machte zugleich deutlich, dass dreiseitige Verhandlungen zwischen Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Apothekern in zwei Bundesländern und unter Beteiligung der Bundesebene aufwendig sind. Der aktuelle Stand sei, dass Sachsen und Thüringen als Modellregion gefunden worden seien. Die Sondierungsgespräche seien positiv beendet, die ersten Verhandlungsrunden stünden unmittelbar bevor. Das Projekt solle im Frühjahr 2013 starten, doch Schmitz nannte dies ein "ehrgeiziges Ziel".
Apothekenbetriebsordnung im Rückblick
Als weitere bedeutende Neuerung im Berichtszeitraum blickte der Hauptgeschäftsführer auf die Apothekenbetriebsordnung. Im Entstehungsprozess habe sich die ABDA mit fast allen ihren Forderungen schrittweise durchgesetzt, wobei die Vermeidung eines Zwei-Klassen-Systems für Apotheken herausrage. Auch in Zukunft, dürfe es bei den zentralen Aufgaben in der Arzneimittelversorgung keine von Betrieb zu Betrieb schwankenden unterschiedlichen Anforderungen geben. Dabei gehe es nicht um "Einheitsbrei" oder eine verträumte Idealvorstellung von Gleichheit. Selbstverständlich könnten Apotheken unterschiedliche Angebote machen und eigene Schwerpunkte setzen, aber in den Kernfunktionen dürfe es keine Differenzierungen geben.
"Die jetzt vorgenommene Anpassung reicht nicht aus, und wir werden hier deshalb nicht locker lassen." Dr. Sebastian Schmitz zur Apothekenhonorierung |
Öffentlichkeitsarbeit und Leitbild
Bei seiner Übersicht zur Öffentlichkeitsarbeit wollte Schmitz die Diskussion über "die richtige Dosierung von streikähnlichen Maßnahmen" nicht vertiefen. Grundsätzlich gehe es um die öffentliche Wahrnehmung der Apotheken und der Menschen, die dort für die hochwertige Arzneimittelversorgung stehen. Es sei die Strategie der ABDA-Kommunikation, mit imagefördernden Themen die Grundlage dafür zu schaffen, dass die ordnungspolitischen und wirtschaftlichen Themen Gehör finden. In diesem Zusammenhang blickte Schmitz auf die Öffentlichkeitsarbeit seit dem Apothekertag 2011 und betonte dabei die Bedeutung der Länderorganisationen. Ohne eine zumindest in den Grundzügen abgestimmte Kommunikation zwischen Bund und Ländern könne die Öffentlichkeitsarbeit nicht erfolgreich sein. In der Ideenvielfalt stecke ein riesiges Potenzial, das es zu nutzen gelte.
In diesem Zusammenhang stellte Schmitz die wichtigsten Elemente des Leitbildes der ABDA vor. Dies sind
die flächendeckende, wohnortnahe und qualitätsgesicherte Versorgung durch die öffentlichen Apotheken und ihr Personal,
die unabhängige Beratung durch Apotheker als freie Heilberufler und
der Leistungs- und Qualitätswettbewerb der Apotheken im Interesse der Patienten.
Zu Handlungsoptionen und unterschiedlichen Aspekten sei eine breite innerverbandliche Diskussion nötig. Dieser Prozess sei begonnen worden und werde in den nächsten Monaten fortgesetzt.
Transparenz, Demokratie und Umgangsformen
Unter dem Titel "Innere Organisation" ging Schmitz auf die Satzungsänderung zur Vertraulichkeit und auf Diskussionen über die Struktur der ABDA ein. Die Satzungsänderung, die auch in der DAZ als "Maulkorb" thematisiert wurde, beschrieb Schmitz als Klarstellung einer Aussage, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sei. Die Vertraulichkeit eines Themas sei nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sie sei auch zu beachten. Außerdem seien Sanktionen bei Verstößen vorgesehen. Einzelne Kritikpunkte zu dieser Regelung diskutierte Schmitz an dieser Stelle nicht, sondern er blieb beim Grundsätzlichen. Er würdigte die große Bedeutung der Transparenz für die demokratische Meinungsbildung. Die ABDA stehe daher zu dem Grundsatz, gegenüber der Öffentlichkeit größtmögliche Transparenz anzustreben. Doch gebe es strategische und taktische Ziele, die man nicht offenlegen könne, ohne es damit den Gegnern zu leicht zu machen. "Ein Übermaß an Transparenz kann die demokratische Willensbildung auch gefährden", so Schmitz, weil vertrauliche Angelegenheiten dann außerhalb der Gremien im kleinen Kreis besprochen werden müssten.
Gegen den Vorwurf, die ABDA leide unter einem Demokratiedefizit und könne deshalb nicht für die Apothekerschaft als ganze sprechen, führte Schmitz an: "Eine demokratischere Struktur als die, die die ABDA hat, kann ich mir nicht vorstellen." Jeder, der die Politik der ABDA mitbestimmen wolle, könne sich zur Wahl stellen. Wer aber nur von außen meckere, in Chats und Foren Ideen vorstelle, für diese aber nicht innerhalb des Verbandes kämpfe und diese nicht verantworte, solle nicht von Demokratiedefiziten reden, sondern über sein eigenes Demokratieverständnis nachdenken. In diesem Zusammenhang kritisierte Schmitz den Diskussionsstil bei einem kleinen Teil der Kommentare in Online-Foren. Bei politischen Auseinandersetzungen seien gelegentlich aggressivere Töne notwendig und müssten auch ertragen werden, aber persönliche Beleidigungen gegenüber Politikern und Verletzungen der Privatsphäre seien unanständig. Solche Äußerungen würden nicht nur den Adressaten treffen, sondern dem gesamten Berufsstand schaden.
"Eine offene innerverbandliche Diskussion und die Suche nach dem Konsens sind der Lebensnerv der ABDA." Dr. Sebastian Schmitz |
Vielfalt der Projekte
Abschließend nannte Schmitz ein Sammelsurium weiterer berufspolitischer Themen, weniger um Inhalte zu vermitteln, sondern mehr um die Vielfalt der Arbeit der ABDA zu demonstrieren. Zu diesen Themen gehören der "Leistungskatalog der Beratungs- und Serviceangebote in Apotheken" (LeiKa), das Projekt P-Stat 2 zur Zusammenarbeit von Pharmaziepraktikanten mit Ärzten auf Krankenhausstationen, die veränderte Hilfstaxe, die Studie der ABDA zu interdisziplinären Maßnahmen bei Herzinsuffizienz, der Krankenkassenabschlag, ein Vertrag zur Direktabrechnung mit der Allianz Private Krankenversicherung, ein Modellprojekt zum Benzodiazepin-Entzug, die Umsetzung der Fälschungsrichtlinie der EU im securPharm-Projekt, die neue Ausbildungsordnung für PKA und die Gesetzgebung zur Preisbindung für ausländische Versandapotheken sowie zur Arzneimittelversorgung bei Palliativpatienten.
Nach der Vorstellung des Geschäftsberichts gab es keine Wortmeldungen zur Diskussion – wohl zum Erstaunen mancher Teilnehmer, denn auch einige der "Protestler", die vor dem Apothekertag Kontroversen angekündigt hatten, waren bei diesem Tagungsordnungspunkt im Saal. Demnach erwies sich die Strategie der ABDA-Spitze, diese absehbare Diskussion bei einer eigenen Veranstaltung am Vortag zu führen, als erfolgreich, doch den meisten Delegierten entging damit diese Debatte.
tmb
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