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Arzneimittel und Therapie
MCP-Tropfen exakt dosieren
Metoclopramid (MCP) wird im Allgemeinen durch Haus- und Kinderärzte häufig ohne Berücksichtigung der Krankenkasse des Patienten verordnet und in der Apotheke muss dann entsprechend der Rabattverträge Hersteller A gegen den Hersteller B ausgetauscht werden. Hierbei muss auf die unterschiedlichen Angaben bezüglich der Tropfen, die für die Dosis von beispielsweise 10 mg MCP in der Gebrauchsinformation zu finden sind, geachtet werden. Vielfach wird die Dosierungsempfehlung des Arztes nicht auf der Verordnung vermerkt, sondern die Tropfenangabe dem Patienten nur mündlich übermittelt. Auch die durch den Arzt unreflektierte Übernahme der Dosierungsempfehlung beispielsweise aus einem Arztbrief des Krankenhauses, wo ein Präparat eines anderen Herstellers angewandt wurde, kann Ursache für eine Fehldosierung sein. Deshalb ist die Nachfrage, ob der Arzt etwas zur Dosierung gesagt habe, von besonderer Bedeutung. Die Tabelle gibt eine Übersicht zu den unterschiedlichen Tropfenzahlen, die für einen Milliliter mit vier Milligramm Wirkstoff laut Gebrauchsinformationen abgezählt werden müssen. Die Angaben reichen von zwölf bis 16 Tropfen. Die Normdosen für Metoclopramid sind für Erwachsene 10 mg p. o., bei Kindern 5 mg, für Kleinkinder mit 4 mg und bei Säuglingen mit 2 mg angegeben. Für Patienten mit Niereninsuffizienz werden je nach glomerulärer Filtrationsrate Dosierungsanpassungen empfohlen.
Tab. 1: Angabe zur Anzahl der Tropfen, die für einen Milliliter mit vier Milligramm Wirkstoff laut Gebrauchsinformationen abgezählt werden müssen. [Stand 9. August 2012] | ||||
Präparat |
Inhalt |
1 ml = 4 mg MCP-HCl = x Tropfen |
ein Tropfen enthält x mg MCP-HCl |
EK
Euro
|
Gastronerton®
Lösung |
20 ml |
14 |
0,286 |
1,13 |
Gastronerton®
Lösung |
30 ml |
14 |
0,286 |
1,34 |
MCP AL®
Tropfen |
20 ml |
15 |
0,267 |
1,13 |
MCP AL®
Tropfen |
30 ml |
15 |
0,267 |
1,34 |
MCP Tropfen®
1A Pharma |
30 ml |
16 |
0,25 |
1,33 |
MCP beta®
Tropfen |
30 ml |
14 |
0,286 |
1,34 |
MCP Hexal®
Tropfen |
30 ml |
16 |
0,25 |
1,34 |
MCP Stada®
4 mg/1 ml Tropfen zum Einnehmen |
30 ml |
15 |
0,267 |
1,34 |
Paspertin®
Tropfen |
30 ml |
12 |
0,33 |
1,58 |
Da Metoclopramid die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann, treten spezifische zentrale Nebenwirkungen auf, vor allem bei Kindern und älteren Patienten. Einige Patienten sind wegen krankheitsbedingter chronischer Motilitätsstörungen unter Umständen auch auf eine langfristige Versorgung mit MCP angewiesen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Müdigkeit, Verwirrtheit, Reizbarkeit und Unruhe. Bei Kindern und Personen unter 30 Jahren treten bei Überdosierungen vor allem die dystonisch-dyskinetischen Bewegungsstörungen auf, bei Älteren kann es zum Parkinsonoid kommen. Auch Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion und Blutdrucksteigerung oder -abfall werden beobachtet. Die niedrigste toxische Konzentration TDL0, bei der unerwünschte Wirkungen bei Kindern wie Sehstörungen oder Muskelkrämpfe beschrieben wurden, liegt bei 0,9 mg/kg Körpergewicht; ab 3 mg/kg Körpergewicht kommt es bei Kleinkindern zu motorischen Störungen.
MetoclopramidMetoclopramid ist ein zentraler Dopamin-Antagonist, der auch eine peripher cholinerge Aktivität besitzt. Dabei werden zwei Hauptwirkungen unterschieden:
Die antiemetische Wirkung wird über einen zentralen Angriffspunkt am Hirnstamm (Chemorezeptoren in der Triggerzone des Brechzentrums), vermutlich durch eine Hemmung dopaminerger Neurone vermittelt. Die Motilitätssteigerung wird zum Teil ebenfalls von übergeordneten Zentren gesteuert, gleichzeitig spielt aber auch ein peripherer Wirkungsmechanismus über eine Aktivierung postganglionärer cholinerger Rezeptoren und möglicherweise eine Hemmung dopaminerger Rezeptoren des Magens und Dünndarms eine Rolle. Dementsprechend ist Metoclopramid indiziert zur Behandlung
Als unerwünschte Wirkungen werden hauptsächlich extrapyramidale Symptome (unwillkürliche krampfartige Bewegungen) beobachtet, die auf dem Dopaminrezeptoren-blockierenden Wirkungsmechanismus von Metoclopramid im ZNS beruhen. Bei längerer Anwendung kann es wegen des Ausfalls der dopaminergen Hemmung der Prolaktinsekretion zur Erhöhung der Prolaktinkonzentration im Serum kommen. Galaktorrhöen und Störungen des Menstruationszyklus bei Frauen und Gynäkomastie bei Männern sind beschrieben; sie bilden sich nach Absetzen der Medikation zurück. |
Tropfen für Tropfen genau betrachten
Bei Kindern mit einem Körpergewicht zwischen 20 und 29 kg werden zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen sowie Motilitätsstörungen des Magen-Darm-Trakts dreimal täglich 2,5 mg Metoclopramid p. o. empfohlen. Erhält ein Kind mit 25 kg Körpergewicht dreimal täglich z. B. zehn Tropfen MCP Hexal® Tropfen, sind das 7,5 mg Wirkstoff. Wenn nun das Präparat MCP Hexal® gegen MCP beta® ausgetauscht und die Tropfmenge nicht angepasst wird, erhält das Kind dreimal täglich anstelle von 2,5 mg die dreimal täglich 2,86 mg. Die Gesamttagesdosis beträgt bei Einnahme von MCP beta® 8,58 mg, was bei dem angenommenen Körpergewicht von 25 kg einer Dosierung von 0,3432 mg/kg Körpergewicht im Vergleich zu 0,3 mg/kg Körpergewicht bei der Anwendung von MCP Hexal® entspricht. Auch wenn in diesem Bereich noch nicht das Auftreten massiver Nebenwirkungen zu erwarten ist, erhält das Kind eine um knapp 15% höhere Dosis als empfohlen.
BeispielAuf einem Rezept ist Paspertin® mit 3 x täglich 30 Tropfen verordnet. Bedingt durch die Rabattverträge muss statt Paspertin® ein Generikum abgegeben werden. Beispielsweise MCP Hexal® Tropfen. Werden hierbei die verordneten 30 Tropfen ohne Kontrolle übernommen, so erhält der Patient eine von der Empfehlung abweichende Dosis, nämlich: 30 Tropfen Paspertin® → 30 x 0,33 mg = 9,9 mg 30 Tropfen MCP Hexal® Tropfen → 30 x 0,25 mg = 7,5 mg Damit erhält der Patient eine um knapp ein Viertel verringerte Dosis. Umgekehrt, der Patient bekommt MCP Hexal® Tropfen mit 3 x täglich 40 Tropfen verordnet und erhält aber Paspertin®-Tropfen. Hier wird deutlich überdosiert: 40 Tropfen MCP Hexal® Tropfen → 40 x 0,25 mg = 10 mg 40 Tropfen Paspertin® → 40 x 0,33 mg = 13,2 mg Die Dosis fällt um knapp ein Drittel höher aus. |
Tropfer und Füllhöhe weitere Einflussgrößen
Aber nicht nur die unterschiedlichen Tropfflaschen, die die einzelnen Hersteller verwenden, stellen ein Problem dar. Neben der Menge an Wirkstoff je Tropfen muss bei der Beratung darauf geachtet werden, ob es sich um einen Rand- oder einen Zentraltropfer handelt. Wird dies nicht beachtet, kann es durch eine falsche Tropfflaschenhaltung bei der Entnahme bis zu 25% Abweichung hinsichtlich der Dosierung kommen. Zentraltropfer werden korrekt senkrecht nach unten gehalten, Randtropfer hingegen in einem Winkel von 45°. Bei abweichender Haltung werden die Tropfgeschwindigkeit und damit das Tropfenvolumen beeinflusst. Nicht in allen Gebrauchsinformationen ist die Handhabung der Tropfflasche für den Verbraucher klar verständlich beschrieben, so dass hier ein hohes Fehlerpotenzial schlummert. Wenn beim Abzählen der Tropfen für das 25 kg schwere Kind zusätzlich zum beschriebenen Präparatewechsel auch noch eine Fehlhaltung der Tropfflasche hinzukommt, kommt es zu einer weiteren Abweichung von der empfohlenen Dosis. Die Tropfgeschwindigkeit wird außerdem noch durch die Füllhöhe in der Tropfflasche beeinflusst. Der Druck der Flüssigkeitssäule sorgt dafür, dass die Flüssigkeit aus einer vollen Flasche schneller tropft als aus einer fast leeren. Dies führt zu weiteren Ungenauigkeiten beim Abmessen der Dosis. Dieses Phänomen tritt bei den Tropftuben nicht auf.
Da die verfügbaren Metoclopramid-Lösungen alle in der gleichen Konzentration von 4 mg/1 ml vorliegen, könnte durch die Dosierung mit einer Dosierpipette an Stelle des Tropfers eine höhere Sicherheit in der Dosiergenauigkeit erlangt werden. Auf Anfrage beim BfArM, inwiefern hier im Rahmen der Zulassung auf eine Vereinheitlichung geachtet werden kann, wurde wie folgt geantwortet: "Wir werden uns im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten einer Zulassungsbehörden um eine Verbesserung der Situation bemühen."
So bleibt es zurzeit allein in der Verantwortung der abgebenden Apotheken, Patienten über diese Problematik aufzuklären. Vor allem bei Patienten, die wegen chronischer Erkrankungen oder Behinderung auf eine langfristige Anwendung von MCP-haltigen Präparaten angewiesen sind, ist dies von besonderer Bedeutung. Es sollte im Einzelfall mit dem Patienten besprochen werden, ob für ihn ein Abmessen der Dosis mittels einer Pipette oder Spritze nicht geeigneter ist.
Apothekerin Dr. Constanze Schäfer MHA
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