- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 40/2012
- "Der Euro ist für alle ...
DAZ aktuell
"Der Euro ist für alle die falsche Währung"
Dirk Müller: Ich habe Geld noch nie irgendwie als Selbstzweck gesehen, von dem man möglichst viel haben muss. Es war für mich immer nur das Mittel, um mir die Dinge zu ermöglichen, die ich gerne möchte, wobei es gar nicht um luxuriöse Dinge geht. Wenn die Grundbedürfnisse gedeckt sind, man eine gewisse Absicherung und keine Schulden hat, die Finanzen geordnet sind – das reicht mir, um gut zu schlafen. Dennoch sollte es nicht immer nur "Geiz ist geil" heißen, sondern man sollte das Leben vernünftig genießen und überlegen: Wofür gibst du das Geld aus? Man sollte es dann aber auch tun und mit Freuden genießen.
? Welche Frage wurde Ihnen in der letzten Zeit am häufigsten gestellt und was haben Sie dann immer darauf geantwortet?
Dirk Müller: "Welche Aktien soll ich kaufen?" Und meine Antwort war in der Regel: "Wenn du deine Freunde behalten willst, gib keine Ratschläge." Aber es ist Teil meines Geschäfts, Ratschläge zu geben, und zwar seriöse. Mir ist es wichtig, dass die Menschen ihr Vermögen, ihre Altersvorsorge möglichst nachhaltig und mit geringen Risiken aufbauen, aber trotzdem auch was damit verdienen können. Wenn ich mit meinem eigenen Geld mal eine riskantere Aktie kaufe, weiß ich, was ich da tue. Bei jemand anderem geht es vielleicht um Haus, Hof oder Altersvorsorge, und da möchte ich nie erleben, dass bei mir einer vor der Haustür steht und sagt: "Müller, wegen deinem Tipp habe ich alles verloren." Die Reaktionen, die ich bekomme, sind immer nur: "Herr Müller, Sie haben mich da gerettet, ohne Sie wäre mein Unternehmen nicht mehr da." Das sind die Antworten, die ich hören möchte. Und wenn einer sagt: "Ich habe nicht genug Rendite, ich gehe lieber auf eine Zocker-Aktie, da kriege ich mehr", da sage ich: "Mach das, aber dafür brauchst du mich nicht, da kannst du auch in die Spielbank gehen, da hast du wenigstens einen schönen Abend gehabt."
? Ein Wirtschaftssystem wie unseres, das überwiegend auf Wachstum ausgerichtet ist: Hat es auf Dauer Bestand?
Dirk Müller: Nein, das kann es gar nicht haben. Wir leben in einem Schuldgeldsystem, das bedeutet, dass in unserem gesamten wirtschaftlichen System Geld ausschließlich durch Kreditaufnahme entsteht. Geld wird nicht irgendwo geschaffen und verteilt, sondern Geld entsteht in dem Moment, in dem jemand einen Kredit aufnimmt.
? Wie geht denn das weiter?
Dirk Müller: Die Schulden wachsen immer stärker. So lange die Wirtschaft wächst, wachsen die Schulden. Wenn Deutschland 30, 40 Milliarden Euro Zinsen zahlt, bekommt jemand 30, 40 Milliarden Euro Zinsen, und da könnte man sagen, ist doch alles prima ausgeglichen. Aber wesentlich ist, dass dieses Geld sich im Lauf der Jahrzehnte bei immer weniger Menschen zusammenballt und die Masse nichts davon hat. Die Hälfte der deutschen Bevölkerung besitzt weniger als vier Prozent des gesamten Geldvermögens. Aber trotzdem muss sie Zinsen bezahlen: Für die eigenen Schulden und für die Schulden des Staates mit den Steuern. Und die Schulden der Unternehmen zahlen die Bürger auch, über die Produkte, die sie kaufen. Der Bürger zahlt die ganzen Schulden, die ganzen Zinsen des Finanzsystems. Er selbst hat aber in der Regel nichts auf dem Konto, wofür er Zinsen bekommt. Momentan wird international versucht, eine Inflationierung zu erzeugen, um dieses weltweite Problem der Umverteilung von Schulden und Guthaben etwas zu neutralisieren. Ob es gelingt, das werden die nächsten ein, zwei Jahre zeigen. Das ist vollkommen offen.
? Wie weit in die Zukunft können seriöse Wirtschaftsprognosen überhaupt reichen?
Dirk Müller: Prognosen sind ausgesprochen schwierig, vor allem, wenn sie auf die Zukunft gerichtet sind. Ich glaube, Mark Twain hat das mal gesagt, und da hat er vollkommen Recht damit (lacht). In der jetzigen Phase halte ich Wirtschaftsprognosen für ausgesprochen unseriös, erst recht für einen Zeitraum von mehreren Jahren. Wer behauptet zu wissen, wie in einem Jahr die Wirtschaft dasteht, der schwindelt. Genau wie die Banken, die am Anfang des Jahres eine Prognose abgeben, wie der DAX am Jahresende steht. Wir wissen doch nicht mal, wo dieses Ding in vier Wochen steht.
? Und ist denn gar kein Ende in Sicht?
Dirk Müller: Natürlich wird es ein Ende geben, doch dazu müssen wir erst einmal Entscheidungen treffen. Europa steht am Scheideweg. Entweder wir gehen den mutigen Schritt nach vorn und gründen das, wofür der Euro einmal vorgesehen war: die Vereinigten Staaten von Europa. Oder wir müssten uns einen Schritt zurückbegeben auf die Europäische Union, wo Partner freundschaftlich miteinander arbeiten. Aber mitten durch den Sumpf, wie wir es momentan probieren, ist definitiv die falsche Entscheidung und wird für alle in die Katastrophe führen!
? Wo sehen Sie Griechenland langfristig? Außerhalb der Euro-Zone?
Dirk Müller: Definitiv. Griechenland wird nicht in der Lage sein, in der Euro-Zone zu überleben. Das Gleiche gilt für Spanien, Portugal, Irland und viele andere. Die haben einfach die falsche Währung, weil wir als starke Deutsche, Holländer oder Österreicher diese Währung nach oben ziehen. Der Euro ist für alle die falsche Währung. Für die Südstaaten die zu starke, für Deutschland die zu schwache Währung.
? Was erwartet die Teilnehmer des Management-Kongresses auf Mallorca bei Ihrem Vortrag?
Dirk Müller: Meinen ungeschminkten Blick auf die Situation in Europa und weltweit, auf Geldsysteme, Schuldensysteme, aber natürlich auch: Wie kann man sich absichern, um möglichst risikoarm durch die Situation zu kommen? Garantien gibt es nirgends. Nicht dabei haben werde ich die Kristallkugel und den 100-Prozent-Tipp. Wohlgemerkt: Es ist mein Blick auf die Situation. Ich hoffe aber, dass mein Blick auf die Wirtschaft weiterhin doch in etwa dem entspricht, was sich hinterher herausstellt. Ich freue mich auf die Veranstaltung und bin schon sehr gespannt auf die Gespräche und Diskussionen.
? Gibt es im Vorfeld – für den, der vielleicht nicht nach Mallorca kommen kann – eine Empfehlung, was er beim Thema Geldanlage beachten sollte?
Dirk Müller: Im Moment geht es ja nicht um die maximale Rendite, sondern um die Absicherung und um möglichst gut durchzukommen. Reale Werte sind das A und O. Diese realen Werte wie Edelmetalle kann man auch gegen Kurseinbrüche absichern. Das ist für mich das Kernthema. Man muss auf alle Formen der Zukunft vorbereitet sein. Diese Strategie möchte ich auch den Teilnehmern auf Mallorca näher bringen.
! Herr Müller, ich danke Ihnen ganz herzlich für dieses Gespräch.
Dirk Müller: Ich danke ebenfalls und freue mich schon sehr auf den Austausch mit den Apothekern auf Mallorca.
Management-Kongress MallorcaDer Management-Kongress Mallorca wird von Lauer Fischer und der DAZ veranstaltet. Er findet statt vom 30. Oktober bis 3. November 2012. Das Programm finden Sie in DAZ Nr. 39, S. 33. |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.