Arzneimittel und Therapie

Dronedaron bei permanentem Vorhofflimmern

Gescheiterte Studie gibt Rätsel auf

Beim Einsatz des neuen Antiarrhythmikums Dronedaron (Multaq®) ist aus mehreren Gründen Vorsicht geboten. So darf es beispielsweise nicht bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern angewendet werden, da eine Studie, die Vorteile für diese Patientengruppe zeigen sollte, Mitte letzten Jahres aus Sicherheitsgründen gestoppt worden war.

Dronedaron, ein mit Amiodaron strukturverwandtes Antiarrhythmikum, ist seit November 2009 in der EU zugelassen. Es soll bei erwachsenen, klinisch stabilen Patienten mit nicht-permanentem Vorhofflimmern nach einer erfolgreichen Kardioversion den normalen Herzrhythmus (Sinusrhythmus) erhalten und damit das Wiederauftreten von Vorhofflimmern vermeiden. Seine Wirkung entfaltet Dronedaron hauptsächlich über die Blockade von Kalium-, Natrium- und Calciumionenkanälen.

Vielversprechende Studie aufgelegt

In der 2010 begonnenen randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten PALLAS-Studie (Permanent Atrial Fibrillation Outcome Study Using Dronedarone on Top of Standard Therapy) sollte untersucht werden, ob der Wirkstoff auch bei Hochrisikopatienten mit permanentem Vorhofflimmern das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse vermindert. Rationale dafür waren die guten Ergebnisse der 2009 publizierten ATHENE-Studie, die gezeigt hatte, dass eine zweimal tägliche Gabe von 400 mg Dronedaron bei Patienten mit paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern das Risiko für den ersten kardiovaskulär bedingten Krankenhausaufenthalt oder Tod signifikant um 24% reduzieren kann (31,9% vs. 39,4%, p < 0,001). Auch die Zahl der Schlaganfälle war unter Dronedaron niedriger.

Vorzeitig gescheitert

Nachdem erst 3236 der geplanten 10.8000 Patienten aufgenommen worden waren, musste die Studie jedoch wegen Sicherheitsbedenken Mitte Juli 2011 nach nur 3,5 Monaten gestoppt werden. Der Grund: Während in dieser Zeit in der Placebogruppe 19 Endpunkt-Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfall, systemische Embolien oder kardiovaskulär bedingter Tod auftraten, waren es unter Dronedaron 43 – ein signifikanter Unterschied (hazard ratio HR 2,29, 95% KI 1,343,94, p = 0,002). 21 kardiovaskulär bedingte Todesfälle in der Drondaron-Gruppe und 10 unter Placebo (HR 2,11, 95% KI 1,00 bis 4,49, p = 0,046), wobei die meisten (13 vs. 4) arrhythmisch bedingt waren, ließen den Studienleitern keine andere Wahl, ebenso wenig wie die Häufigkeit der Schlaganfälle (23 unter Dronedaron, 10 unter Placebo, HR 2,32, 95% KI 1,11 bis 4,88, p = 0,02) oder die Zahl der Klinikeinweisungen infolge Herzversagen (43 vs. 24, HR 1,81, 95% KI 1,10 bis 2,99, p = 0,02).

Ratlosigkeit bei den Autoren

Die Suche nach Erklärungen für das Scheitern der Studie gestaltet sich nicht einfach. Einen Grund sehen die Autoren darin, dass die PALLAS-Patienten im Gegensatz zu denen der ATHENE-Studie älter (im Mittel 75) und wegen kardiovaskulärer Erkrankungen in der Vorgeschichte (z. B. KHK, Schlaganfall, Herzversagen, koronare Herzkrankheit) mit einem größeren Risiko belastet waren. Wie Erfahrungen aus einer anderen vorangegangen Studie gezeigt hatten, scheinen insbesondere Herzinsuffizienz-Patienten eine Dronedaron-Behandlung nicht gut zu vertragen.

Eine Besonderheit war auch, dass rund ein Drittel aller Patienten Digoxin als Begleitmedikation einnahm. Dronedaron erhöht bei gleichzeitiger Gabe mit Digoxin dessen Plasmaspiegel, wahrscheinlich infolge einer Hemmung von P-Glykoprotein. In der PALLAS-Studie lag diese Erhöhung bei 33%. Die Autoren vermuten, dass die daraus resultierende höhere Digoxin-Toxizität zur erhöhten kardiovaskulären Mortalität unter Dronedaron beigetragen hat.

Trotz aller Erklärungsversuche bleiben die Ursachen dafür, dass Dronedaron für die Patienten der PALLAS-Studie so nachteilig war, weitgehend ungeklärt. Die Substanz empfiehlt sich nach Meinung eines Kommentators der Studie derzeit nur für ausgewählte Niedrigrisiko-Patienten mit paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern, für die alternative Therapien nicht in Betracht kommen. Diese Feststellung deckt sich mit den Aussagen in einem Rote-Hand-Brief zu Dronedaron, der im Oktober 2011 veröffentlicht worden war (siehe DAZ 2011, Nr. 40, S. 12).


Quelle
Conolly SJ, et al.: Dronedarone in high-risk permanent atrial fibrillation. N Engl J Med (2011) 365(24): 2268 – 2276.

Nattel S.: Dronedarone in atrial fibrillation – Jekyll and Hyde? N Engl J Med (2011) 365(24): 2321 – 2322.


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn



DAZ 2012, Nr. 4, S. 54

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