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Ernährung aktuell
"Die Vitamin-Lüge" – eine Stellungnahme
BLL wehrt sich gegen "Spiegel"-Artikel
In dem Spiegel-Artikel "Die Vitamin-Lüge – Milliarden-Geschäfte mit überflüssigen Pillen" werden Vitaminpräparate und Nahrungsergänzungsmittel einseitig negativ dargestellt. Insbesondere wird nicht in der erforderlichen Art und Weise zwischen einerseits "hochdosierten Mitteln" wie etwa Vitamininfusionen und als Arzneimittel vermarkteten Präparaten und andererseits Lebensmitteln wie Nahrungsergänzungsmitteln oder angereicherten Produkten unterschieden. Dadurch wird der unzutreffende Eindruck erweckt, dass alle genannten Produkte wirkungslos oder schädlich sind. Zunächst einmal stellt sich die Frage, welche Relevanz die im Spiegel zitierten Studienergebnisse überhaupt für den europäischen bzw. deutschen Verbraucher von Lebensmitteln haben. Den Studien, die eine Schädlichkeit von Vitamin- oder Mineralstoffpräparaten belegen sollen, liegen Dosierungen zugrunde, die weit über den in Deutschland üblichen Mengen liegen, oftmals sogar über den als sicher bewerteten Höchstmengen (ULs). Solche Produkte sind im Allgemeinen in Europa nicht als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig, sondern müssten als Arzneimittel zugelassen werden. Die Studien lassen sich daher nicht auf niedriger dosierte Nahrungsergänzungsmittel übertragen.
Hinsichtlich ihrer Dosierung orientieren sich Nahrungsergänzungsmittel und die Anreicherung in Lebensmitteln an den DACH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr. Somit werden über diese Produkte Mengen aufgenommen, die in der Regel auch durch herkömmliche Lebensmittel aufgenommen werden könnten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass die Gesamtaufnahme an Vitaminen und Mineralstoffen aus Lebensmitteln einschließlich Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln in Deutschland im sicheren Zufuhrbereich liegt. Die Aufnahmemengen unterschreiten – für die meisten Vitamine und Mineralstoffe sogar deutlich – die wissenschaftlich anerkannten Obergrenzen für eine sichere Gesamtaufnahme, die sogenannten "tolerable upper intake levels (ULs)".
Auch impliziert der Artikel, dass bereits ein Großteil aller Lebensmittel mit Vitaminen oder Mineralstoffen angereichert sei. Dies ist jedoch nicht korrekt. Lebensmittel in Deutschland sind nur zu einem geringen Teil entsprechend angereichert. Ihr Anteil betrug im Jahr 2010 über alle Warengruppen unter sechs Prozent.
Die Lebensmittelwirtschaft weist zudem die Unterstellung zurück, sie würde den Verbrauchern einreden, mit einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung sei der normale Vitamin- und Mineralstoffbedarf nicht zu decken. Dies ist ausdrücklich verboten, und darüber hinaus ist auf den Nahrungsergänzungsmitteln der Hinweis verpflichtend, dass die Produkte "nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollten".
Von niemandem wird in Abrede gestellt, dass eine ausreichende, regelmäßige Versorgung mit essenziellen Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen – sei es über herkömmliche/natürliche oder angereicherte Lebensmittel und/oder Nahrungsergänzungsmittel – wichtig und von Nutzen ist. Die positiven Wirkungen von Vitaminen und Mineralstoffen für die menschliche Gesundheit hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Übrigen in den vergangenen Jahren ausführlich geprüft und bestätigt. Die große Mehrheit der gut 200 gesundheitsbezogenen Angaben, auf deren Zulassung sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Dezember 2011 verständigt haben, betreffen Vitamine und Mineralstoffe.
In Bezug auf die Versorgungslage mit Vitaminen in Deutschland sei auf die Ergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie NVS II verwiesen. Der entsprechenden Publikation kann entnommen werden, dass sehr wohl Teile der Gesamtbevölkerung die von der DGE gesetzten Referenzwerte für die Zufuhr nicht erreichen, und dies selbst dann nicht, wenn die Aufnahme über Supplemente miteinbezogen wird. Dies betrifft nicht nur das Vitamin D, sondern insbesondere auch die Vitamine E, B1 , C und Folsäure (NVS II, Seite 280, Tab 69).
Selbstverständlich nehmen die Unternehmen, die im BLL organisiert sind, ihre Verantwortung für die Sicherheit der von ihnen produzierten Produkte ernst und berücksichtigen bei der Formulierung ihrer Nahrungsergänzungsmittel (NEM) wissenschaftlich anerkannte Daten und Sicherheitsaspekte. Daher sind legal im Markt gehandelte, angereicherte Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel sicher und auch bei langfristigem Verzehr nicht gesundheitsgefährdend.
Spiegel-Bericht "Die Vitaminlüge"
Das "Spiegel"-Magazin hat seine Ausgabe 3/2012 mit "Die Vitamin-Lüge" übertitelt. Im zugehörigen Bericht wird der Sinn von Vitamingaben angezweifelt. Vitaminpräparate werden als "Mittelchen" bezeichnet, die "nur denen nützen, die sie herstellen". Als Beweis für die Nutzlosigkeit und sogar Schädlichkeit von Vitamingaben wird z. B. die Betacarotin-Studie aus dem Jahr 1994 zitiert, bei der es unter Gabe von Betacarotin bei Rauchern zu einer Erhöhung der Gesamtsterblichkeit und einem Anstieg von Lungenkrebs gekommen war. Weiterhin werden Studien zitiert (unter anderem eine Veröffentlichung der Cochrane-Collaboration), die negative Effekte der Gabe von Vitamin A, Betacarotin und Vitamin E als Ergebnis hatten. Für Vitamin C und Selen heißt es, dass keine negativen, aber auch keine positiven Effekte beobachtet wurden.
Weiter heißt es im "Spiegel", dass eine Vitaminsupplementation ohnehin kaum notwendig sei. Zur Versorgungssituation in Deutschland wird der Präsident des Max-Rubner-Instituts, des Bundesinstituts für Ernährung und Lebensmittel, Gerhard Rechkemmer, zitiert. Nach seiner Aussage ist die deutsche Bevölkerung durch die normalen Lebensmittel sehr gut mit Vitaminen versorgt, Unterversorgung gebe es allein bei Vitamin D. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) habe zudem festgestellt, dass eine gute Vitamin-D-Versorgung bei älteren Menschen die Zahl von Stürzen und Knochenbrüchen verringern könne, und habe die Einnahme von Vitamin D empfohlen. Doch eine Studie an über 2000 Frauen über 70 Jahre habe belegt, fügt der Spiegel hinzu, dass hochdosiertes Vitamin D häufiger zu Knochenbrüchen führe. Auch Karl Lauterbach, der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, fehlt im Spiegel-Bericht nicht. Er fordert, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung müsse viel deutlicher als bisher vor den Vitaminpillen warnen. Er sei vom Nichtwissen bei Ärzten und Apothekern immer wieder schockiert.
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