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Arzneimittel und Therapie
Neuer Therapieansatz beim Basaliom
Basalzellkarzinome (Synonym Basaliome) zählen mit einer jährlichen Inzidenz von 0,1 bis 0,5% zu den häufigsten Hauttumoren; allein in Deutschland liegt die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen bei etwa 170.000. Basaliome sind in der Regel gut heilbar, können aber vereinzelt lokal fortschreiten oder metastasieren. Eine spezielle, seltene Form ist das Basalzellnävus- oder Gorlin-Syndrom, bei dem multiple Basaliome (mehrere hundert sind möglich) auftreten. Ferner besteht beim Basalzellnävus-Syndrom eine Assoziation mit weiteren Neoplasien wie dem Medulloblastom sowie Fibro- und Rhabdomyosarkomen. Da beim Basalzellnävus-Syndrom der Hedgehog-Signalweg (s. Kasten) aufgrund einer Mutation gestört und pathologisch aktiviert ist, liegt es nahe, diesen Signalweg zu unterdrücken. Dies ist mit Inhibitoren des Hedgehog-Signalwegs möglich. Ein Vertreter dieser Wirkstoffgruppe ist Vismodegib, das in den USA bereits zur Behandlung des metastasierten oder lokal fortgeschrittenen Basalzellkarzinoms zugelassen ist.
Der Hedgehog-SignalwegDer entwicklungsgeschichtlich früh angelegte Hedgehog-Signalweg spielt eine wichtige Rolle in der embryonalen Entwicklung einiger Organe wie der Haut, des Gehirns und der Lunge. Seine pathologische Aktivierung führt zu Fehlbildungen und kann bei Erwachsenen bestimmte Tumore wie etwa ein Basalzellkarzinom verursachen. Der Hedgehog-Signalweg kann vereinfacht folgendermaßen dargestellt werden: Durch Bindung des Hedgehog-Proteins an den Rezeptor Patched (PTCH 1) wird die Hemmung des Rezeptors aufgehoben. Es kommt zu einer Weiterleitung von Signalen, die letztendlich zu einer Zellproliferation führen. Es konnte gezeigt werden, dass der Hedgehog-Signalweg für die Pathogenese von Basalzellkarzinomen von entscheidender Bedeutung ist. Die meisten sporadisch auftretenden Basalzellkarzinome weisen Mutationen in diesem Signalweg auf. Der im adulten Gewebe normalerweise inaktive Signalweg wird durch die Mutation aktiviert, was zu einer erhöhten Genexpression und nachfolgender Zellproliferation führt. Für das autosomal dominante Gorlin-Goltz-Syndrom konnte eine Mutation im PTCH1-Gen nachgewiesen werden. Der Name Hedgehog (engl.: Igel) beruht auf dem igelartigen Erscheinungsbild von Fliegenlarven, bei denen eine Mutation in dem Gen für Hedgehog aufgetreten war. |
Der Hedgehog-Signalweg-Inhibitor Vismodegib
Das oral einzunehmende Vismodegib (Erivedge®, Roche) wurde im Januar 2012 von der FDA zur Behandlung Erwachsener zugelassen, die an einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen Basalzellkarzinom erkrankt waren. Des Weiteren kann Vismodegib bei Basaliom-Patienten eingesetzt werden, bei denen eine Kontraindikationen für eine Operation oder Bestrahlung besteht; ein entsprechendes Gesuch für die EU ist eingereicht. Die Zulassung basiert im Wesentlichen auf einer einarmigen Kohorten-Studie mit rund 100 Patienten, die täglich 150 Milligramm Vismodegib erhalten hatten. 96 Patienten hatten ein histologisch gesichertes Basalzellkarzinom, davon 33 ein metastasiertes und 63 ein lokal fortgeschrittenes. 30% der metastasierten und 43% der lokal fortgeschrittenen Basalzellkarzinome sprachen auf die Therapie an. Die mediane Ansprechdauer betrug 7,6 Monate. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren Muskelkrämpfe, Haarausfall, veränderte Geschmacksempfindung oder Verlust des Geschmackssinns, Gewichtsverlust und Fatigue.
Vismodegib beim Basalzellnävus-Syndrom
Die Wirksamkeit von Vismodegib beim Basaliom lässt vermuten, dass der Hedgehog-Signalweg-Inhibitor auch beim Basalzellnävus-Syndrom erfolgreich sein könnte. Diese Hypothese wurde in einer kleinen Phase-II-Studie untersucht. An dieser randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie nahmen 41 Patienten mit einem Basalzellnävus-Syndrom teil. Der primäre Studienendpunkt war die Inzidenz neu aufgetretener, chirurgisch zu entfernender Basalzellkarzinome nach einer dreimonatigen Therapie mit Vismodegib bzw. mit Placebo. Der sekundäre Studienendpunkt ermittelte die Größenabnahme bereits bestehender Basaliome.
Unter Vismodegib traten pro Jahr zwei, unter Placebo 29 neue Basaliome auf. Ferner wurden durch Vismodegib bereits bestehende Basaliome verkleinert. Bei einigen Patienten kam es zu einem vollständigen klinischen Regress; eine Tumorprogression wurde bei keinem der mit Vismodegib behandelten Patienten festgestellt. Das heißt, unter Vismodegib traten präventive und therapeutische Effekte auf. Allerdings beendete mehr als die Hälfte der Patienten die Studie vorzeitig aufgrund unerwünschter Wirkungen wie etwa Geschmacksstörungen, Muskelkrämpfen sowie Haar- und Gewichtsverlust.
Kommentar
Ein Kommentator befasst sich mit dem Einsatz von Vismodegib beim Basaliom und Basalzellnävus-Syndrom und bezeichnet die Entwicklung dieses Hedgehog-Signalweg-Inhibitors als einen großen Fortschritt, der allerdings mit Nebenwirkungen erkauft wird. Begleiterscheinungen wie Muskelkrämpfe, Geschmacksstörungen und Haarverlust sind Klasseneffekte, die auch nicht durch Molekülmodifikationen verringert werden können und die zu hohen Abbruchraten führen. Auf der Plusseite stehen die klinischen Effekte, die sich in einem Rückgang der Hauttumore und einer verbesserten Lebensqualität äußern. Weitere Studien müssen zeigen, ob modifizierte Therapieprotokolle das Nutzen-Risiko-Verhältnis verbessern und inwieweit eine Prävention möglich ist. Des Weiteren müssen Fragen einer möglichen Resistenzentwicklung geklärt werden.
QuelleTang J., et al.: Inhibiting the hedgehog pathway in patients with the basal-cell nevus syndrome. N Engl J Med 366, 2180 – 2188 (2012).Lear J.: Oral hedgehog-pathway inhibitors for basal-cell carcinoma. N Engl J Med 366, 2225 – 2226 (2012).Sekulic A., et al.: Efficacy and safety of vismodegib in advanced basal-cell carcinoma. N Engl J Med 366, 2171 – 2179 (2012).www.clinicaltrials.gov NCT00957229 (Zugriff am 1. August 2012)www.clinicaltrials.gov NCT0000833417 (Zugriff am 1. August 2012)www.enzyklopaedie-dermatologie.de
DAZ 2012, Nr. 34, S. 40
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