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Der Mega-Rabatt muss weg

Peter Ditzel

Die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, insbesondere die Leistung der Apotheken, gehört zu den Vorzeigebereichen des bundesdeutschen Gesundheitswesens. Sie ist perfekt geregelt, sie arbeitet so gut wie fehlerfrei, sie ist vollkommen transparent und das alles zu einem Preis, den man als äußerst preiswert bezeichnen kann. Die Zahlen sind bekannt: Von den rund 27,4 Milliarden Euro, die die Gesetzliche Krankenversicherung 2011 „für Arzneimittel“, wie es heißt, ausgegeben hat, gingen an die Apotheken nur rund 4,2 Milliarden Euro, also 15,4 Prozent. Und 4,37 Milliarden Euro von den GKV-Arzneimittelausgaben (16 Prozent) flossen an den Staat als Mehrwertsteuer – Zahlen, die nicht oft genug in der Öffentlichkeit kommuniziert werden können.

Für den Preis von 4,2 Milliarden Euro erhält die Gesellschaft eine wohnortnahe, flächendeckende Arzneimittelversorgung, logistisch reibungslos und fachlich professionell, ohne Voranmeldung, Tag und Nacht. Die fachlich und qualitativ auf höchstem Niveau ablaufende Versorgung ist zu einem günstigeren Preis zu haben als die Mehrwertsteuer, die für die distribuierten Waren zu entrichten ist. Und sie sichert 150.000 Arbeitsplätze, stärkt also das Sozialversicherungssystem und füllt die Steuertöpfe.

Betrachtet man die GKV-Gesamtausgaben, so beträgt der Anteil für das Apothekenhonorar lediglich 2,3 Prozent – er liegt damit weit hinter den Ausgaben für Krankenhäuser, Ärzte und Verwaltung. Dies muss deutlich in der Öffentlichkeit herausgestellt werden. Vor allem dann, wenn der Deutsche Apothekerverband an die Presse berichtet, dass die GKV-Ausgaben für Arzneimittel beispielsweise im Juni 2012 um 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen sind. Steigende Arzneimittelausgaben – ich möchte nicht wissen, wie viele Bürgerinnen und Bürger, aber auch Journalisten, die mit den Zusammenhängen nicht vertraut sind, dies gleichsetzen mit steigenden Ausgaben und Mehreinnahmen für die Apotheken. Vor diesem Hintergrund ist es sogar überlegenswert, ob der Apothekerverband die steigenden Arzneimittelausgaben überhaupt melden soll – die Arzneimittelpreise macht die Industrie, die Mehreinnahmen gehen an diese Branche – die Apotheke partizipiert von höheren Preisen seit der Honorarumstellung nur noch mit drei Prozent.

Eine perfekte Arzneimittelversorgung, die für 2,3 Prozent der GKV-Ausgaben zu haben ist – da müsste doch auch allen Politikern sowie der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung daran gelegen sein, dies aufrechtzuerhalten. Nach acht Jahren fordern die Apotheker nun eine moderate Anpassung von 600 Millionen. Sie geht bei einem Gesamtausgabenvolumen der GKV von etwa 180 Milliarden fast im Grundrauschen unter – und dennoch schreien die Kassen auf und beklagen horrende Ausgabenzuwächse, weil sie den Apotheken ein paar Cent mehr bezahlen sollen.

Und was ist von den Grußworten und Beteuerungen der Politiker aller Couleur zu halten, die in höchsten Tönen die Arbeit der Apotheken loben, aber nicht bereit sind, den Apotheken ein adäquates Einkommen zuzugestehen? Um so unverständlicher ist es, wenn Kassen wie die TK die Abschaffung der Praxisgebühr fordern. Immerhin bringt sie der GKV jährliche Einnahmen von zwei Milliarden Euro ein. Wie passt es da zusammen, dass man mal eben auf 2 Milliarden verzichten will und gleichzeitig der perfekten Arzneiversorgung eine dringende Anpassung von dagegen bescheidenen 600 Millionen verwehren will? Höchste Leistung zu geringsten Kosten – das funktioniert einfach nicht.

Vielleicht hätte man aber eine ganz andere Richtung einschlagen sollen. In der Kollegenschaft mehren sich derzeit die Stimmen, die es für besser gehalten hätten, statt einer Honorarerhöhung lieber die Abschaffung der Abschlagszahlung an die Kassen zu fordern: Der Kassenrabatt muss weg! Mit welcher Begründung müssen heute noch Apotheken den Krankenkassen einen Rabatt von 2,05 Euro einräumen in Zeiten, in denen auch die Apotheken beim Arzneimitteleinkauf kaum noch Rabatte erhalten, weder beim Direkteinkauf noch beim Großhandel? Warum soll heutzutage noch eine Apotheke von ihren 8,10 Euro den Kassen einen Mega-Rabatt von 25 Prozent gewähren? 25 Prozent – eine solche Rabattgewährung können sich die Apotheken einfach nicht mehr leisten.

Die Abschaffung des Kassenrabatts hätte zudem zur Folge gehabt, dass der Arzneimittelpreis – zumindest nach außen hin – nicht gestiegen wäre. Das Argument, dass die Apotheker mehr Geld wollen und sie dadurch die Arzneipreise in die Höhe treiben, wäre so in den Medien nicht gelaufen. Weg mit dem Mega-Rabatt – vermutlich ist es für diese Forderung zu spät, oder?


Peter Ditzel



DAZ 2012, Nr. 33, S. 3

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