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Fortbildung
Herzfrequenz wichtiger als Herzrhythmus
Meist klagen die Betroffenen über eher unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit und Schlafstörungen. Oft wird Vorhofflimmern von Palpitationen (Spüren des eigenen Herzschlags) begleitet. Vorhofflimmern kann unbemerkt (stumm), anfallsartig (paroxysmal, wenn es innerhalb von 48 Stunden bis sieben Tagen spontan endet), persistierend (wenn es über sieben Tage andauert und rhythmuserhaltend behandelt wird), dauerhaft persisitierend (über ein Jahr) oder permanent (es wird keine rhythmuserhaltende Therapie durchgeführt, sondern das Fortbestehen akzeptiert) sein.
Der wichtigste Risikofaktor, ein Vorhofflimmern zu erleiden, ist eine Hypertonie. Dabei besteht ein fast linearer Zusammenhang zwischen Blutdruck und Risiko. Weitere wichtige Risikofaktoren sind Übergewicht, eine Herzinsuffizienz, wobei das NYHA-Stadium mit dem Risiko korreliert, und das Auftreten von Schlafapnöen.
Hohes Risiko einer Thromboembolie
Im Vordergrund der Pharmakotherapie steht die Prävention von Thromboembolien, denn nach der Hypertonie ist Vorhofflimmern die zweithäufigste Ursache kardiovaskulärer Ereignisse und für 20 bis 30% aller Schlaganfälle verantwortlich. Dabei haben Patienten mit paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern das gleiche Schlaganfallrisiko. "Eigentlich haben alle außer Männern, die jünger als 65 Jahre sind, eine Indikation für eine orale Antikoagulation", brachte es Schuchert auf den Punkt. Dabei sei Acetylsalicylsäure ein ungeeigneter Wirkstoff. Wenn es mit Warfarin bzw. Phenprocoumon (Marcumar®) zu Problemen komme, solle auf eines der neuen oralen Antikoagulanzien Dabigatran, Rivaroxaban oder Apixaban ausgewichen werden.
Kontrolle der Herzfrequenz im Vordergrund
Bei der Behandlung des Vorhofflimmerns selbst stehe die Kontrolle der Herzfrequenz, die tagsüber oft bei über 100 Schlägen pro Minute liegt, heute im Vordergrund. Eine Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus verbessert dagegen die Prognose nicht. Zur Rhythmuskontrolle werden als Mittel der Wahl Betablocker eingesetzt, darüber hinaus finden Verapamil – welches wegen der Gefahr eines AV-Blocks nicht mit Betablockern kombiniert werden darf! – Digitalisglykoside und Amiodaron Anwendung.
Wiederherstellung des Herzrhythmus
Die Kardioversion, die Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus, wird in Deutschland meist elektrisch, also mithilfe eines kurzen Stromstoßes durchgeführt. Die medikamentöse Kardioversion mit Amiodaron, Flecainid oder Propafenon hat sich in Deutschland nicht durchgesetzt, da sie ein höheres Risiko, weitere Herzrhythmusstörungen auszulösen, zeigt.
Relativ neu zugelassen zur medikamentösen Kardioversion ist Vernakalant (Brinavess®), ein Antiarrhythmikum der Klassen I und III, das selektiv Kaliumkanäle des Vorhofs hemmt. Vernakalant hat in Studien bei 50 der Patienten innerhalb von 90 Minuten zu einer Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus geführt. Dabei treten relativ harmlose unerwünschte Wirkungen wie Geschmacksstörungen, Schwindel und Kopfschmerzen auf. Ein Problem stellt die stark blutdrucksenkende Wirkung dar, weshalb die Patienten während und nach der Infusion überwacht werden müssen.
Mit Dronedaron (Multaq®) steht seit Kurzem erstmals ein Antiarrhythmikum zum Erhalt des Sinusrhythmus nach Kardioversion zur Verfügung, das signifikant besser als Placebo wirkt. Dronedaron senkt die Zahl der Krankenhauseinweisungen, nicht aber die Mortalität. Allerdings traten bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern unter Dronedaron signifikant mehr kardiovaskuläre Ereignisse auf, weshalb eine große Studie (PHALLAS) gestoppt werden musste. Darüber hinaus besteht der Verdacht, dass Dronedaron schwere Leberschäden verursachen könnte.
Der Betablocker Sotalol ist wegen der Gefahr lebensbedrohlicher Torsade-de-pointes-Arrhythmien bei der Behandlung des Vorhofflimmerns obsolet.
wes
DAZ 2012, Nr. 24, S. 49
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