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Pharmaverbände: Ticagrelor kein Regelfall
Der Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa) hält die Freude über den positiven Ausgang der Verhandlungen zwar für berechtigt – allerdings könne man daraus keine Prognose für weitere Verfahren ableiten. Dieses erste Verfahren nach den Vorgaben des AMNOG sei in vielerlei Hinsicht untypisch gewesen. So hätten sich bei Ticagrelor "glücklicherweise" viele wesentliche Fragen zu patientenrelevanten Endpunkten – auch im Vergleich mit den bisherigen Standardtherapien – schon in den Phase-III-Studien klären lassen. Dies sei bei vielen anderen Medikamenten so nicht möglich. Etwa weil verhinderte Spätkomplikationen der behandelten Grunderkrankung für die abschließende Gesamtbewertung quantifiziert werden müssten, diese aber erst Jahre nach der Zulassung vorliegen können (z. B. Leberzirrhose als Folge einer Hepatitis C oder Erblindung als Folge von Diabetes). Auch gebe es für eine Krankheit mitunter so viele unterschiedliche Behandlungsoptionen, dass das neue Präparat nicht gegen alle diese schon vor der Zulassung "antreten" könne. Zudem sei nicht von jeder Innovation zu erwarten, dass sie die Vergleichstherapie für so viele Patienten übertreffe wie im Fall von Ticagrelor. Oftmals werde sie sich nur für bestimmte Teilpopulationen als überlegen erweisen – für die sie dann allerdings sehr wichtig seien, so der vfa. Das Resümee des Verbandes: Es ist eher die Regel als die Ausnahme, dass die frühe Nutzenbewertung zu einem Zeitpunkt geschieht, da nicht auf Grundlage weitgehend vollständiger nutzenrelevanter Daten entschieden werden kann. Dies dürfe aber nicht eine bessere Versorgung aushebeln.
BPI kritisiert Kassen-Macht
Die Kritik des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zielt in eine etwas andere Richtung. Zwar sieht sich der BPI angesichts der erfolgreichen ersten Preisverhandlungen in seiner Einschätzung bestätigt, dass die AMNOG-Regelungen funktionieren können – jedenfalls "wenn beide Seiten Augenmaß walten lassen". Sie seien jedoch zum Scheitern verurteilt, wenn der GKV-Spitzenverband seine "omnipotente Stellung" auszunutzen versuche. "Wir haben uns für faire Verhandlungslösungen ausgesprochen – aber für keine, bei der der Kapitän der gegnerischen Mannschaft gleichzeitig Schiedsrichter ist und in der Regelkommission sitzt", erklärte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Der GKV-Spitzenverband ist aus Sicht des Verbandes jedoch in einer solchen Position: Er verhandele nicht nur die Erstattungsbeträge, er habe auch die meisten Stimmen im Gemeinsamen Bundesausschuss, der über die Nutzenbewertungen beschließt. Zudem bestimme der Spitzenverband die Prüfaufträge des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit und sitze überdies in dessen Stiftungsrat.
Fahrenkamp räumt ein, dass im Fall von Ticagrelor alles gut gelaufen ist. Die Vertragsparteien hätten sich "offenbar mit dem nötigen Augenmaß geeinigt". Dies sei bisher jedoch ein Einzelfall. "Ob er zum Regelfall wird, bleibt abzuwarten – angesichts der Übermacht des GKV-Spitzenverbandes sind leider Zweifel angebracht", so Fahrenkamp. Diese Zweifel nährt der Fall Retigabin. Dieser mache deutlich, dass eine Ausnutzung der mächtigen Stellung des GKV-Spitzenverbands die Verhandlungen zum Scheitern bringe.
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