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Mehr zusammen arbeiten

Peter Ditzel

Ärzte haben den Wunsch, mehr untereinander zusammenzuarbeiten. Auf dem diesjährigen Ärztetag Ende Mai in Nürnberg diskutierten sie intensiv über kooperative Versorgungsstrukturen und ließen die Diskussionen in einen großen Entschließungsantrag einfließen. Dem Antrag stimmten die Delegierten mit großer Mehrheit zu. "Das System muss auf Synergien und Arbeitsteilung ausgerichtet werden", forderte Dr. Max Kaplan, Vizepräsident der Bundesärztekammer und Präsident der Bayerischen Landesärztekammer. Als Gründe dafür nannte er den demografischen Wandel und daraus abgeleitet einen erhöhten und geänderten Versorgungsbedarf. Außerdem stelle die junge Arztgeneration andere Ansprüche an ihre Work-Life-Balance. Da die Ressourcen begrenzt seien, müsse man darauf Rücksicht nehmen. Kaplan: "Wir müssen uns auf kooperative Strukturen ausrichten." Solche Kooperationen von Ärzten könnten viele Vorteile für die Ärzte und Ärztinnen bringen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt, beispielsweise mehr Berufszufriedenheit durch bessere Patientenversorgung und mehr Kollegialität, mehr Gestaltungsoptionen in einem größeren Team und eine bessere Wirtschaftlichkeit.

Die haus- und fachärztliche Versorgung werde zukünftig auch weiterhin in Einzelpraxen stattfinden, heißt es in dem Antrag auf dem Ärztetag, aber insgesamt werde das Spektrum möglicher Kooperations- und Berufsausübungsformen deutlich breiter und vielfältiger werden. Der Antrag nennt explizit Gemeinschaftspraxen, fachärztliche Satellitenpraxen, Ärztehäuser, Praxisnetze, Kooperationen von Ärzten mit Pflegekräften in Heimen oder mit ambulanten Pflegediensten und ambulanten Rehazentren. Ärzte wollen sich demnach auch in Richtung anderer Berufsgruppen öffnen. Sie suchen die Zusammenarbeit. Darin könnte Potenzial liegen, auch in Richtung Berufsgruppe Apotheker. Allerdings, Konkretes dazu suchte man auf dem Ärztetag noch vergeblich. Das Wortpaar Apotheke und Zusammenarbeit geschweige denn ABDA-KBV-Modell kamen nicht zur Sprache. Die Zusammenarbeit mit dem Heilberuf Apotheker gestaltet sich aus Ärztesicht sichtlich schwierig. Warum eigentlich? Welche Vorbehalte haben Ärzte gegenüber dem Apotheker? Fürchten Ärzte, dass sich Apotheker zu stark in therapeutische Fragen einmischen? Fühlen sich Ärzte durch eine Kooperation mit Apothekern zu stark kontrolliert? Haben Ärzte die Sorge, dass das Arzt-Patienten-Verhältnis gestört wird, wenn sich der Apotheker stärker in die Medikationsauswahl einbringt? Warum ist es für Ärzte so schwer, dem Apotheker die konkrete Arzneimittelauswahl zu übertragen? Oder spielen auch Honorierungsfragen, eine mögliche Aufteilung von Honoraren zwischen Apothekern und Ärzten eine Rolle, wie sie beim ABDA-KBV-Modell anklangen? Fragen über Fragen.

Vorteile von einer solchen Zusammenarbeit versprechen sich im Übrigen die Patienten. So waren bei einer aktuellen Umfrage des Instituts für Handelsforschung (IFH) insgesamt 80 Prozent der Befragten dafür, dass "meine Apotheke und meine Ärzte enger zusammenarbeiten, um Unsicherheiten und Gefahren der Arzneimitteltherapie vorzubeugen". 76% könnten sich beispielsweise vorstellen, "dass meine Apotheke sich in enger Abstimmung mit dem Arzt um die Rezeptverlängerung kümmert". Und 56 Prozent sprechen sich dafür aus, dass "der Apotheker die Werte von regelmäßigen Kontrollen für mich und meinen Arzt dokumentieren sollte".

Nachdem es mit der Umsetzung des ABDA-KBV-Modells klemmt, zeichnet sich jetzt ein erster Hoffnungsschimmer für die Umsetzung eines ähnlichen Modellprojekts nach dem Vorschlag der Krankenkasse AOKplus in Thüringen und Sachsen ab. Bestandteile des von der AOKplus gesteuerten Konzepts sind wie beim ABDA-KBV-Modell die Wirkstoffverordnung durch die Ärzte und das Arzneimittelmanagement durch die Apotheker. Allerdings will die AOKplus den auch im ABDA-KBV-Konzept vorgesehenen Medikationskatalog stringenter fassen. Und die Einschaltung einer Schiedsstelle in Streitfällen entfällt. Man lasse sich als AOKplus nicht auf ein mehrjähriges Modellvorhaben nach dem ABDA-KBV-Konzept ein, um erst anschließend den Erfolg zu evaluieren und sich dann möglicherweise über die Verteilung von Einsparungen vor der Schiedsstelle zu streiten, heißt es vonseiten der AOKplus. Immerhin, die Berufsvertretungen der Ärzte und Apotheker haben grünes Licht für dieses Modellprojekt gegeben. Man darf gespannt sein.

Einen Lösungsvorschlag, wie man die Zusammenarbeit langfristig gesehen verbessern könnte, gibt es schon lange: Im Studium könnte ein Teil des Weges gemeinsam gegangen werden. Es gibt Fächer, die für beide Heilberufe gemeinsam gelehrt werden könnten. Vielleicht würden sich dadurch Barrieren und Berührungsängste zwischen beiden erst gar nicht aufbauen. Das Aufeinander-Zugehen und das Zusammen-Arbeiten könnte Wirklichkeit werden. Was meinen Sie?


Peter Ditzel



DAZ 2012, Nr. 23, S. 3

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