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Arzneimittel und Therapie
Neue Alternative beim fortgeschrittenen Blasenkarzinom
Blasenkarzinome sind maligne Neubildungen der Harnblase. Sie werden nach ihrem mikroskopischen Erscheinungsbild in Urothelkarzinome, Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome und undifferenzierte Karzinome unterteilt. Eine grobe klinische Einteilung ist die Einteilung in oberflächliche Tumore oder muskelinvasive Tumore. Die muskelinvasiven Tumore werden zusätzlich unterteilt in organbegrenzte oder fortgeschrittene Tumore. Rund drei Viertel der Patienten weisen bei der Erstuntersuchung einen nicht-muskelinvasiven Tumor auf, bei einem Viertel ist der Tumor bereits in die Muskulatur eingewachsen oder hat auf andere Organe übergegriffen (invasiver Tumor).
Blasenkrebs
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Zur Therapie des muskelinvasiven Blasenkarzinoms, bei dem der Tumor bereits in den Blasenmuskel eingewachsen ist, stehen im Wesentlichen zwei Optionen zur Verfügung: Die radikale Zystektomie, das heißt die Entfernung der Harnblase, oder eine Bestrahlung. Die höchsten Fünf-Jahres-Überlebensraten werden nach der radikalen Zystektomie erzielt, wobei dieser Eingriff bei älteren Patienten oftmals nicht möglich ist. In einer englischen Studie wurde nun untersucht, ob durch eine Radio-Chemotherapie bessere Ergebnisse als durch eine alleinige Strahlentherapie erzielt werden können. An der multizentrischen Phase-III-Studie nahmen 360 Patienten teil, die an einem muskelinvasiven Blasenkarzinom erkrankt waren. Sie wurden zwei Gruppen zugeteilt und erhielten eine der folgenden Therapien:
Radiotherapie: 55 Gy in 20 Fraktionen während 4 Wochen oder 64 Gy in 32 Fraktionen während 6,5 Wochen (das teilnehmende Zentrum musste sich im Vorfeld auf eines dieser Bestrahlungsregime festlegen)
Radio-Chemotherapie: Mitomycin 12 mg/m2 Körperoberfläche an Tag 1 plus 5-Fluorouracil 500 mg/m² Körperoberfläche/Tag als Dauerinfusion während der Fraktion 1 bis 5 und 16 bis 20 eines Bestrahlungsregimes.
Der primäre Studienendpunkt war das krankheitsfreie Überleben. In sekundären Studienendpunkten wurden das Gesamtüberleben und die toxischen Effekte festgehalten.
Nach zwei Jahren waren 67% (95% Konfidenzintervall 59 bis 74) der Patienten, die eine Radio-Chemotherapie erhalten hatten und 54% (95% Konfidenzintervall 46 bis 62) der Erkrankten, die nur bestrahlt worden waren, tumorfrei. Nach knapp 70 Monaten betrug die Hazard ratio in der Radio-Chemotherapie-Gruppe 0,68 (95% Konfidenzintervall 0,48 bis 0,96; p = 0,03), das heißt, es lag eine Risikoreduktion um 32% vor.
Die Gesamtüberlebensraten lagen nach fünf Jahren bei 48% in der Radio-Chemotherapie-Gruppe und bei 35% in der Strahlentherapie-Gruppe (Hazard ratio 0,82; 95% Konfidenzintervall 0,63 bis 1,09; p = 0,16).
Während der Therapie lag die Rate an Grad-3- und Grad-4-Nebenwirkungen unter der Radio-Chemotherapie etwas höher als in der Radiotherapie-Gruppe (36% vs. 27,5%; p = 0,07). In der Folgezeit drehte sich dieses Verhältnis um (8,3% vs. 15,7%; p = 0,07).
Kommentar: Eine vielversprechende neue Alternative
Ein Kommentator sieht in dem kombinierten Therapieregime eine neue vielversprechende Möglichkeit zur Behandlung muskelinvasiver Blasenkarzinome, von der besonders ältere Patienten profitieren können, für die eine Radikaloperation oftmals mit großen Belastungen einhergeht. Da mit einer Radio-Chemotherapie ähnlich gute Ergebnisse wie durch eine Operation erzielt werden, steht nun eine organerhaltende Alternative zur Verfügung.
QuelleJames N., et al.: Radiotherapy with or without chemotherapy in muscle-invasive bladder cancer. New Engl J Med 366, 1477 – 1488 (2012).Shipley W., et al.: Old drugs, new purpose – bladder cancer turning a corner. New Engl J Med 366, 1540 – 1541 (2012).
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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