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Ernährungsmedizin
Arginin bei Atherosklerose
L-Arginin ist eine seit Langem bekannte Aminosäure. Sie wurde 1886 von den beiden Chemikern Schulze und Steiger isoliert und nachfolgend als weit verbreiteter Bestandteil von Proteinen identifiziert. Die Aufklärung ihrer Struktur gelang 1897. Mit ihren vier Stickstoffatomen ist L-Arginin die stickstoffreichste und aufgrund ihrer Guanidylgruppe die am stärksten basisch reagierende Aminosäure (siehe Abb. 1). Ihre physiologische Bedeutung wurde 1932 erkannt, als es den beiden deutschen Forschern Krebs und Henseleit gelang, den Arginin-abhängigen Prozess der Harnstoffsynthese aufzuklären. Ins Rampenlicht der Biomedizin rückte L-Arginin 1988. In diesem Jahr war es einer britischen Arbeitsgruppe um Richard Palmer gelungen, L-Arginin als Substrat der NO-Synthase zu identifizieren und damit das Geheimnis um die bis dato als "endothelium derived relaxing factor" bezeichnete Verbindung zu lüften. Diese Entdeckung sollte richtungsweisend werden und eine Vielzahl von Forschungsaktivitäten auslösen. Ihren vorläufigen Höhepunkt erlebte die Argininforschung im Jahr 1992, als die angesehene Fachzeitschrift "Science" NO zum Molekül des Jahres wählte [97] (siehe Tab. 1 ). Wenngleich die Funktion von L-Arginin als NO-Präkursor zu den interessantesten Eigenschaften der Aminosäure zählt, ist der Nährstoff für eine Vielzahl weiterer Stoffwechselbereiche von Bedeutung (siehe Kasten "Steckbrief L-Arginin").
Steckbrief "L-Arginin"
Funktionen und Ernährungsphysiologie von L-Arginin
[16; 24; 70 – 71; 87; 97; 111]
Funktionen. Neben seiner Funktion als Baustein körpereigener Proteine erfüllt L-Arginin eine Reihe spezifischer Funktionen (siehe Abb. 2):
Intermediat des Harnstoffzyklus, wo L-Arginin durch das Enzym Arginase (EC 3.5.31) in Ornithin und Harnstoff gespalten wird. Dadurch ist L-Arginin an der Detoxifikation und Ausscheidung von Ammoniak beteiligt.
Substrat der Polyaminbiosynthese. Polyamine (Putrescin, Spermin und Spermidin) sind an der Zellteilung beteiligt, stabilisieren Zellmembranen, modulieren neurophysiologische Prozesse und stimulieren die Proteinbiosynthese.
Substrat der Kreatinbiosynthese. Phosphoriliertes Kreatin (Kreatinphosphat) fungiert in Muskelzellen als kurzfristiger Energiespeicher und regeneriert das bei der Muskelkontraktion verbrauchte ATP.
Substrat der Prolinbiosynthese. Die Verfügbarkeit der proteinogenen Aminosäure L-Prolin ist insbesondere für die Kollagensynthese und damit für die Integrität des Bindegewebes und die Wundheilung von Relevanz.
Substrat der Agmatinsynthese. Durch Decarboxylierung von L-Arginin entsteht Agmatin, ein biogenes Amin. Ihm kommen neurophysiologische Funktionen zu.
Substrat der NO-Synthase. Die Familie der NO-Synthase umfasst drei Isoenzyme: zwei konstitutiv exprimierte Formen (cNOS) und ein Isoenzym vom induzierbaren Typ (iNOS). Nach ihrem primären Expressionsort wird zwischen einer neuronalen (nNOS), einer endothelialen (eNOS) und einer von Immunzellen wie Makrophagen (mNOS) synthetisierten Enzym-Variante differenziert. In Abhängigkeit vom Ort seiner Bildung entfaltet NO als Signalmolekül vielfältige Effekte: Induktion der Prostaglandinsynthese und Apoptose, Hemmung der Leukozytenmigration und Thrombocytenaggregation, Antiproliferation, Hormonfreisetzung, Neurotransmission, Regulation der Aktivität von Enzymen.
Endogene und exogene Quellen. Der Plasmaarginin-Pool wird aus drei Quellen gespeist: Alimentäre Zufuhr, Proteolyse körpereigener Proteine und De-novo-Synthese (siehe Abb. 2). Mit der Nahrung werden üblicherweise Argininmengen von 4 – 6 g/Tag aufgenommen. Da der Argininanteil der Nahrungsproteine zwischen 3und 15 % variiert, schwankt auch die tatsächliche Aufnahme in Abhängigkeit von den Ernährungsgewohnheiten. So liefern Kostformen mit einem hohen Anteil von Nüssen, Sojaprodukten und Fisch ungleich höhere Mengen L-Arginin als solche, die vornehmlich auf Getreide- und Milchprodukten basieren. Unter normalen Bedingungen stammt der Großteil des endogenen L-Arginins aus der Proteolyse von Körperproteinen; nur ein Anteil von 5 – 15 % wird über De-novo-Synthese bereitgestellt. Für die Biosynthese ist die Zusammenarbeit zwischen Intestinum und Niere, die sog. "intestinale-renale Achse", von zentraler Bedeutung: L-Glutamin wird in den Enterozyten über Zwischenschritte in L-Citrullin überführt, ins Blut abgegeben und von der Niere aufgenommen. Dort dient L-Arginin als Präkursor für Argininosuccinat, das durch Abspaltung von Fumarat weiter zu L-Arginin reagiert. L-Arginin gelangt dann in den systemischen Kreislauf und von dort weiter in die peripheren Gewebe.
Nutrikinetik. Freies oder aus der Proteolyse im Darmlumen freigesetztes L-Arginin wird von den Enterozyten rasch absorbiert. Verantwortlich hierfür ist das intestinale Transportsystem y+, das auch die Aufnahme anderer kationischer Aminosäuren vermittelt. Die Bioverfügbarkeit schwankt dosisabhängig zwischen 40 und 70 %; die Halbwertszeit von L-Arginin beträgt bei einer oralen Dosis von 6 g 1,5 bis 2 Stunden. Der mittlere Plasmaspiegel von L-Arginin variiert in Abhängigkeit vom Lebensalter und Geschlecht: Junge (∼ 82 µmol/l) versus ältere (∼ 114 µmol/l) Männer und junge (∼ 72 µmol/l) versus ältere (∼ 88 µmol/l) Frauen.
Einfluss von L-Arginin auf Endothelfunktion und Atherogenese – experimentelle Studien
Ausgehend von der Bedeutung des L-Arginin-NO-Stoffwechselwegs für die vaskuläre Homöostase wurde die Idee formuliert, L-Arginin zur Therapie atherosklerotischer Erkrankungen einzusetzen. Wegweisend hierfür waren Untersuchungen, die zu Beginn der 1990er Jahre von einer Arbeitsgruppe um John Cooke von der Stanford Universität durchgeführt wurden. Die Forscher zeigten im Tiermodell des cholesteringefütterten Kaninchens, dass ein Zusatz von L-Arginin zum Trinkwasser zu einer verbesserten endothelabhängigen Relaxation der Arterien führt. Parallel dazu bewirkte die Arginingabe eine Hemmung des atherogenen Prozesses (verminderte Proliferation der Intima) [34]. Zwischenzeitlich wurde eine Vielzahl ähnlicher Studien durchgeführt (siehe Tab. 2).
In der Summation ist die orale und/oder intravenöse Gabe von L-Arginin im Tiermodell mit folgenden vasoprotektiven Effekten assoziiert [97]:
- verbesserte endothelabhängige Relaxation der Gefäße
- verminderte Bildung atherosklerotischer Plaques
- weniger endotheliale Läsionen
- Reduktion der Intima- und Mediaproliferation
- Hemmung der Thrombozyten- und Monozytenadhäsion am Endothel
- Reduktion von vaskulärem oxidativem Stress.
Einfluss von L-Arginin auf Endothelfunktion und Atherogenese – klinische Studienergebnisse
Für die Praxis von besonderem Interesse ist die Frage, inwieweit die positiven tierexperimentellen Studienergebnisse auf Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen übertragbar sind. Zu diesem Zweck wurden Anfang der 1990er Jahre die ersten Interventionsstudien mit intravenöser Gabe von L-Arginin durchgeführt. So konnten Drexler et al. [37] erstmalig bei Personen mit Hypercholesterolämie zeigen, dass die intrakoronare Infusion von L-Arginin die endothelabhängige Vasodilatation verbessert. Bis heute wurden über 20 Studien mit intravenöser Gabe von L-Arginin durchgeführt. Die Effekte auf die Gefäßfunktion fielen überwiegend positiv aus, variierten jedoch in Abhängigkeit vom Patientenkollektiv und der eingesetzten L-Arginin-Dosis. Besonders ermutigend waren die Befunde bei Patienten mit Hypercholesterolämie und koronarer Herzerkrankung [14].
Nachfolgend wurden Interventionsstudien mit oral verabreichtem L-Arginin durchgeführt. Eingeschlossen in die Untersuchungen wurden unterschiedliche Patientenkollektive, darunter Patienten mit Hypercholesterolämie, koronarer Herzkrankheit, chronischer Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus und Bluthochdruck.
Wie Tabelle 3 zeigt, unterscheiden sich die Untersuchungen nicht nur bezüglich der Studienpopulation. Auch kamen bei den Interventionsstudien variierende Dosen L-Arginin (3 - 21 g/Tag) über unterschiedliche Zeiträume (wenige Tage bis mehrere Monate) zum Einsatz. Aufgrund dieser methodischen Heterogenität kann es nicht verwundern, dass die Studienergebnisse weniger homogen ausfielen, als dies bei den tierexperimentellen Untersuchungen der Fall war (kritische Übersicht bei [25]). Jedoch belegt auch hier die Mehrzahl der Interventionsstudien die vasoprotektive Wirkung einer Gabe von L-Arginin [14]. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang der klinische Effekt, wie er in einigen Studien bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung [12; 29; 67] und peripher-arterieller Verschlusskrankheit [68] zu beobachten war: Verbesserung der körperlichen Belastungstoleranz (Gehzeit und Gehstrecke) und der Lebensqualität.
Unterstrichen werden diese Befunde durch eine jüngere Metaanalyse. Eingeschlossen in die Auswertung wurden 12 RCTs mit insgesamt 492 Teilnehmern. Bei der gepoolten Analyse der Daten ergab sich ein deutlicher Nutzen der L-Arginin-Gabe: Bemessen an der Fluss-vermittelten Dilatation verbesserte oral verabreichtes L-Arginin die Gefäßfunktion (gewichtete mittlere Differenz: 1,98 %; 95 % CI: 0,47 – 3,48; p = 0,01). In der Subgruppenanalyse zeigte sich, dass der Effekt von L-Arginin abhängig vom Ausmaß der Endotheldysfunktion ist: Je ausgeprägter die Störung des Endothels, desto stärker der Effekt von L-Arginin [10].
Antiatherogener Wirkmechanismus und das L-Arginin-Paradoxon
Die akute und chronische Gabe von L-Arginin entfaltet eine Vielzahl vaskulärer Effekte (siehe Abbildung 3). Entsprechend wurden die positiven Wirkungen einer Arginin-Supplementierung auf mehrere Wirkmechanismen zurückgeführt. In Abhängigkeit von der eingesetzten Dosis lassen sich drei Wirkebenen identifizieren [46; 24; 97]:
Auslösung einer über Veränderung der osmotischen Verhältnisse und des pH-Wert-Milieus vermittelten unspezifischen Gefäßdilatation. Dieser Effekt ist NO-unabhängig, setzt sehr hohe Arginin-Plasmakonzentrationen (im Bereich von 10.000 µmol/l) voraus und ist nur bei intravenöser Applikation von L-Arginin zu beobachten.
Indirekte Vasodilatation über IGF-1-vermittelte Stimulierung der NO-Synthase. Intravenös verabreichtes L-Arginin ist ein bekannter endokrin-sekretorischer Stimulus und verstärkt u. a. die Ausschüttung von Insulin und Wachstumshormon. Beide Hormone fördern in der Leber die Bildung und Ausschüttung von IGF-1 (Insuline Like Growth Factor 1). Über den Blutweg gelangt IGF-1 zu den Endothelzellen, wo es über hochaffine Rezeptoren gebunden wird, die NO-Synthese stimuliert und auf diesem Weg vasodilatatorisch wirkt. Auch dieser Wirkmechanismus setzt supraphysiologische Blutkonzentrationen von L-Arginin (im Bereich von 1000 µmol/l) voraus.
Vermehrte lokale Bereitstellung von L-Arginin für die NO-Synthese und Normalisierung des gestörten L-Arginin-NO-Stoffwechselwegs. Dieser Mechanismus wird für die günstigen vaskulären Effekte einer oralen Gabe von L-Arginin verantwortlich gemacht. Die Plasmakonzentration von L-Arginin bewegt sich dabei im physiologischen Bereich von 100µmol/l. Aus enzymkinetischer Sicht erscheint dieser Wirkmechanismus jedoch wenig plausibel zu sein: Die Konzentration von L-Arginin innerhalb der Endothelzellen liegt im millimolaren Bereich (1 – 2 mmol/l), während das Enzym eNOS bereits bei einer Argininkonzentration von ~ 3 µmol/l mit halbmaximaler Geschwindigkeit (Km-Wert: 2,9 µmol/l) arbeitet. Daraus folgt, dass die eNOS bereits unter physiologischen Bedingungen substratgesättigt ist, so dass eine Erhöhung des L-Arginin-Angebots nicht mit einer Steigerung der NO-Aktivität verbunden sein sollte. Dennoch belegen Tier- und Humanstudien, dass oral verabreichtes L-Arginin die NO-Bildung stimuliert. Die Diskrepanz zwischen biochemischer Erwartung und experimentell-klinischer Evidenz wird daher als "Arginin-Paradoxon" bezeichnet [23; 99; 69; 103].
Relativer L-Arginin-Mangel und ADMA-Connection – die Lösung des Arginin-Paradoxons?
Zur Lösung des Arginin-Paradoxons wurden mehrere Erklärungsversuche unternommen, wobei zwei Ansätze besonders vielversprechend sind:
• Arginase-Hypothese: Arginase spaltet L-Arginin in Ornithin und Harnstoff (siehe Abb. 2). Die intrazelluläre Verfügbarkeit von L-Arginin wird daher maßgeblich von der Aktivität und Menge dieses Enzyms bestimmt. In Endothelzellen wird Arginase konstitutiv exprimiert. Dadurch nimmt das Enzym in maßgeblicher Weise Einfluss auf die Arginin-abhängige Bildung von NO. Kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, oxLDL und hohe Glukosespiegel steigern die Arginase-Expression. Auf diese Weise könnte ein lokales Arginindefizit entstehen, mit der Folge, dass die NO-Bildung abnimmt [71]. Durch Gabe von L-Arginin wird diesem lokalen Argininmangel entgegengewirkt.
• ADMA-Hypothese: ADMA (asymmetrisches Dimethylarginin; Nω, Nω-Dimethyl-L-Arginin) ist ein an der Guanidino-Gruppe zweifach methyliertes L-Arginin-Derivat (siehe Abb. 4). Die Bildung von ADMA findet auch unter physiologischen Bedingungen statt. Der Syntheseprozess gliedert sich in zwei Reaktionsschritte: (1) Methylierung von proteingebundenen L-Argininresten (verantwortliche Enzyme: Protein-Arginin-Methyltransferasen; PRMTs) und (2) Proteolyse der methylierten Proteine unter Freisetzung von ADMA. Normalerweise wird ein Großteil des intrazellulär gebildeten ADMAs (etwa 85%) rasch durch Dimethylarginin-Dimethylaminohydrolasen (DDAHs) abgebaut. Auf diese Weise wird die intrazelluläre Konzentration von ADMA in engen Grenzen gehalten. Die ausbalancierte Feinregulation des NO-Systems ist damit gewährleistet [76; 4]. Unter pathophysiologischen Bedingungen jedoch ist eine Akkumulation von ADMA zu beobachten. So weisen Patienten mit Hypercholesterolämie, Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2 und peripherer arterieller Verschlusskrankheit 2- bis 4-fach höhere ADMA-Plasmaspiegel auf als gesunde Personen. Da der ADMA-Spiegel in engem Zusammenhang mit der Funktion des Endothels steht (je höher die ADMA-Konzentration, desto ausgeprägter die Endotheldysfunktion), gilt ADMA als neuer kardiovaskulärer Risikofaktor [21; 95].
Die proatherogene Wirkung von ADMA beruht auf drei Mechanismen [24 – 25; 46; 102]:
(1) Hemmung der eNOS-Aktivität durch Verdrängung von L-Arginin und einem dadurch induzierten lokalen Mangel von L-Arginin am aktiven Enzymzentrum. Folge: NO-Bildung nimmt ab.
(2) Kompetitive Inhibition des für die zelluläre Aufnahme von L-Arginin verantwortlichen Transportsystems y+. Folge: intrazelluläres Arginindefizit trotz normaler Plasmakonzentrationen.
(3) Entkopplung der eNOS durch verminderte, lokale Verfügbarkeit von L-Arginin. In Abwesenheit von L-Arginin bildet das Enzym anstelle von NO Superoxidradikale (O2-) (siehe Abb. 5). Dieser Effekt ist in doppelter Hinsicht von Nachteil. Zum einen reagiert O2- mit NO unter Bildung von Peroxynitrit, einer in hohen Konzentrationen endotheltoxischen Verbindung. Zum anderen wird Tetrahydrobiopterin (BH4), der Cofaktor der NO-Synthase, zum inaktiven BH2 oxidiert. Dadurch nimmt die NO-Aktivität weiter ab [42].
Der negative Effekt erhöhter ADMA-Werte auf die Gefäßgesundheit lässt sich in der Summation wie folgt zusammenfassen: Induktion eines lokalen, relativen L-Arginindefizits und einer dadurch pathologisch verminderten NO-Synthese. Ein vermehrtes L-Argininangebot, wie es über die gezielte Supplementierung der Aminosäure bereitgestellt wird, vermag dieses Defizit auszugleichen. Der erhöhte ADMA-Arginin-Quotient sinkt, mit der Folge, dass der NO-Synthase wieder ausreichend Substrat für eine geregelte NO-Bildung zur Verfügung steht (Abb. 6).
Fazit und Empfehlungen für die Praxis
Eine Störung der Endothelfunktion gilt heute als Initialschritt der Atherogenese. Im Mittelpunkt des pathophysiologischen Geschehens stehen vaskulärer oxidativer Stress, eine Störung des NO-Stoffwechsels und lokale Inflammation. Nutritive Maßnahmen zielen deshalb darauf ab, das gestörte vaskuläre NO-Redoxverhältnis zu normalisieren. Dabei ist die Aminosäure L-Arginin, das Substrat der endothelialen NO-Synthase, auf vermehrtes Interesse gestoßen. L-Arginin entfaltet eine Vielzahl vasoprotektiver Effekte, u. a. Hemmung der Thrombozytenaggregation und Monozytenadhäsion sowie die Verbesserung der Endothelfunktion.
Für die Praxis lässt sich zusammenfassend festhalten [25; 102; 97]:
Die Wirkung einer oralen Gabe von L-Arginin ist dosisabhängig und variiert in Abhängigkeit vom Erkrankungsbild. Um positive Effekte auf die Endothelfunktion zu erzielen, ist eine tägliche Zufuhr von ≥ 6 – 8 g L-Arginin erforderlich. Diese Menge muss zusätzlich zur normalen Nahrung aufgenommen werden.
Von einer Arginin-Supplementierung profitieren offenbar nur solche Patienten, die eine ausgeprägte Endotheldysfunktion bzw. eine Störung des L-Arginin-NO-Stoffwechselwegs aufweisen. Dazu zählen Personen, die ein absolutes (Patienten unter Hämodialyse) oder relatives (Patienten mit erhöhten ADMA-Spiegeln und/oder verstärkter endothelialer Arginase-Aktivität) Arginin-Defizit aufweisen.
Der Einsatz von Arginin-Supplementen scheint insbesondere in der Frühphase der Atherosklerose sinnvoll zu sein. Hierdurch lassen sich funktionelle Störungen mindern.
Unter toxikologischen Aspekten bedeutsam ist, dass oral verabreichtes L-Arginin für gewöhnlich sehr gut toleriert wird; selbst Dosen von bis zu 20 g/Tag gelten langfristig als sicher [93]. Nur vereinzelt bzw. bei höheren (Einmal-)Dosen treten unerwünschte Begleiteffekte wie gastrointestinale Beschwerden (Diarrhoe, Übelkeit) und – bedingt durch die vasodilatierende Wirkung von L-Arginin – Kopfschmerzen und Hitzegefühl auf [102]. Probleme bereitet mitunter der bittere Geschmack der Arginin-Zubereitungen. Um dieses Problem zu umgehen, bietet sich der Einsatz galenisch aufbereiteter Argininpräparate an. In Deutschland stehen dafür u. a. spezielle, als ergänzende bilanzierte Diät erhältliche Zubereitungen zur Verfügung. Ihre Verwendung sollte jedoch nur auf ärztliche Anweisung und unter entsprechender Kontrolle erfolgen.
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Autoren
Dr. Alexander Ströhle
Prof. Dr. Andreas Hahn
Institut für Lebensmittelwissenschaft und Humanernährung,
Leibniz Universität Hannover
Korrespondenzadresse
Dr. Alexander Ströhle
Leibniz Universität Hannover
Institut für Lebensmittelwissenschaft und Humanernährung
Am Kleinen Felde 30
30167 Hannover
E-Mail: stroehle@nutrition.uni-hannover.de
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