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Rx-Boni: Jeder Preisnachlass ist spürbar
Der Apotheker hatte für sein Bonusmodell in diversen Flyern und lokalen Zeitungsanzeigen geworben: Pro Rezept wurden den Kunden bis zu drei Taler versprochen, im Gegenwert zwischen je 30 und 40 Cent. Die Taler konnten in rund 60 Partnergeschäften eingelöst werden. Beispielsweise erhielten Kunden für einen Taler eine Kugel Eis in einem Eiscafe, für vier Taler gab es dort einen Cappuccino. Weil der Apotheker der Aufforderung der Bayerischen Landesapothekerkammer, auf sein Modell sofort zu verzichten, zunächst nicht nachkam, landete der Streit vor dem Berufsgericht.
Die Abgabe von Bonustalern bei der Einlösung von Rezepten verstößt gegen das Arzneimittelpreisrecht – so viel ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs klar. Doch in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren vor einem Zivilgericht würde dieser Verstoß unterhalb der Spürbarkeitsschwelle liegen und damit nicht geahndet werden. Im berufsgerichtlichen Verfahren gibt es für diese Art der Boni-Werbung noch keine gefestigte Rechtsprechung.
Verstoß gegen die Berufsordnung
Das mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei Apothekerinnen als ehrenamtlichen Richterinnen besetzte Gericht für Heilberufe am Landgericht München hatte im vorliegenden Fall kein Nachsehen mit dem Apotheker. Es sieht in der Abgabe der Taler sowie der Werbung hierfür einen Verstoß gegen die Berufsordnung, da der Beschuldigte die für ihn geltenden gesetzlichen Regelungen nicht beachtet habe. Zudem habe er sich in unzulässiger Weise Wettbewerbsvorteile verschafft. Zu den umgangenen Regelungen zählt das Gericht insbesondere die Arzneimittelpreisverordnung. Diese werde durch den Beschuldigten "ganz bewusst unterlaufen" – und das nur im wirtschaftlichen Interesse, da er "möglichst viele Kunden in seine Apotheken ziehen will, um Umsatz zu tätigen". Doch die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 Apothekengesetz) zum Betrieb einer Apotheke beinhalte "selbstverständlich" auch, dass der Apotheker keine Mittel und Wege suche, die gesetzlich normierte Preisbindung auszuhebeln, zu umgehen oder sonst zu missachten. Allein schon die Umgehung des Arzneimittelpreisrechts stelle einen Verstoß gegen das Standesrecht dar.
Verstoß gegen das Zuwendungsverbot
Das Gericht bejahte außerdem einen Verstoß gegen das Zuwendungsverbot des Heilmittelwerberechts (§ 7 HWG). Die Frage der Geringwertigkeit – und damit der Zulässigkeit der Zuwendung – stelle sich im vorliegenden Fall nicht. "Im Grunde genommen handelt es sich bei der Abgabe der Taler um einen versteckten Barrabatt, der nach den Bestimmungen des HWG bei Arzneimitteln, die der Arzneimittelpreisverordnung unterliegen, schlichtweg verboten ist."
Verstoß gegen Standespflichten
Darüber hinaus nimmt das Berufsgericht einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß an. Bezug nehmend auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 28. Oktober 2010, Az.: 6 U 2657/09) stellen die Richter klar, dass "die Wettbewerbswidrigkeit eines Verstoßes gegen § 78 AMG nicht von der Höhe eines Preisnachlasses abhängt". Die Spürbarkeitsgrenze des Wettbewerbsrechts gelte für den gesamten wirtschaftlichen Verkehr. Hier gehe es jedoch um einen Apotheker, dessen Tätigkeit gesetzlich geregelt ist. Damit sei jedes Abweichen vom Preis für preisgebundene Arzneimittel für andere Apotheker, die rezeptpflichtige Arzneimittel abgeben, "spürbar". Sein Verhalten verstoße daher gegen Standespflichten.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig – die Rechtsmittelfrist läuft noch. Das Berufsgericht für die Heilberufe am Landgericht Nürnberg-Fürth hatte kürzlich auch die Rezeptprämie der easyApotheken (bis zu drei Euro pro Rezept) für berufsrechtswidrig erklärt. Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt.
Das Urteil im WebDas Urteil im Volltext finden Sie hier. |
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