DAZ aktuell

ABDA sieht weiteren Regelungsbedarf bei AMG-Novelle

Pick-up-Problematik nach wie vor ungeklärt

BERLIN (ks). Am 10. Januar fand im Bundesgesundheitsministerium in Bonn eine Anhörung der Verbände zum Referentenentwurf für das "Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" statt. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – ABDA – zeigte sich im Vorfeld grundsätzlich zufrieden mit dem Entwurf. Das hindert sie aber nicht daran, noch weiteren Regelungsbedarf anzumelden, etwa im Hinblick auf die nach wie vor ungeklärte Pick-up-Problematik. Zudem fordert die ABDA eine Überarbeitung der Bundes apothekerordnung.
Garant für Sicherheit im Arzneimittelverkehr und Schnittstelle zum Patienten. Als solcher soll die Apotheke nach dem Willen der ABDA von der Politik verstanden werden.
Foto: DAZ/Schelbert

Die vorgesehenen Änderungen im Arzneimittelrecht sind insbesondere eine Folge europäischer Vorgaben. So müssen die EU-Richtlinien zur Pharmakovigilanz und Arzneimittelfälschungen in nationales Recht umgesetzt werden – Erstere muss bereits im Sommer 2012 implementiert sein. Auch auf dem Gebiet der Heilmittelwerbung plant der deutsche Gesetzgeber Anpassungen an die EU-Rechtsprechung. Darüber hinaus wird sich das Gesetzgebungsverfahren anbieten, eine Reihe weiterer Regelungen im "Omnibusverfahren" aufzusatteln.

Die ABDA begrüßt die nun angestoßene Fortentwicklung. "Wir regen allerdings dringend an, die Expertise und Erfahrung der Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe in diesem Bereich noch stärker einzubeziehen", heißt es in einer Zusammenfassung ihrer Stellungnahme.

Keine Boni für ausländische Versandapotheken

Auf Zuspruch trifft insbesondere der Plan der christlich-liberalen Regierungskoalition, die Geltung der Arzneimittelpreisvorschriften ausdrücklich auch auf Anbieter zu erstrecken, die ihren Sitz im Ausland haben. Damit wären die Rezept-Boni-Lockangebote von DocMorris, Europa Apotheek & Co. tabu. Eigentlich liegt die Frage, ob schon die jetzige Gesetzeslage diese Bindung an das deutsche Preisrecht hergibt, derzeit dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe zur Entscheidung vor. Nun wird sich zeigen, ob die Richter diese Entscheidung weiter aufschieben und eine Klarstellung des Gesetzgebers abwarten.

Doch die ABDA sieht in puncto Versandhandel noch weiteren Regelungsbedarf im Rahmen der AMG-Novelle: insbesondere im Hinblick auf seine unerwünschten Ausprägungen, die Pick-up-Stellen. Dass dieses Problem allein im Zuge der anstehenden Novellierung der Apothekenbetriebsordnung gelöst wird, ist kaum wahrscheinlich. Den Vertriebsweg der wohnortnahen Apotheke zu stärken, ist für die ABDA in ihrer Stellungnahme erklärtermaßen der übergeordnete Maßstab.

Überarbeitung des Berufsbildes

Weiterhin ist aus Sicht der apothekerlichen Standesvertretung eine Überarbeitung des Berufsbildes des Apothekers in der Bundesapothekerordnung "dringend erforderlich". Auch sei es "unverzichtbar, die Apotheke als Garant für Sicherheit im Arzneimittelverkehr und Schnittstelle zum Patienten durch arzneimittelrechtliche und andere Vorschriften zu stärken", so die ABDA. Dabei sei die generelle Apothekenpflicht für Arzneimittel "ein zentrales ordnungspolitisches Instrument, um den Patienten flächendeckend vor Risiken im Umgang mit Arzneimitteln zu bewahren".

Pharmaverbände begrüßen HWG-Lockerungen

Auch die Pharmaverbände sehen im Referentenentwurf eine Reihe positiver Ansätze. So begrüßt etwa der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ausdrücklich die vorgesehenen Lockerungen im Heilmittelwerbegesetz (HWG). Unter anderem soll das HWG künftig nicht anwendbar sein, wenn es um bereits behördlich autorisierte Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel geht, die im Internet bereitgestellt oder auf Anforderung weitergegeben werden (Packungsbeilagen). Auch sollen Verkaufskataloge und Preislisten für Arzneimittel ausdrücklich vom Anwendungsbereich des HWG ausgenommen werden. Das Werbeverbot für Arzneimittel gegen Schlaflosigkeit und die Beeinflussung der Stimmungslage soll mangels Entsprechung im Gemeinschaftskodex aufgehoben werden. Die Werbung mit der Wiedergabe von Krankengeschichten, der bildlichen Darstellung oder Bezugnahme auf Äußerungen Dritter soll nur dann verboten sein, wenn diese in "missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise" erfolgt. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) regt an, die Werbevorschriften noch weiter zu liberalisieren. So sollte etwa bei Werbeblöcken zu Arzneimitteln im Fernsehen der verpflichtende Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" nur noch einmal am Ende des Werbeblockes erscheinen müssen. Die Verbraucher würden bei mehreren sich wiederholenden Einblendungen den Pflichttext nicht mehr mit der gebotenen Aufmerksamkeit und Sorgfalt zur Kenntnis nehmen, argumentiert der BPI.

Darüber hinaus machen die Verbände der pharmazeutischen Industrie in ihren Stellungnahmen zahlreiche Vorschläge für Änderungen und Ergänzungen an den verschiedensten Stellen des Gesetzentwurfs. Diese betreffen auch die Umsetzung der EU-Richtlinien.

GKV: Apothekenabschlag auf 2,30 Euro festschreiben

Ideen für weitergehende Regelungen hat auch der GKV-Spitzenverband. Er will § 130 SGB V angehen, die Norm in dem der Apothekenrabatt geregelt ist. Die Kassen wünschen sich, dass der Gesetzgeber den Abschlag auf verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel ab dem 1. Januar 2013 auf 2,30 Euro je Arzneimittel festlegt. Die Sätze zwei und drei des § 130 Abs. 1 SGB V, die eine Anpassung des Abschlags durch die Rahmenvertragspartner vorsehen, will die GKV gestrichen wissen. Zur Begründung heißt es, der Apothekenabschlag entspreche einem "Großkundenrabatt" für die GKV. Er sei der Höhe nach konkret und dauerhaft festzulegen. Anpassungen des Rabatts durch Verhandlungen zwischen Deutschem Apothekerverband und GKV-Spitzenverband sind aus Sicht der Kassen rechtssystematisch nicht sachgerecht. So sei die Apothekenhonorierung grundsätzlich in der Arzneimittelpreisverordnung geregelt, die nach ihrer gesetzlichen Funktion einheitliche Verbraucherpreise sicherstelle. Diese Rechtsverordnung erlasse das Bundeswirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsministerium. Dazu passe es nicht, die Rahmenvertragspartner parallel damit zu beauftragen, die Vergütung für Apotheken nach deren wirtschaftlichen Entwicklung über den (Um-) Weg der Anpassung des Apothekenabschlages nach § 130 SGB V zu justieren, heißt es in der Stellungnahme. Zudem enthalte der bisher den Vertragspartnern zugewiesene Auftrag zur Anpassung des Apothekenabschlages einen "grundlegenden, nicht auflösbaren Interessenkonflikt der Vertragsparteien, der regelmäßig in Schiedsverfahren und rechtliche Auseinandersetzungen geführt hat". Diese Konfliktkonstellation werde sich 2013 erneut stellen. "Auch dieser Handlungsbedarf spricht im Sinne einer Deregulierung für die Aufhebung der bisherigen Anpassungsvorschrift".

Es ist nicht der erste Versuch des GKV-Spitzenverbandes den Apothekenabschlag in dieser Höhe festzuschreiben. Auch im Gesetzgebungsverfahren für das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz hatten die Kassen hiefür gestritten – bekanntlich erfolglos. Man darf gespannt sein, welche Regelungen und Nachjustierungen letztlich in die AMG-Novelle Eingang finden werden.



DAZ 2012, Nr. 2, S. 19

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