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Stolz, ein Apotheker zu sein
Apothekenketten, Apothekenkooperationen, Konkurrenz durch Drogerien, Supermärkte mit Medizinalprodukten, starker Druck auf die Arzneimittelpreise und Margen, Versandhandel mit Rx und vor allem ein weitläufiges Dispensierrecht der Ärzte – mit diesem Szenario, das für eine Apothekenentwicklung nicht besonders förderlich erscheint, müssen sich die Apothekerinnen und Apotheker in der Schweiz bereits seit vielen Jahren arrangieren. Derzeit versuchen Arzneiversender dort auch OTC-Arzneimittel auf dem Versandweg zu vertreiben, obwohl dies im Alpenstaat verboten ist.
Der Präsident des Schweizer Apothekerverbands, Dominique Jordan, berichtete auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands in Potsdam von einem Problemkatalog, mit dem die Apothekerinnen und Apotheker in der Schweiz seit Jahren kämpfen müssen. In den 90er Jahren führten diese Belastungen zu einer Identitätskrise des Apothekerberufs in der Schweiz. Es waren Zeitungsüberschriften zu lesen wie: "Brauchen wir noch Apotheker?" Es wurde damals viel darüber diskutiert, ob der Apotheker Händler oder Mitglied eines Medizinalberufs ist. Es kamen sogar Fragen auf, wie: "Ist eine akademische Ausbildung für den Apotheker noch angebracht?"
Mit Vehemenz vertraten die Schweizer Apothekerinnen und Apotheker damals vor der Politik ihre Doppelrolle. Sie bekannten sich dazu, Heilberuf und Kaufmann zu sein und dies vereinbaren zu wollen, worauf hin die Politik den Apothekern auftrug, nicht nur allein am Arzneimittelpreis zu verdienen, sondern ein Honorarsystem für Dienstleistungen einzuführen. Die Apotheker entwickelten daraufhin das heute gültige Preisbildungssystem für verschreibungspflichtige Arzneimittel. In diesem System wird der Apotheker honoriert für Fachleistungen wie Patientenberatung und Rezeptprüfung und für Distributionsleistungen, zu denen die Kapitalkosten, die Personal- und Infrastrukturkosten gehören. Im Tarifvertrag für den Apotheker wird zudem der Taxpunktwert (TP) geregelt. Für besondere Dienstleistungen am Patienten kann er danach gemäß den Taxpunktwerten ein zusätzliches Honorar erwarten. Ein Arzneimittelcheck bringen ihm beispielsweise 4 TP, wobei ein TP derzeit einen Gegenwert von 0,90 Euro inklusive Mehrwertsteuer hat. Der Notfalldienst außerhalb der Öffnungszeiten wird mit 12 TP vergütet, die Einnahmekontrolle mit 10 TP und für einen Polymedikations-Check kann er sogar 45 TP ansetzen.
Wie Jordan ausführte, erbrachten die Apotheker viele dieser Dienstleistungen bereits früher, solche Leistungen waren selbstverständlich, aber sie wurden nicht honoriert. Erst mit der Umstellung auf die neue Honorarstruktur werden diese Tätigkeiten nun als Dienstleistung wahrgenommen und vergütet. Es war viel Überzeugungsarbeit nötig, bis die Apothekerinnen und Apotheker dazu übergingen, ihre Dienstleistungen den Patienten aktiv anzubieten.
"Der Patient gehört nicht dem Arzt allein", stellte Jordan heraus, "wir müssen daran arbeiten, dass wir an uns selbst glauben." Sätze, die nach meiner Ansicht auch auf uns deutsche Apothekerinnen und Apotheker übertragbar sind. Vielleicht sollten wir auch einmal in Deutschland darüber nachdenken, wie viele Dienstleistungen wir dem Patienten wie selbstverständlich anbieten und die eigentlich einer Honorierung wert sind. "Weil wir immer alles gratis gemacht haben, ging es immer so weiter", fügte Jordan hinzu, "aber wir müssen uns schnell ändern, denn die Margen werden uns nicht mehr ernähren" – Sätze, die vielleicht bald auf Deutschland zutreffen.
Ein Drittel seines Einkommens erzielt der Schweizer Apotheker heute aus der Dienstleistung, zwei Drittel aus der Marge. Nach Auffassung von Jordan muss sich hier noch mehr verändern. Ziel soll es sein, einen noch weit größeren Anteil aus den Dienstleistungen zu schöpfen: "Der Apotheker muss sich trauen, seine Leistungen zu berechnen."
Jordans Schlussfolgerungen aus den Entwicklungen in der Schweiz sollten uns in Deutschland zum Nachdenken anregen. Denn auch hierzulande steht der Arzneimittelpreis weiter unter Druck. Jordan geht davon aus, dass der Apotheker als reiner Vertreiber von Medikamenten keine Zukunft mehr hat. Der Apotheker wird in Zukunft eine Palette an anerkannten und bezahlten Dienstleistungen rund um das Arzneimittel anbieten müssen. Wie auch bei anderen Unternehmen bezahlt der Kunde mehr und mehr für die Dienstleistung und nicht für ein Produkt. Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind, so Jordan weiter, ein Beweis für den Mehrwert der Apotheker. Sein Schlusswort: Ich bin stolz, ein Apotheker zu sein."
Sind solche Gedanken zu früh für Deutschland? Ich meine nein, wir sollten schnell in diese Diskussion einsteigen, wie eine solche Strukturänderung zu schaffen ist. Medikationsmanagement, pharmazeutische Betreuung, Beratung und viele andere Dienstleistungen sind es wert, honoriert zu werden. Dann können auch wir voller Überzeugung sagen, stolz zu sein, ein Apotheker zu sein, den die Gesellschaft braucht.
Peter Ditzel
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