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Kammerpräsidentin Gabriele Overwiening zum ABDA-KBV-Konzept: "In der Warteschleife"
"Man kann die Zukunft nicht vorhersehen, aber man kann viel dazu tun, sie möglich zu machen" – unter diesem Motto wirbt Overwiening engagiert für Zukunftsmodelle in der Patientenversorgung. Beim Adexa-Erlebnis- und Gewerkschaftstag am 21. April in Hamburg stellte sie den Teilnehmern noch einmal das von ABDA und KBV gemeinsam entwickelte Konzept einer patientengerechten Zusammenarbeit von Arzt und Apotheke vor, wie es im Versorgungsstrukturgesetz Eingang gefunden hat. Doch die Umsetzung scheitert derzeit gerade an der gesetzlichen Regelung, genauer am Paragrafen 64 a, in dem eine Rückzahlungsverpflichtung von Leistungshonoraren verankert wurde. Die Ärzte befürchten hier Regresse, sagte Overwiening, "sie sind derzeit gleichsam in einer Warteschleife".
Im Mittelpunkt steht das Medikationsmanagement
Dabei hatte alles so gut angefangen: ABDA und KBV hatten gemeinsam Eckpunkte erarbeitet, die in das "Zukunftskonzept Arzneimittelversorgung" einflossen. Die wichtigsten Argumente überzeugen auf Anhieb: Zentrales Element ist ein Medikationsmanagement, mit dessen Hilfe die Arzneimitteltherapiesicherheit und Therapietreue verbessert werden. Untrennbar zum Konzept gehören als flankierende Maßnahmen ein Medikationskatalog sowie die Wirkstoffverordnung. Das jährliche Einsparpotenzial beträgt – geht man davon aus, das etwa zwei Millionen GKV-Versicherte daran teilnehmen – bei 2,1 Mrd. Euro.
Die Vernetzung entscheidet
"Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind nach wie vor Ursache von fünf Prozent aller Krankenhauseinweisungen", betonte Overwiening und unterstrich damit die Bedeutung des Zukunftskonzepts, das für sie auch nur in der ursprünglich definierten Form Sinn macht. Wenn zum Beispiel Ärzte sich einzelne Aufgaben aus diesem Konzept herauspicken, so sei das wenig Erfolg versprechend. Denn gerade die Kommunikation und Vernetzung zwischen Apotheker und Arzt, die miteinander verwobenen Einzelkomponenten, zu denen Medikationsmanagement, Medikationskatalog und Wirkstoffverordnung zählen, seien entscheidend.
Tatsache ist, dass die Einnahmetreue bei Langzeittherapie nur bei 50 Prozent liegt. Overwiening wies eindringlich drauf hin, dass Non-Compliance zu einer Verdreifachung des Abstoßungsrisikos nach Nierentransplantation führt und die Ursache der Hälfte aller sogenannten Therapieversager bei Hypertonie darstellt. Ein weiteres großes Problem ist bekanntlich die Verunsicherung der Patienten durch Namensunterschiede zwischen verordnetem und abgegebenem Präparat. Ehrgeiziges Ziel sei es, so Overwiening, dass die Pharmahersteller verpflichtet würden, den INN-Wirkstoff auf der Packung in größerer Schrift zu nennen als den Firmennamen. 26 Prozent der GKV-Patienten erhalten fünf verschiedene Wirkstoffe auf Rezept verordnet – diese Patientengruppe sei geeignet, vom ABDA-KBV-Konzept zu profitieren. Eine Möglichkeit könnte sein
Der Prozess, wie ein Patient besser betreut und beraten wird, ist bereits ebenso ausgearbeitet wie ein Vorschlag für einen Medikationskatalog, der auf der Basis des bereits als praxistauglich eingestuften Bremer Arzneimittelregisters unter Berücksichtigung von Arzneimittelrichtlinien erstellt werden könnte. Arzt und Apotheker sollen mit 360 Euro pro Patient und Jahr, zu gleichen Teilen geteilt, honoriert werden. Doch die Zeit scheint noch nicht reif. "Es fehlt am Willen zur Umsetzung", stellt Overwiening fest, ohne jedoch ihren Optimismus zu verlieren. Denn die Kammer Westfalen-Lippe hat schon wieder ein neues Zukunftskonzept: mit der "Ausbildungsapotheke NRW" soll der Weg geebnet werden für die Apotheke als Zentrum für Arzneimitteltherapiesicherheit .
DAZ 2012, Nr. 17, S. 24
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