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AMTS-Ausbildungsoffensive in Westfalen-Lippe
Das neue Ausbildungsapothekenkonzept basiert auf einem von den pharmazeutischen Instituten und Apothekerkammern des Landes Nordrhein-Westfalen gemeinsam erarbeiteten Konzept, das zum Ziel hat, die Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) besser auf zukünftige Aufgaben vorzubereiten. Insbesondere die Kompetenzen in Sachen Arzneimitteltherapiesicherheit sollten gestärkt werden. Für die notwendige wissenschaftliche Begleitung des Konzepts sollten an allen drei pharmazeutischen Instituten des Landes Nordrhein-Westfalen je eine von den Kammern finanzierte Dozentenstelle eingerichtet werden. Allerdings wird das Konzept zunächst nur im Kammerbereich Westfalen- Lippe umgesetzt. Die Apothekerkammer Nordrhein erklärte auf Anfrage, dass das gute und interessante Konzept ausführlich im Vorstand beraten worden sei. Entscheidender Erfolgsfaktor für das Projekt sei ein erfahrener sowie qualifizierter AMTS-Manager, der an den Hochschulen angesiedelt werden soll, mit entsprechenden Kosten für die Apothekerkammer Nordrhein, bedingt durch die zwei Hochschulstandorte des Kammerbereiches. Aufgrund dieser nennenswerten langfristigen Kosten könne das Konzept derzeit im Kammerbereich Nordrhein nicht realisiert werden.
Ungeachtet dessen werden die Professoren für Klinische Pharmazie der Universitäten Düsseldorf und Bonn, Prof. Dr. Stephanie Läer und Prof. Dr. Ulrich Jaehde, das Projekt zusammen mit Prof. Dr. Georg Hempel begleiten.
Stufe 1: "Ausbildungsapotheke NRW"
Wer sich im Kammerbezirk Westfalen-Lippe als ausbildende Apotheke profilieren möchte, muss folgende Voraussetzungen erfüllen und entsprechende Nachweise vorlegen:
ein gültiges Fortbildungszertifikat des Ausbilders, QMS, Teilnahme am ZL-Ringversuch, Pseudo-Customer-Besuche, Screening (z. B. Blutdruck, Blutzucker), Rezepturen verschiedener Darreichungsformen, Patientenkartei, Kundenkarten, Internetzugang, Zugang zu wissenschaftlicher Fachliteratur, regelmäßige Fachgespräche mit dem Apothekenleiter und die Bezahlung mindestens nach Tarifvertrag. Zusätzlich nehmen der Ausbildungsleiter und der Pharmazeut im Praktikum an einer vierstündigen AMTS-Basisschulung teil. Diese wird im Oktober an den drei Standorten Münster (21.10.), Dortmund (7.10.) und Bielefeld (28.10.) angeboten. Für die Anmeldung steht auf den Seiten der Kammer ein Formular zur Verfügung.
Stufe 2: "AMTS-Ausbildungsapotheke NRW"
Im Anschluss an die AMTS-Basisschulung können PhiPs und ausbildende Apotheker an einem AMTS-Ausbildungsprogramm teilnehmen und können danach den Titel "AMTS-Manager" führen. Apotheken mit einem AMTS-Manager dürfen die Bezeichnung "AMTS-Ausbildungsapotheke NRW" führen. Das Ausbildungsprogramm setzt sich wie folgt zusammen:
Drei Seminare im Januar und Februar 2013 zu den folgenden Themen
Seminar 1: Unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE)
Seminar 2: Medikationsprozess
Seminar 3: MedikationsüberprüfungPraktischer Teil für den PhiP (März 2013)
Der PhiP praktiziert ein Medikationsmanagement für eine bestimmte Patientengruppe. Die erfassten Daten werden im Anschluss durch die Universitäten wissenschaftlich evaluiert.AMTS-Symposium
Hier tragen ausgewählte PhiPs über die von ihnen betreuten Patienten und die Ergebnisse des Medikationsmanagements vor.
"AMTS-Kompetenzen aufbauen!"
Mit dem innovativen Ausbildungsapothekenkonzept verfolgt man in Westfalen-Lippe mehrere Ziele, so die westfälisch-lippische Kammerpräsidentin Gabriele R. Overwiening im Gespräch mit der DAZ. Es gebe pro Jahr ca. 100 Pharmazeuten im Praktikum (PhiP), die in ihrem Kammerbezirk einen Ausbildungsplatz für das praktische Jahr suchen. Dadurch, dass jede westfälisch-lippische Apotheke den Status "Ausbildungsapotheke NRW" erlangen könne, entstehe ein Qualitätswettbewerb. Die meisten "PhiPs" würden ihre im Studium erworbenen Kenntnisse zur Klinischen Pharmazie gerne in der öffentlichen Apotheke praktisch anwenden und würden sich daher bevorzugt Ausbildungsplätze suchen, an denen sie ihre Kenntnisse in diesem Bereich vertiefen und ausbauen können. Die Apotheken wiederum, die gerne PhiPs beschäftigen, würden sich Mühe geben, diesen optimale Bedingungen zu bieten. Ideal wäre es, wenn sich die ca. 100 PhiPs in Westfalen-Lippe auch "in die Fläche" verteilen und nicht nur am und um den Studienort Münster herum ansässig bleiben.
Übergeordnetes Ziel des gesamten Konzeptes ist es nach Overwiening jedoch, in den Apotheken so schnell wie möglich "AMTS-Kompetenzen" aufzubauen, das heißt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der gesamte Medikationsprozess beim Patienten optimal organisiert und unerwünschte Arzneimittelereignisse sowie Risiken durch Medikationsfehler vermieden werden. "Wir müssen auf den pharmazeutischen Nachwuchs setzen und die Weichen in diese Richtung stellen", sagt Overwiening. Vom Erfolg ist sie überzeugt: "Die schaffen das!"
Das Konzept mit seiner zweiten Stufe "AMTS-Ausbildungsapotheke NRW" soll im Oktober 2012 beim Weltapothekerkongress der FIP (Fédération Internationale Pharmaceutique) in Amsterdam vorgestellt werden.
Interview: "Kompetenzen in öffentlichen Apotheken erweitern!"
An der Erarbeitung des Apo-AMTS-Ausbildungskonzepts waren neben Vertretern der Kammern die Hochschullehrer Prof. Dr. Georg Hempel, Klinische Pharmazie Universität Münster, Prof. Dr. Stephanie Läer, Klinische Pharmazie der Universität Düsseldorf und Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Klinische Pharmazie der Universität Bonn, beteiligt. Wir haben mit Prof. Jaehde über die Hintergründe und die Chancen dieses Konzepts gesprochen.
DAZ: Die nordrhein-westfälischen Apothekerkammern und pharmazeutischen Institute haben ein Konzept erarbeitet, nach dem im Rahmen der praktischen Apothekerausbildung verstärkt Kompetenzen im Bereich Arzneimitteltherapiesicherheit vermittelt werden sollen. Was war die Intention?
Jaehde: Zu Beginn der Überlegungen ging es vor allem darum, die praktische Ausbildung im Bereich Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern. Von vielen unserer Absolventen weiß ich, dass sie die im Hauptstudium erworbenen Kenntnisse zur Klinischen Pharmazie gerne in ihrer Ausbildungsapotheke anwenden möchten. Häufig ist dies jedoch schwierig, weil ihre Ausbilder noch nach früheren Approbationsordnungen ausgebildet wurden. So entstand die Idee, die Ausbilder in das Konzept einzubeziehen. Apotheker und PhiP können nun gemeinsam die praktische Durchführung eines Medikationsmanagements trainieren und dann diese Dienstleistung ihren Patienten in der Apotheke anbieten. Von dieser Situation profitieren somit alle: Apotheker, PhiP, Apotheke und nicht zuletzt die betreuten Patienten. Darüber hinaus denke ich, dass das Ausbildungsprogramm das Potenzial der öffentlichen Apotheken zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit deutlich aufzeigen wird. Deshalb soll die Ausbildung auch durch wissenschaftliche Evaluationen an den drei beteiligten Universitäten begleitet und unterstützt werden.
DAZ: Ursprünglich sollten an dem Konzept alle drei pharmazeutischen Institute des Landes Nordrhein-Westfalen beteiligt sein, also Bonn, Düsseldorf und Münster. Nun beteiligt sich die Apothekerkammer Nordrhein nicht an diesem Projekt. Was bedeutet das für die Institute in Düsseldorf und Bonn?
Jaehde: Zunächst bedeutet dies, dass wir in Düsseldorf und Bonn kein Ausbildungsprogramm anbieten können. Frau Läer und ich werden aber an der Gestaltung und Weiterentwicklung des Programms in Münster mitarbeiten.
DAZ: Welche Konsequenzen hat das für PhiPs, die ihre Ausbildung im Kammerbezirk Nordrhein machen?
Jaehde: Die PhiPs aus unserem Kammerbezirk haben selbstverständlich die Möglichkeit, sich eine Ausbildungsapotheke in Westfalen-Lippe zu suchen und auf diese Weise am Ausbildungsprogramm teilzunehmen.
DAZ: Wie können vor diesem Hintergrund Apotheken in Nordrhein Ausbildungsapotheke NRW bzw. AMTS-Schwerpunktapotheke NRW werden?
Jaehde: Im Moment können sie dies leider noch nicht. Wir hoffen natürlich, dass auch in Nordrhein bald die Voraussetzungen dafür geschaffen werden können.
DAZ: Vor dem Hintergrund der beschriebenen Schwierigkeiten: Welche Lösungsvorschläge haben Sie? Wenn langfristig die Kompetenz der Apotheker in AMTS verbessert werden soll, dann helfen regionale Lösungen nicht weiter. Gibt es Bestrebungen, das Konzept bundesweit umzusetzen?
Jaehde: Alle Beteiligten sind davon überzeugt, dass unser Konzept die Kompetenzen in den öffentlichen Apotheken nachhaltig und wahrnehmbar erweitern wird. Regionale Programme sind leichter umsetzbar und können den Beweis erbringen, dass die konzipierten Maßnahmen greifen und praktisch umsetzbar sind. Ziel ist es, dass weitere Apothekerkammern das Konzept übernehmen und auf diese Weise schrittweise eine Flächendeckung erreicht wird. Schon jetzt hat eine weitere große Apothekerkammer Interesse an unserem Programm bekundet.
DAZ: Was muss Ihrer Meinung nach getan werden, um den Apothekerberuf zukunftssicher zu machen?
Jaehde: Der Apothekerberuf wird nur als Heilberuf eine Zukunft haben. Patientenorientierte Dienstleistungen zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit werden benötigt und zunehmend von den Krankenkassen eingeführt und honoriert werden. Dass das Fachwissen der Apotheker als Arzneimittelexperten dazu gebraucht wird, steht außer Frage. Ob diese Apotheker jedoch in öffentlichen Apotheken arbeiten oder anderswo, ist im Moment noch völlig offen. Das neue Ausbildungskonzept wird die öffentlichen Apotheken in diesem Wettbewerb um nachgefragte Dienstleistungen stärken und damit zukunftssicherer machen.
DAZ: Herr Professor Jaehde, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Interview: du
DAZ 2012, Nr. 17, S. 28
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