Aus Kammern und Verbänden

Zwei Resolutionen und langfristige Versorgung

Kammerversammlung in Schleswig-Holstein

Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein hat in ihrer Sitzung am 14. März in Kiel zwei Resolutionen verabschiedet. Mit einer schlossen sich die Apotheker im nördlichsten Bundesland der ABDA-Forderung nach mehr Honorar für die Apotheken an (siehe AZ 12, S. 8). Nach acht Jahren steigender Belastungen und Anforderungen sei ein Ausgleich unbedingt erforderlich. In der anderen Resolution ging es dagegen um die ABDA selbst. Der Geschäftsführende Vorstand der ABDA solle die begonnene Diskussion über die Funktionen des Deutschen Apothekertages und die Zusammensetzung der ABDA-Mitgliederversammlung fortsetzen.
Gerd Ehmen, Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, wies auf den drohenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen hin. Foto: DAZ/tmb

Kammerpräsident Gerd Ehmen berichtete über die erfreulich hohe Beteiligung am Frühjahrskongress der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, der am 10. und 11. März in Damp stattgefunden hat. Es haben etwa 220 Apotheker und etwa 80 PTA und PKA an den hochkarätigen Fortbildungen teilgenommen. Ehmen erklärte, die Kammer werde ihre Fortbildung weiter ausbauen und damit Sicherheit in der Versorgung im Land schaffen. Allerdings verwies Ehmen auch auf die massiv gestiegenen Belastungen für die Apotheker, insbesondere durch das AMNOG. "Da geht uns auch die Luft für die Fort- und Weiterbildung aus", so Ehmen. Den Apotheken werde die Substanz entzogen, die nötig sei, um gute Arbeit zu leisten. Bei den ersten betriebswirtschaftlichen Auswertungen für 2012 würden die Apothekenleiter Machtlosigkeit empfinden. Vor diesem Hintergrund verabschiedete die Kammerversammlung eine Resolution mit der Forderung nach einer Honoraranpassung. Diese wird gemeinsam von der Apothekerkammer und vom Apothekerverband Schleswig-Holstein getragen (siehe Kasten; siehe auch AZ 12).


Langfristige Zukunft der Versorgung

In seinem Bericht verwies Ehmen außerdem auf ein Projekt des Fritz-Beske-Instituts für Gesundheitssystemforschung, das im Auftrag der schleswig-holsteinischen Landesregierung die Gesundheit und Pflege im Land evaluiert. Daran sind auch die Apothekerkammer und der Apothekerverband beteiligt. Ergebnisse wurden am 3. März in Kiel vorgestellt (siehe AZ 11, S. 3). Es drohe spätestens in fünf Jahren in einigen Bereichen eine Mangelversorgung, so Ehmen. Mit diesen Problemen müsse sich auch die Bevölkerung auseinandersetzen, forderte Ehmen. Daher habe die Interessengemeinschaft der Heilberufe (IdH) einen Medienpreis zu diesem Thema ausgelobt. Der künftige Fachkräftemangel zeichne sich bereits jetzt bei den PKA-Auszubildenden ab, deren Zahl deutlich zurückgehe. Der Wettbewerb um die Schulabgänger sei in vollem Gang. Ehmen appellierte an die Apotheker, auf den PKA-Beruf aufmerksam zu machen und auszubilden.


Dr. Stefan Zerres, Justiziar der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, leitete die Bearbeitung der Regularien. Foto: DAZ/tmb

Probleme im ärztlichen Notdienst

Zudem berichtete Ehmen über ein Treffen mit Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zum Thema Notdienste. Neben der Koordination der Notdienste und der Gestaltung der Notdienstkreise seien dort Probleme bei der nächtlichen Versorgung angesprochen worden. Dabei gehe es um die Frage, ob und wie Ärzte bei nächtlichen Besuchen Patienten mit einzelnen Tabletten versorgen könnten, die bis zum nächsten Morgen ausreichen. Die Apotheker hätten empfohlen, die KV solle mit den Krankenkassen eine Möglichkeit schaffen, solche Arzneimittel nach dem Vorbild des Sprechstundenbedarfs abzurechnen. Dort sind bisher für den Notdienst ausdrücklich keine oralen Zubereitungen vorgesehen.

In der Diskussion warnte insbesondere der frühere Kammerpräsident Holger Iven, ausdrückliche Regelungen zu diesem Problem könnten später uminterpretiert und dann zum Einstieg in das ärztliche Dispensierrecht werden. Es wurde jedoch klargestellt, dass es hier nur um sehr wenige Präparate und nur um einzelne Tabletten geht, die der Arzt am Patienten anwendet oder diesem für die nächsten Stunden überlässt. Es gehe keinesfalls um ganze Packungen. Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, betonte, die Ärzte würden nicht das Dispensierrecht fordern. Vielmehr wolle man gemeinsam ein Versorgungsproblem lösen. Dieses Problem werde durch die zunehmende Zahl der Ein-Personen-Haushalte immer größer, erklärte Ehmen. Außerdem würden Apotheker zunehmend weniger Belastungen durch Notdienst fordern. Damit entstehe eine Diskrepanz zwischen den Forderungen der Beteiligten. Im Lauf der Diskussion fand die Kammerversammlung zu dem Konsens, dass die Ausweitung des Sprechstundenbedarfs für diesen Zweck sachgerecht erscheint.

Resolution zur Struktur der ABDA


Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein nimmt Bezug auf den letztjährigen Apothekertag und fordert den Geschäftsführenden Vorstand der ABDA auf, die begonnene Diskussion über zukünftige Funktionen des Deutschen Apothekertages sowie über die Zusammensetzung der ABDA-Mitgliederversammlung fortzusetzen und hierüber zeitnah zu berichten.

Effizienz und Struktur der ABDA

Ein weiteres großes Diskussionsthema der Kammerversammlung bildeten die Effizienz und Struktur der ABDA. Der Delegierte Ulrich Ströh hatte als Vorsitzender des Haushaltsausschusses eine Diskussion darüber angestoßen, ob die Apotheker für die ABDA-Mitgliedsbeiträge eine hochwertige Leistung erhalten. Diese Frage stelle sich insbesondere angesichts der wirtschaftlichen Folgen des AMNOG und des Frustes vieler Kollegen. Ströh beklagte, dass der Deutsche Apothekertag keine Budgetverantwortung habe, niemanden wählen könne und damit eher eine "touristische Veranstaltung" sei. Es sei nicht mehr zeitgemäß, Entscheidungen im kleinen Kreis zu treffen. So könnten die auseinanderstrebenden Interessen der Apotheker nicht mehr verbunden werden. Daher sei zu fragen, ob die Hauptversammlung des Deutschen Apothekertages größere Kompetenzen erhalten solle.

Andere Delegierte entgegneten, dass eine solche Diskussion bereits im vorigen Jahr auf dem Deutschen Apothekertag geführt worden sei. Gegenüber der Vergangenheit sei bereits eine gute Entwicklung in Gang gekommen. Die Diskussionen innerhalb der ABDA seien kritischer geworden. So fänden auch kleine Landesverbände mit ihren Positionen Gehör.

Allerdings wurden in der Kammerversammlung auch kritische Stimmen zur Öffentlichkeitsarbeit laut. Mehrere Delegierte beklagten, dass die eigentliche Arbeit der Apotheken in der Öffentlichkeit und bei Medienvertretern unbekannt sei. Angesichts der Belastungen der Apotheken wurde zudem mehr Haushaltsdisziplin gefordert.

Kammerpräsident Gerd Ehmen mahnte, über die derzeitigen Probleme mit dem AMNOG nicht frühere Erfolge zu vergessen. Für Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, ist die Struktur der ABDA das Ergebnis der Aufgabe, die vielen Mitgliedsorganisationen zu verbinden. Jede Reform werde daher immer wieder auf eine solche Struktur hinauslaufen. Außerdem warnte Froese davor, die Einheit des Berufsstandes infrage zu stellen. Letztlich verabschiedete die Kammerversammlung mehrheitlich eine Resolution, die als Signal an die ABDA verstanden werden sollte, die begonnene Entwicklung weiterzuführen (siehe Kasten).


Resolution zur Apothekerhonorierung


Die Apothekerinnen und Apotheker in Schleswig-Holstein, vertreten durch Apothekerkammer und Apothekerverband, appellieren an den Gesetzgeber, umgehend die seit acht Jahren unveränderte Apothekenhonorierung der Kosten- und Aufwandsentwicklung anzupassen und ein weiteres Apothekensterben, insbesondere auf dem Lande, zu verhindern.

Mit der grundlegenden Reform der Apothekervergütung 2004 (Umstellung auf einen packungsbezogenen Fixbetrag als Vergütung für Leistungen der Apotheke) wurde die Apotheke absichtlich - und von allen gewollt - von den Preisentwicklungen im Arzneimittelmarkt abgekoppelt. Zusätzlich wurden die früher den Apotheken gewährten Mengenrabatte im Bereich verschreibungspflichtiger Arzneimittel schrittweise abgeschafft und den Krankenkassen zugeführt (Rabattverträge nach § 130 SGB V und Spannenkürzung beim pharmazeutischen Großhandel nach AMNOG). Dazu wurde den Apotheken mit dem AMNOG ein – zeitlich befristetes – zusätzliches direktes Sonderopfer durch die Erhöhung des den Krankenkassen zu gewährenden Zwangsabschlages auf 2,05 Euro abverlangt.

Gleichzeitig stiegen die Anforderungen an die Apotheken in den vergangenen acht Jahren dramatisch an. Die Einführung und Umsetzung der Rabattverträge erforderte und erfordert - jeden Tag aufs Neue - eine starke Ausweitung der Beratungskapazitäten in den Apotheken. Nur durch diese teilweise sehr schwierigen und sehr persönlichen Beratungen konnten die Krankenkassen letztlich Einsparungen in Höhe von über einer Milliarde Euro bundesweit erzielen. Die Umstellung auf das neue Hilfsmittelversorgungssystem belastet die Apotheken zusätzlich erheblich mit bürokratischem Aufwand. Neue Arzneimittel mit komplizierter Anwendung verlangen von den Apotheken ein deutliches Mehr an personalintensiver Fachberatung. Zusätzlich treiben auch die – berechtigten – höheren Anforderungen an Qualitätssicherung und allgemeine medizinische und betriebswirtschaftliche Standards die Kosten, insbesondere die Personalkosten der Apotheken in Schleswig-Holstein, in nicht gekannte Höhen. Parallel dazu beobachten die schleswig-holsteinischen Apothekerinnen und Apotheker einen immer ausgeprägteren Fachkräftemangel mit all seinen Folgen.

All diese Faktoren zusammen kumulieren nun in einem Maße, das für die Apothekerinnen und Apotheker in Schleswig-Holstein dringend eine Anpassung der Honorierung der Apotheken notwendig macht. Dass diese Forderung mehr als berechtigt ist, zeigen neutrale Zahlen sehr deutlich. So hat sich die Vergütung der Apotheken aus der Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln seit 2004 praktisch nicht verändert, während die Tariflöhne der Angestellten in Apotheken im gleichen Zeitraum um 18 Prozentpunkte gestiegen sind. Ebenso schlagen die inflationsbedingten Steigerungen der Sachkosten seit acht Jahren ungebremst auf die Situation in den Apotheken in Schleswig-Holstein durch.

Im vergangenen Jahr hat diese Kumulierung zu einer bisher nicht gekannten Zahl von Apothekenschließungen in Schleswig-Holstein geführt. Auch in diesem Jahr sind zahlreiche Schließungen bzw. Konkurse von Apotheken bereits erfolgt oder kündigen sich an. Wir beobachten mit großer Sorge diese Entwicklung.

Die schleswig-holsteinischen Apothekerinnen und Apotheker fordern daher den Gesetzgeber auf, noch in diesem Jahr eine Anpassung der Honorierung der Apotheken einzuleiten, insbesondere um die Qualität der Beratung durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Versorgung auf dem flachen Land weiter zu gewährleisten. Nach nunmehr acht Jahren ständig steigender Kosten und Anforderungen ohne Mehrertrag oder Ausgleich ist diese Erhöhung zur Sicherung des hohen Standards der Arzneimittelversorgung in unserem Flächenland berechtigt und unbedingt erforderlich.


Im Rahmen der Regularien wurden die Ergebnisses des Haushaltes 2011 vorgelegt, der Vorstand für 2011 entlastet, eine Entschädigungsordnung und eine Finanzsatzung nach dem neuen Heilberufegesetz verabschiedet sowie die Delegierten für den Deutschen Apothekertag gewählt. Außerdem wurde beschlossen, künftig in 200 statt in 120 Apotheken pro Jahr Testkäufe durchzuführen.


tmb



DAZ 2012, Nr. 12, S. 110

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