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G-BA: Pirfenidon hat nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
Der G-BA hat seine rechtliche Auffassung geändert, soweit es um die frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen geht: Ihm reicht zur Bewertung des Zusatznutzens künftig eine Bezugnahme auf die Zulassungsstudien. Denn nach den gesetzlichen Vorgaben gilt für ein Arzneimittel gegen eine seltene Erkrankung der Zusatznutzen ohnehin durch seine Zulassung als belegt. Das IQWiG soll daher in Zukunft keinen Auftrag mehr erhalten, die Nutzenbewertung für ein Orphan Drug anhand einer anderen Vergleichstherapie vorzunehmen. "Wir werden uns formal an die Zulassung halten", sagte G-BA-Chef Dr. Rainer Hess letzte Woche in Berlin. Zudem solle das IQWiG erst beauftragt werden, wenn der Umsatz des betreffenden Arzneimittels die 50 Millionen-Euro-Marke überschritten hat.
Hess: keine Entscheidung gegen das IQWiG
Und so hat der G-BA auch im Fall von Pirfenidon eine gegenüber dem IQWiG eigenständige Entscheidung getroffen. Und zwar eben nicht auf Grundlage der Vergleichstherapie, die er zunächst für die Nutzenbewertung vorgegeben hatte, sondern auf Basis jener, die für die Zulassung maßgeblich war. "Wir haben nicht gegen das IQWiG entschieden", betonte Hess. Das Institut habe eine "absolut korrekte" Nutzenbewertung durchgeführt. Nur die Vorgaben seien nun andere. Dass dies so sein müsse, sei eine Erkenntnis gewesen, die ihm im Laufe des Anhörungsverfahrens kam, so Hess. Hieraus habe man nun Konsequenzen für die Zukunft gezogen.
Nun ist dem Arzneimittel, das zur Behandlung der leichten bis mittelschweren idiopathischen pulmonalen Fibrose zugelassen ist, ein "nicht quantifizierbarer Zusatznutzen" attestiert. Dabei schätzte der G-BA auch das Schadenspotenzial des Wirkstoffes anders ein als das IQWiG. Offen ist nun allerdings noch immer, ob dieser Zusatznutzen gering, beträchtlich oder erheblich ist. IQWiG-Leiter Prof. Jürgen Windeler fühlt sich durch den Beschluss nicht attackiert: "Wir haben damit überhaupt kein Problem", betonte er. Zudem habe sein Institut Pirfenidon auch nicht jedweden Zusatznutzen abgesprochen – wohl aber habe es sein Schadenspotenzial höher gewichtet.
Damit können nun die Preisverhandlungen für das erste Orphan Drug beginnen. Dr. Antje Haas, Leiterin der Abteilung Arznei- und Heilmittel beim GKV-Spitzenverband räumte ein, dass die Verhandlungen sicherlich komfortabler laufen könnten, wäre der Zusatznutzen quantifizierbar. So muss nun ausgelotet werden, in welcher der drei vorgegebenen Kategorien er anzusiedeln ist.
Erleichterung bei den Industrie-Verbänden
Erleichtert reagierte der Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa) auf den Beschluss: "So schafft der G-BA Ordnung und trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung", sagte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. Es sei "notwendig und richtig, bei seltenen Erkrankungen andere Maßstäbe anzulegen, damit Menschen auf Forschungsergebnisse und Entwicklung neuer Arzneimittel hoffen können". Auch für die Firmen, die sich für neue Therapien bei seltenen Erkrankungen engagieren, sei dies ein wichtiges Signal. Sie könnten für ihre Präparate meist wenig Absatz erwarten. "Gerade darum müssen sie sich darauf verlassen können, dass ihre Präparate im Vorfeld der Erstattungsbetragsverhandlungen faire Bewertungsverfahren durchlaufen", so Fischer.
Auch beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zeigte man sich erfreut, dass sich der G-BA "auf den richtigen Ansatz besonnen" hat. Fraglich bleibe aber, warum das Gremium zu dem Schluss komme, der Zusatznutzen sei nicht quantifizierbar. Die europäische Zulassungsbehörde, so der BPI, habe dem Arzneimittel auf der gleichen Datengrundlage einen erheblichen Zusatznutzen zugesprochen. Der Verband gibt ferner zu bedenken, ob die nun erfolgte – aus BPI-Sicht überfällige – Anerkennung der Rechtslage durch den G-BA den enormen Aufwand des Pirfenidon-Herstellers für die Erstellung eines Dossiers rechtfertige. Rund 500 Seiten nebst Anlagen umfasste das Dossier von InterMune. Hinzu kam eine für die Mitarbeiter des Unternehmens aufreibende Zeit zwischen der Veröffentlichung des IQWiG-Berichts am 15. Dezember 2011 und der Anhörung beim G-BA am 24. Januar 2012.
Bei der Anhörung hatte man bei InterMune jedoch schon Hoffnung geschöpft – die Atmosphäre dort sei sehr gut gewesen, hieß es bereits vor der G-BA-Entscheidung. Jetzt kann der Hersteller noch tiefer durchatmen: "Wir freuen uns, dass der G-BA den Zusatznutzen von Esbriet für IPF-Patienten zweifelsfrei festgestellt hat”, sagte Dan Welch, Chairman, CEO und Präsident von InterMune. Dr. Markus Leyck Dieken, Geschäftsführer von InterMune Deutschland, dankte allen, "die durch ihren Einsatz und ihre konstruktive Mitwirkung dazu beigetragen haben, den G-BA zu informieren und damit den heutigen, positiven Beschluss ermöglicht haben: Patienten, Ärzte, die Pharmaverbände sowie die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie."
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