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Interpharm 2012
Schlechter als zuvor
Folgen des AMNOG für Apotheken und Großhandel
Trümper, Chef des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro), versuchte erneut den Vorwurf auszuräumen, der Großhandel reiche seinen vom Gesetzgeber auferlegten Sparbeitrag von 200 Millionen Euro in voller Höhe an die Apotheken weiter. Im Jahr 2011 habe der Großhandel 192 Millionen Euro Zwangsrabatt gezahlt zuzüglich 20 Millionen aus dem Direktvertrieb. Trümper: "Damit haben wir mehr als unseren Anteil geleistet." Von den 192 Millionen Euro habe sich der Großhandel 52 Millionen Euro durch gekürzte Apotheken-Rabatte zurückgeholt. Unterm Strich sei das Ergebnis der Großhändler mit 140 Millionen Euro aus dem AMNOG belastet worden. Als Beleg für seine Rechnung verwies Trümper auf die Branchenzahlen. 2010 habe der Großhandel in Deutschland noch 177 Millionen Euro verdient, 0,71 Prozent vom Umsatz. Nach vorläufigen Zahlen betrage das Ergebnis im Jahr 2011 nur noch 90 Millionen Euro: Eine Umsatzrendite von 0,36 Prozent. Die Differenz wurde über Kostensenkungen hereingeholt. Trümper: "Damit kann kein Handelsunternehmen auf Dauer bestehen."
Apotheken-Betriebsergebnis im Sinkflug
Auch Frank Diener bemühte Zahlen, um die durch das AMNOG verschlechterte Lage der Apotheken zu skizzieren: Das Betriebsergebnis einer typischen Apotheke sei von 2010 auf 2011 von 75.000 auf 65.000 Euro gesunken und der Verfügungsbetrag von 39.000 auf 33.000 Euro. Diener: "Den Apothekern geht es mit AMNOG schlechter." Und Dieners Prognose sieht ebenfalls düster aus: In diesen Jahr sinke das Betriebsergebnis für eine typische Apotheke mit 1,3 Millionen Euro Nettoumsatz weiter auf 56.000 bis 63.000 Euro und der Verfügungsbetrag auf 27.000 bis 31.000 Euro.
Kommunikationsproblem?!
Unterschiedliche Sichtweisen wurden beim Blick auf die geänderten Großhandelskonditionen deutlich: "Die Apotheker verstehen nicht, warum die Konditionen Anfang 2012 wieder geändert werden. Da gibt es beim Großhandel ein Kommunikationsproblem", so Diener. Trümper widersprach diesem Eindruck. Der Großhandel habe immer gesagt, "dass er die 200 Millionen Euro nicht tragen kann". Weil der Großhandel dies 2011 nicht voll an die Apotheken weitergegeben habe, gebe es Anfang 2012 die zweite Kürzungswelle, räumte Trümper ein. Die Apotheken seien davon unterschiedlich hart betroffen.
Diener beklagte, dass die Konditionenstruktur des Großhandels so kompliziert geworden sei, "so filigran, die Apotheker verstehen die Stellschrauben nicht mehr." Die Großhandelskonditionen würden mehr und mehr zu einer betriebswirtschaftlichen Aufgabe für die Apotheker: "Da muss man bei jeder Stellschraube nachsehen, wie sie mich betrifft." Die Rechnungen seien nicht intransparent, widersprach Trümper. Ihre Komplexität und Kompliziertheit "spiegelt unseren Markt wider."
Trümper rechtfertigte die Konditionenspreizung. Zwar sei der Großhandel per Gesetz zur flächendeckenden Versorgung verpflichtet. Dazu zählten aber keine Retouren, keine Mehrfachbelieferungen, Call-Center und Eilaufträge. Trümper: "Selbstverständlich müssen wir dafür Gebühren nehmen."
Es geht nur gemeinsam
Einig waren sich Trümper und Diener in der Einschätzung, die tatsächliche Wirkung der Konditionenumstellung erst in der zweiten Jahreshälfte 2012 abschätzen zu können. Der Markt sei in erheblicher Bewegung und ständigen Änderungen ausgesetzt. Wie es jetzt weitergeht? Abwarten, wie sich der Markt entwickelt. "Es gibt viele gute Verhältnisse zwischen Apothekern und Großhändlern", so Trümper. Und der Phagro-Chef wiederholte seinen Appell: "Wir müssen als Lobbyisten gemeinsam auftreten und uns keine Knüppel zwischen die Beine werfen." So wie zuletzt: Er sei mit DAV-Chef Fritz Becker gemeinsam beim Bundesgesundheitsminister gewesen: "Sonst wäre das AMNOG noch schlechter ausgefallen."
lk
DAZ 2012, Nr. 11, S. 62
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