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Arzneimittel und Therapie
Heparin routinemäßig für Patienten mit Krebs?
Weniger VTE mit ultrakurzem Heparin Semuloparin
In der doppelblinden, multizentrischen Studie waren 3212 Patienten in 395 Zentren, die wegen metastasierten oder lokal fortgeschrittenen Karzinomen in Lunge, Magen, Pankreas, Kolon, Rektum, Blase oder Ovarium mit Chemotherapie behandelt wurden, randomisiert worden. Diese Krebsentitäten waren ausgewählt worden, weil sie zum einen ein breites Spektrum der soliden Tumoren repräsentieren und zum anderen, weil es bei diesen Patienten unter Chemotherapie auch oft zu venösen Thromboembolien kommt. Geeignete Patienten wurden randomisiert und erhielten entweder einmal täglich 20 mg Semuloparin subkutan oder Placebo. Das Protokoll sah vor, dass die erste Dosis der Studienmedikation am ersten Tag eines Chemotherapiekurses und über die gesamte Dauer der Chemotherapie, die mindestens drei Monate betragen sollte, appliziert wurde. Es wurden nur Patienten aufgenommen, die entweder das allererste CT-Regime bekamen oder aber mit einem neuen Regime anfangen sollten. Die Verabreichung anderer Antikoagulanzien und fibrinolytischer Medikamente war während der Studienperiode nicht erlaubt. Primäre Studienendpunkte waren das Auftreten von venösen Thromboembolien, pulmonalen Embolien und Tod jeweils innerhalb der Zeit zwischen Randomisierung und drei Tagen nach der letzten Injektion der Studienmedikation. Zweiter Studienendpunkt war das Gesamtüberleben entweder ein Jahr nach Randomisierung oder zum Ende der Studie, die sieben Monate nach Randomisierung des letzten Patienten geplant war. Im Hinblick auf die Sicherheit galt es besonders, auftretende Blutungen zu erfassen. Bei 20 der 1608 Patienten (1,2%) aus der Semuloparin-Gruppe und bei 55 der 1604 Patienten aus der Kontrollgruppe (3,4%) kam es zu Vorfällen, die für den ersten Studienendpunkt erfasst wurden. Semuloparin führte zu einer Risikoreduktion sowohl von tiefen Beinvenenthrombosen als auch von fatalen und nicht fatalen pulmonalen Embolien. Semuloparin beeinflusste aber nicht das Gesamtüberleben: Die Todesraten in Verum- bzw. Placebo-Gruppe betrugen 43,4% vs. 44,5%. Die Häufigkeit von größeren und klinisch relevanten kleineren Blutungen unter der Verumtherapie betrug 2,8% verglichen mit 2,0% in der Kontrollgruppe. Die Autoren resümierten, dass aktuelle Guidelines ja ohnehin empfehlen würden, Patienten, die ihre onkologische Therapie in Krankenhäusern bekämen, zur Thromboseprophylaxe während ihres Krankenhausaufenthalts zu heparinisieren. Aber aufgrund der deutlich positiven Ergebnisse im Hinblick auf den ersten Studienendpunkt dieser Studie sei es durchaus auch empfehlenswert, allen, also auch ambulant onkologisch therapierten Patienten den Nutzen dieser antithrombotischen Therapie zugutekommen zu lassen.
Leider liefert diese Studie keine Antwort auf wichtige Kernfragen, so zum Beispiel welchen Einfluss die Therapie mit niedermolekularen Heparinen auf die Lebensqualität der Patienten, die sich einmal täglich einer subkutanen Injektion unterziehen müssen, hat, und ob die Therapie potenziell sogar einen Einfluss auf das Tumorwachstum oder die Ausbreitung hatte. In weiteren Studien sollte außerdem geklärt werden, welchen Patienten diese Therapie ganz besonders nützt, z. B. im Hinblick auf die Tumorentität oder das Stadium der Erkrankung. Zurzeit laufen bereits weitere Studien, die sich mit diesen Fragestellungen beschäftigen. Außerdem wiesen die Reviewer des NEJM darauf hin, dass es sich bei der Studie um eine Studie des Herstellers von Semuloparin handele, und die Daten leider nicht zusätzlich durch ein unabhängiges Kontrollgremium analysiert worden seien.
Quelle
Otten HM, et al.: Symptomatic venous thromboembolism in cancer patients treated with chemotherapy. Arch Intern Med (2004) 164: 190 – 194.
Apothekerin Dr. Annette Junker
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