- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 39/2012
- Mehr als 300 Millionen ...
Gesundheitspolitik
Mehr als 300 Millionen sind "nicht drin"
Diese Gelegenheit nahmen viele von ihnen auch wahr. In zahlreichen Diskussionsbeiträgen und Fragen an den CDU-Gesundheitsexperten zeigte sich, wie ungerecht behandelt sich die Apothekerinnen und Apotheker von dieser Koalition fühlen. Ina Hofferberth, Geschäftsführerin des LAV, brachte es auf den Punkt: "Apotheker waren über viele Jahre an Einsparungen im Gesundheitswesen beteiligt, zuletzt wurden sie massiv durch das AMNOG über den Tisch gezogen, aber jetzt ist die Zitrone ausgepresst."
Sympathie für die Warnstreiks
Hennrich zeigte Verständnis für die Reaktionen der Apotheker und brachte sogar Sympathie für die Warnstreiks der vergangenen Woche mit: "Es war gut, dass Sie sich artikuliert haben." Es sei der richtige Zeitpunkt gewesen, über Honorare zu reden. Aber auch bisher habe die Politik sich für Apotheker eingesetzt. Nach dem "Sündenfall Versandhandel", so Hennrich, habe man auch Positives für die Apotheken zuwege gebracht: die Arzneimittelpreisverordnung gelte in Zukunft für ausländische Apotheken, ein Schiedsstellenspruch habe keine aufschiebende Wirkung mehr und das Problem der Retaxationen habe man pro Apotheke gelöst.
Mit der Honorarerhöhung von 25 Cent und zusätzlich 120 Millionen für den Nacht- und Notdienst, also insgesamt rund 300 Millionen, habe sich die Politik weiter in Richtung Apotheke bewegt. Im Durchschnitt erhalte so jede Apotheke 14.000 Euro pro Jahr – "das ist schon etwas, aber mehr ist nicht drin, ich glaube es nicht." Und er legte nach: "Es ist schon ein Erfolg, dass wir uns Ihrer Probleme annehmen!"
Über das genaue Procedere zur Verteilung des Nachtdienstzuschlags konnte Hennrich noch keine Auskunft geben, nur so viel: "Ich gehe nicht davon aus, das die heutige Nachtdienstgebühr von 2,50 Euro wegfällt."
Hennrich: Rabattverträge unabdingbar
Großen Raum in der Diskussion nahmen die Rabattverträge ein. Hennrich: "Das Instrument der Rabattverträge halte ich für unabdingbar." Zwar zeigten einige Apothekerinnen und Apotheker auch Verständnis für die Rabattverträge, aber es hagelte auch Kritik. Die Vorgänge zur Erfüllung von Rabattverträgen hätten nichts mehr mit Beratung und pharmazeutischer Arbeit zu tun, man vertröste Kunden, ärgere sich über nicht lieferbare Präparate und müsse sich mehr mit dem Computer beschäftigen als mit dem Kunden. Der CDU-Gesundheitsexperte ließ sich nicht abbringen: "Rabattverträge sind momentan das beste Modell, aber wir hören auch auf die Apotheker, deswegen habe wir die Möglichkeit für das ABDA/KBV-Modell geschaffen – aber es wird nicht besser sein", so Hennrich. Außerdem sehe er nicht, dass sich die Volksgesundheit durch Rabattverträge und mehr Noncompliance verschlechtert habe.
Den Vorwurf, dass Apotheker überproportional zur Kasse gebeten worden seien, konterte der Politiker mit dem Hinweis darauf, dass man auch die Kassen nicht geschont habe. Sie hätten ein Mehr an Verwaltungsaufgaben bekommen, der Morbi-RSA setze einigen Kassen zu, so dass einige schließen oder fusionieren mussten.
Ein Thema des Abends war auch die Frage, wer verlässliche Zahlen über die wirtschaftliche Lage der Apotheken liefern könne. Er, so Hennrich, glaube eher dem Statistischen Bundesamt. Die aussagekräftigste Zahl sei für ihn die Anzahl der Apotheken – "wenn hier dramatisch etwas passiert, dann muss man vorsichtig sein, aber das kann ich derzeit nicht sehen, Apotheken sterben schon seit Jahren und dennoch bleibt die Zahl relativ konstant." Und er legte eins drauf: "Am meisten glaube ich einem Einkommensteuerbescheid, den sollten Sie mir vorlegen." Zum Einwurf, dass derzeit pro Woche sechs Apotheken schließen, äußerte sich der Politiker nicht.
Und zum Kassenabschlag wagte Hennrich die Prognose: "Ich gehe davon aus, dass die Verhandlungsgrundlage 1,75 Euro ist. Ich sehe nicht, dass Ihnen bei den anstehenden Abschlagsverhandlungen das Honorarplus von 25 Cent über einen hohen Abschlag wieder genommen wird."
"Beruf des Apothekers lohnt sich noch"
Zweifel äußerten viele Apothekerinnen und Apotheker beim LAV-Abend in Köngen, ob es sich für junge Menschen überhaupt noch lohnt, Pharmazie zu studieren. Viele rieten ihren Kindern ab, dieses Studium aufzunehmen. Das wollte der CDU-Gesundheitsexperte nicht so stehen lassen: "Die goldenen Zeiten im Gesundheitswesen sind vorbei. Der Druck auf dem System wird bleiben. Das Berufsbild des Apothekers hat sich verändert. Aber ich glaube trotzdem, der Beruf des Apothekers lohnt sich noch."
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.