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Apothekerfreund?

Peter Ditzel

Schwarz-Gelb will eine längst überfällige Regelung in Gesetzestext gießen: die deutsche Arzneimittelpreisverordnung soll auch für ausländische Versandapotheken gelten. Jetzt endlich, über acht Jahre nach Ulla Schmidts Zulassung des Versandhandels, denkt die Politik darüber nach, gleich lange Spieße – wie es so schön heißt – für Vor-Ort- und ausländische Versandapotheken einzuführen. "Die Regelung dient der Rechtssicherheit und der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Versandapotheken, die in Deutschland Arzneimittel vertreiben, unabhängig davon, ob sie ihren Sitz in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben", heißt es in der Begründung zum Referentenentwurf für das "Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften". Ein Urteil des Bundesgerichtshofs, wonach sich auch ausländische Apotheken an die deutsche Preisbindung halten müssen, gab dazu den Ausschlag. Dem entgegen steht allerdings noch ein Urteil des Bundessozialgerichts, so dass nun eine Entscheidung des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes noch aussteht.

Acht Jahre politische Untätigkeit in dieser Sache hatten zur Folge,

  • dass Krankenkassen ihren Versicherten ausländische Versandapotheken empfehlen konnten – zum Nachteil der deutschen Apotheken;

  • dass sich Pick-up-Stellen etablieren konnten;

  • dass so aberwitzige Modelle wie Vorteil24 ausgedacht wurden;

  • dass ausländische Versender den deutschen Kunden Boni und Gutscheine andienen konnten, die den deutschen Apotheken verwehrt sind;

  • dass ausländische Versandapotheken aufgrund der Mehrwertsteuerdifferenz zwischen Deutschland und beispielsweise den Niederlanden Preise bieten können, mit denen deutsche Apotheken nicht mithalten können. Fairer Wettbewerb sieht anders aus.

Wäre die Preisdifferenz beseitigt, würden sich vermutlich Themen wie Pick up und andere Auswüchse, die durch die Privilegierung ausländischer Versandapotheken ins Leben gerufen worden waren, schlagartig erledigen.

Und da sich Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hinter die deutsche Arzneimittelpreisverordnung stellt, apostrophieren ihn interessierte Kreise umgehend als "Apothekerfreund" und wollen ihn vorführen (Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 11. Dezember). Und damit unterschwellig Stimmung gegen dieses Vorhaben machen. Apotheker seien von je her der FDP-Kernklientel zuzurechnen, glaubt dieser Beitrag zu wissen, mit dem Ergebnis, dass sie ähnlich wie Rechtsanwälte oder Ärzte vor unerwünschter Konkurrenz gesetzlich so gut geschützt seien wie kaum jemand sonst. Und weiter heißt es in dem Beitrag: Eigentlich gehöre Bahr zu jenen in der FDP, "die mit der Klientelpolitik alten Stils endlich Schluss machen wollten".

Sofern es eine solche Politik jemals gegeben haben sollte – spätestens mit dem AMNOG hat die FDP damit aufgehört. Als "Apothekerfreund", der den Apothekern besondere Privilegien einräumt, tritt er bzw. die FDP nicht auf. Im Gegenteil. Das AMNOG, entstanden unter einer Regierung, an der die FDP mitbeteiligt ist, hat die Apotheken härter getroffen als frühere Spargesetze, die ohne FDP-Beteiligung zustande gekommen waren. Jede Apotheke spürte und spürt die AMNOG-Auswirkungen deutlich. Und die laufenden Gespräche über neu zu verhandelnde Großhandelskonditionen – letztlich auch die Folge einer schwarz-gelben Politik– sprechen eine deutliche Sprache.

Auch am Entwurf einer Novellierung der Apothekenbetriebsordnung lässt sich keinerlei Klientel politik pro Apotheke ablesen. Eher das Gegenteil ist hier zu sehen: der Erhalt der einheitlichen Voll apotheke stand noch nie so auf der Kippe wie bei dieser ApBetrO-Novellierung, gemacht unter Beteiligung einer FDP. Bahr scheint derzeit auch nicht vom vorliegenden Entwurf und der Einführung einer Apotheke light abrücken zu wollen. Denn nach DAZ-Informationen soll die Anhörung der betroffenen Verbände zur Apothekenbetriebsordnung am 28. November nichts gebracht haben. Bahr will die Novelle dem Bundeskabinett unverändert zur Beschlussfassung vorlegen. Das heißt, es soll nach seiner Auffassung bei der von der ABDA abgelehnten Privilegierung der Filialapotheken bleiben.

Da die Apothekenbetriebsordnung der Zustimmung der Länder bedarf, könnte ihm allerdings der Bundesrat noch einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Nach vorläufigen Stellungnahmen zeichnet sich in den Ländern keine Mehrheit für die Apotheke light ab. Die Hoffnung bleibt.


Peter Ditzel



DAZ 2011, Nr. 50, S. 3

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