Ernährung aktuell

Warum Diäten so oft versagen

Mit dem Jahreswechsel naht die Zeit der guten Vorsätze. Zu den häufigsten zählt die Reduktion des Körpergewichts mithilfe einer Diät. Viele Abnehmwillige haben jedoch bald danach ihr ursprüngliches Gewicht wieder erreicht. Nach den Ergebnissen einer australischen Studie sind die Ursachen für den Jo-Jo-Effekt in komplexen hormonellen Regulationsmechanismen zu suchen, die auch Monate nach der zunächst erfolgreichen Gewichtsabnahme noch wirken.

Das Körpergewicht des Menschen unterliegt komplexen Regulationsmechanismen, wobei der Hypothalamus als zentrales Schaltorgan und in der Peripherie zirkulierende Hormone wie Leptin oder Ghrelin eng zusammenwirken. So stimuliert beispielsweise das Peptidhormon Ghrelin die Nahrungsaufnahme, indem ein Anstieg seiner Plasmakonzentration ein Hungergefühl auslöst. Bei Leptin dagegen steigt der Appetit, wenn die Blutspiegel sinken (siehe Tabelle).

Bei der Regulation des Körpergewichts wirken der Hypothalamus und Hormone des Gastrointestinaltrakts und des Fettgewebes eng zusammen.

Hormon
Bildungsort
Funktionen bei Körpergewichts-
Regulation
Amylin
Pankreas
Appetithemmung
Cholezystokinin
Duodenum, Jejunum
Sättigungssignal, hemmt Appetit
Ghrelin
Magen
kurzfristige Appetitstimulation
GIP
Magen
steigert Bildung von Energiereserven
GLP-1
Darm (Enterozyten)
Sättigungssignal, hemmt Appetit
Insulin
Pankreas
Adipositassignal, Nahrungsaufnahme vermindert
Leptin
Adipozyten
Adipositassignal, Nahrungsaufnahme vermindert
Peptid YY
Dünn- und Dickdarm
Sättigungssignal, hemmt Appetit

Hormonkonzentrationen über ein Jahr bestimmt

Nach einer Gewichtsabnahme, zum Beispiel infolge einer Diät, verändern sich die Blutspiegel der peripheren Hormone, die in die Regulation des Körpergewichts involviert sind. Ziel einer australischen Studie war es zu untersuchen, wie lange diese Veränderungen anhalten. Man erhoffte sich dadurch noch besser zu verstehen, warum Menschen nach einer Diät-induzierten Gewichtsreduktion bald wieder zunehmen.

In die Studie wurden 50 übergewichtige bzw. fettleibige Probanden mit einem BMI zwischen 27 und 40 aufgenommen, vorausgesetzt, sie waren Nichtraucher, litten weder an klinisch relevanten Krankheiten noch an Diabetes und nahmen keine Medikamente mit Einfluss auf das Körpergewicht ein. Die Teilnehmer ernährten sich zehn Wochen lang von einer Restriktionsdiät (Optifast® VLCD, Nestlé) und zusätzlich zwei Schalen stärkearmem Gemüse täglich. Die Kalorienaufnahme lag im Bereich 500 bis 550 kcal pro Tag. Nach zehn Wochen kehrten die Teilnehmer zu einer normalen Ernährungsweise zurück mit dem Ziel, das Gewicht zu halten. Sie wurden jedoch angehalten, entsprechend ihrem Energiebedarf bestimmte Ernährungsratschläge zu befolgen, beispielsweise wenig Fett und Kohlenhydrate mit einem niedrigen glykämischen Index aufzunehmen, sowie sich mehrmals wöchentlich 30 Minuten lang moderat körperlich zu betätigen.

Zu Studienbeginn sowie zehn und 62 Wochen danach wurden die Blutspiegel der Hormone Leptin, Ghrelin, Peptid YY, GIP (gastric inhibitory polypeptide), GLP-1 (glucagon-like peptide 1), Amylin, pankreatisches Polypeptid, Cholezystokinin und Insulin bestimmt. Zusätzlich erfasste man mithilfe einer visuellen Analogskala den Appetit der Teilnehmer.

Ergebnisse der Studie

34 Personen beendeten die Studie und wurden in die Auswertung einbezogen. Ihr Gewichtsverlust lag nach zehn Wochen Diät im Mittel bei 13,5 kg (entspricht 14% des Initialgewichts). Er war verbunden mit signifikanten Blutspiegelabnahmen der Hormone Leptin, Peptid YY, Cholezystokinin, Insulin (jeweils p < 0,001) und Amylin (p = 0,002). Signifikante Anstiege waren bei Ghrelin (p < 0,001), GIP (p = 0,004) und pankreatischem Polypeptid (p = 0,008) zu verzeichnen. Außerdem kam es zu einem signifikanten Anstieg des Appetits (p < 0,001). Ein Jahr nach dem initialen Gewichtsverlust existierten immer noch signifikante Unterschiede zwischen dem Ausgangswert vor der Diät und den mittleren Spiegeln von Leptin (p = 0,01), Peptid YY (p < 0,001), Cholezystokinin (p = 0,04), Insulin (p = 0,01), Ghrelin (P<0,001), GIP (p < 0,001) und pankreatisches Polypeptid (p = 0,002) sowie dem Appetit (p < 0,001).

Zwar war es für die Studienautoren nicht unerwartet, dass die Kalorienrestriktion bei den Probanden zu akuten Kompensationsmechanismen führte. Überrascht waren sie jedoch darüber, dass ein Jahr nach dem diätbedingten Gewichtsverlust die Konzentrationen derjenigen Hormone, die eine Gewichtszunahme anregen, noch nicht wieder auf die Werte vor der Diät zurückgegangen waren. Nach ihrer Ansicht deutet dies darauf hin, dass es für die hohe "Rückfallrate" nach einer Diät eine physiologische Basis gibt und sie sich nicht einfach nur durch die Wiederaufnahme alter Ernährungsgewohnheiten erklären lässt. Zur Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas müssten also Strategien entwickelt werden, um die lang wirksamen kompensatorischen Mechanismen auszuschalten.


cb


Quelle

Sumithran P, et al.: Long-term persistence of hormonal adaptions to weight loss. N Engl J Med 365: 1597 – 1604 (2011).



DAZ 2011, Nr. 47, S. 94

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