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Aus Kammern und Verbänden
Diskussion über viele dunkle Wolken für Apotheken
Kammerpräsident Gerd Ehmen blickte in seinem Bericht auf den Deutschen Apothekertag in Düsseldorf zurück. Es sei bemerkenswert, womit die Apotheker "abgefüttert" worden seien. Politiker aus der oberen Riege waren nicht erschienen, was Ehmen so erklärte: "Man möchte uns vernachlässigen, denn man sieht uns im Zusammenhang mit Kosten und nicht mit unserer Leistung." Dagegen führe das ABDA/KBV-Modell weg von der Distribution und hin zu pharmazeutischen Leistungen. Trotz der Kritik von Teilen der Ärzteschaft sei das der einzige Weg für die Apotheker.
Die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern müsse verstärkt werden. Es müssten Netzwerke mit anderen Gesundheitsberufen gebildet werden. Insbesondere junge Ärzte seien oft froh, wenn ihnen Arbeit abgenommen werde. Wenn Apotheker sich nur noch mit Preisen und Rabatten auseinandersetzen müssen, sei die Arzneimitteltherapiesicherheit gefährdet, so Ehmen.
Viele Bedrohungen
Ehmen konstatierte, dass die Apo thekenzahl insbesondere wegen des AMNOG sinkt. Dennoch sei es zumindest regional schwer, geeignete Mitarbeiter zu bekommen. Auch PKA-Ausbildungsplätze seien teilweise nicht zu besetzen. Der Kampf um Lehrlinge werde intensiver werden, prognostizierte Ehmen. Pick-up-Stellen seien in Schleswig-Holstein bisher kein großes Thema, doch beklagte Ehmen vehement das "versteckte Pick up" durch Apotheken. Er habe zunächst gedacht, eine solche Vorgehensweise könne den Staat zur Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel bewegen, doch inzwischen habe er größte Bedenken dagegen, erklärte Ehmen. Statt mit einer solchen Lösung müssten die Apotheker zusätzliche Einnahmen durch eine Dynamisierung des Honorars erzielen. Ehmen merkte an, dass nur kurz nach der Formulierung dieser Forderungen der Entwurf zur Apothekenbetriebsordnung veröffentlicht worden ist und darin auch vom Sparen die Rede ist.
Unabhängig von der Apothekenbetriebsordnung kündigte Ehmen an, die Kammer wolle den Notdienst neu strukturieren. Dies sei insbesondere wegen der Konzentration des ärztlichen Notdienstes in Anlaufpraxen nötig. Die Kammer warte auf Erfahrungen mit ei ner neuen Software, die in Nordrhein-Westfalen eingesetzt wird.
In der Diskussion erklärte Dr. Mi chael Hiob, der als Apotheker im schleswig-holsteinischen Gesund heitsministerium für die Apothekenaufsicht zuständig ist, eine rechtliche Regelung gegen Pick up in Apotheken sei nicht durchsetzbar, wenn Pick up außerhalb von Apotheken zulässig ist. Er verwies jedoch darauf, dass diese Versandform ursprünglich nicht bezweckt gewesen sei und der Zielgruppe der immobilen Per sonen keinen Nutzen bringe.
Kritik an der ABDA
Außerdem diskutierte die Kammerversammlung über Kritik der Basis an der Vertretung der Apotheker in Berlin. Der Vorschlag einer Direktwahl der ABDA-Spitze fand wenig Zustimmung. Mehrere Delegierte forderten, die Schlagkraft der ABDA durch professionelle Interessenvertreter zu erhöhen, die nicht Apotheker sind. Doch wurde auch die Gefahr angesprochen, sich damit von der Basis zu entfernen. Außerdem wurde vorgeschlagen, bei Versorgungsproblemen mit Rabattverträgen oder der Hilfsmittelbelieferung konsequent gemeinsam mit dem Kunden das Büro des lokalen Bundestagsabgeordneten anzurufen. Ein Delegierter berichtete, so ins Gespräch mit dem Abgeordneten gekommen zu sein.
Enger Zeitplan für neue ApBetrO
Ausführlich diskutierte die Kammerversammlung über den Entwurf zur Apothekenbetriebsordnung. Hiob bezeichnete es als erstaunlich, dass die Länder und Verbände nur vier Wochen Zeit zur Diskussion des Entwurfes haben, der die Apothekenlandschaft für viele Jahre prägen wird. Die Länder hätten zuvor nie etwas über den Entwurf erfahren. Es sei auch keine Anhörung der Länder geplant gewesen, weshalb sie am 10. November ihre Position im Bundesgesundheitsministerium vorgetragen haben. Man habe die Einwände der Länder dort interessiert aufgenommen. Doch erwartet Hiob keinen neuen Entwurf, weil der Zeitplan nicht viel Flexibilität zulässt: Für den 20. De zember ist die Vorlage im Kabinett geplant, voraussichtlich Ende Januar wird der Entwurf dem Gesundheitsausschuss zugeleitet.
Hiob betonte, dass er nur für die Fachebene sprechen könne und nicht die politische Position des Landes vertrete. Er sieht die Länder jedoch von dem Entwurf betroffen. Im Entwurf heißt es zwar, auf die Länder kämen nicht mehr Kosten zu, doch die Mehranforderungen an die Apotheken bei Rezepturen, Parenteraliaherstellung und Verblisterung vermehren auch die Überwachungsaufgaben. Hiob fragte, ob es der Sinn einer Betriebsverordnung sein könne, in den Markt einzugreifen, oder ob sie ein Mittel zur Verbesserung der Versorgungsqualität sei. Seines Erachtens gäbe es für die Honorierung der Apotheker andere Stellschrauben als etwaige Erleichterungen durch die ApBetrO.
Hauptprobleme: Filialapotheken und Wettbewerb
Kammerpräsident Gerd Ehmen übte deutliche Kritik an den geplanten Regelungen zu Filial apotheken. "Dies ist der Versuch, etwas zu lösen, das gar kein Problem ist", so Ehmen, doch der Vorschlag selbst könne zum Problem werden, weil die Versorgung schlechter werde. Letztlich könnten Apotheken damit durch Kioske ersetzt werden, die Rezepte annehmen. Die Arzneimittel würden dann per Post zugeschickt, und beraten würde am Telefon. Kurzfristig sah Ehmen die Gefahr, dass sich vier Apotheken zu einer oHG zusammenschließen und nur noch eine Voll apotheke betreiben – ein "grauen voller Gedanke". Ehmen mahnte, auch die Sicht des Verbrauchers zu sehen, und fragte: "Ist der Verbraucher einverstanden, dass die Versorgung aus seiner Nähe verschwindet?" Das Grundübel sieht Ehmen im übertriebenen Wettbewerb: "Wenn Wettbewerb die Hauptüberschrift im Gesundheitsmarkt ist, geht es in die falsche Richtung." Der Delegierte Gerhard Wandel merkte dazu an, der FDP-Politiker Brüderle argumentiere, Wettbewerb erfordere Spielregeln. Doch solche Spielregeln sehe er im Gesundheitswesen nicht mehr, so Wandel.
In der Diskussion über Filialapotheken wurde angemerkt, dass eine optimal ausgestattete Haupt apotheke möglicherweise besser Rezepturen herstellen könne als einzelne Apotheken mit wenig Rezepturerfahrung. Doch erklärte Vizepräsidentin Dr. Roswitha Borchert-Bremer, dass durch die entstehende Wettbewerbsverzerrung "die hehren Sachen hinten runterfallen". Das müsse man auch der Politik klar machen.
Die zwischen den meisten ABDA-Organisationen und dem Apothekerverband Westfalen-Lippe strittige Frage über eine weit gefasste Definition der apothekenüblichen Waren wurde auch in dieser Kammerversamm lung kontrovers diskutiert. Es wurde gefragt, ob eine Beschrän kung nötig sei, wenn ohnehin das Erscheinungsbild geregelt werden soll. Hiob erklärte dazu, klare Grenzen seien leichter zu überwachen.
Die vorgeschlagenen Regeln zur Information und Beratung betrachtet Ehmen hingegen als unproblematisch. Er interpretiere das vorgeschriebene Beratungsangebot im Sinne der Regel "Ein Satz geht immer". Ehmen warnte vor Wildwuchs durch eine Liberalisierung des Botendienstes, aber der Delegierte Dr. Kai Christiansen sprach sich für "gleich lange Spieße" im Botendienst aus, die für Landapotheken wichtig seien. "Wir können keine Bringschuld haben, die der Versand nicht hat", so Christiansen. – Beschlüsse im Sinne einer Stellungnahme zum Entwurf verabschiedete die Kammerversammlung nicht.
Testkäufe nur mit Präparatewunsch
Die Kammerversammlung verabschiedete einstimmig den Haushalt für 2012 und die lange geplante neue Hauptsatzung, das "Grundgesetz" der Kammer. Neu darin ist insbesondere die Möglichkeit, den Kammerprä sidenten mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Kammerversammlung abzuwählen.
Kammergeschäftsführer Frank Jaschkowski berichtete über die Fortsetzung der "Beratungsinitiative", also der Testkäufe der Kammer. Wie bereits in früheren Jahren wurde darüber diskutiert, ob weiterhin Studierende als Testkäufer eingesetzt werden sollen, sodass keine Feedback gespräche möglich sind. Die Alternative wären Tests durch Apotheker mit der Möglichkeit zum sofortigen Feedbackgespräch, wobei allerdings mit dem dafür vorgesehenen Geld nur halb so viele Apotheken wie bisher getestet werden könnten. Außerdem würde damit die Anonymität für den Getesteten aufgegeben.
In der Diskussion stand der letztgenannte Aspekt im Mittelpunkt. Es wurde beklagt, dass dies immer zu einer Rechtfer tigungssituation führe. So entstehe Unruhe unter den Mitarbeitern. Dieses Argument über zeugte auch Befürworter von Feedbackgesprächen. Daraufhin beschloss die Kammerversammlung, 2012 bei den anonymen Tests zu bleiben. Als Neuerung wurde jedoch beschlossen, nur einen Präparatewunsch und keine Symptompräsentation zu testen, denn die Präparatewünsche sind in der Realität häufiger und hatten bisher stets schlechtere Ergebnisse als Symptompräsentationen erbracht.
tmb
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