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BMG ignoriert Voten des Apothekertags
Die Befürchtung, die Politik plane, sich von der einheitlichen Vollapotheke zu verabschieden, scheint nun Gewissheit zu werden. Die in dem Verordnungsentwurf vorgesehene Möglichkeit zur Zentralisierung bestimmter Tätigkeiten innerhalb von Filialverbünden bis hin zur Option des Outsourcings pharmazeutischer Aufgaben, dürfte zu gravierenden Umwälzungen des Apothekenwesens führen. Damit werden, ob gewollt oder ungewollt sei dahingestellt, Strukturen geschaffen, die dem Einzelapotheker wenig Erleichterung bieten, den Bedürfnissen von Filialverbünden entgegenkommen, damit aber langfristig zentralistischen Konzernstrukturen den Weg bahnen. Hier gilt es, gerade jetzt, da das politische Ringen um den endgültigen Verordnungstext in die heiße Phase geht, ein waches Auge zu bewahren und merklich hörbar die Stimme zu erheben.
Neu definiert: Verblisterung und apothekenübliche Dienstleistungen
Gleich zu Beginn des Verordnungsentwurfs wird deutlich, dass das Apothekenwesen in den letzten Jahren erheblich komplexer und diversifizierter geworden ist. Dadurch wurde es nötig, einige Begriffe, die in der neuen Verordnung Anwendung finden sollen, erstmalig zu definieren. Zu diesen neuen Rechtsbegriffen gehört allen voran das patientenindividuelle Stellen bzw. Verblistern von Arzneimitteln. Während das "Stellen" die manuelle – quasi rezepturmäßige – Zusammenstellung der Arzneimittel bedeutet, meint "Verblisterung" die maschinelle Neuverpackung von Arzneimitteln in einem folienverschweißten Behältnis. Die maschinelle Neuverpackung gilt dabei, unabhängig von der tatsächlich gefertigten Stückzahl, grundsätzlich als Defektur. Die Liste der apothekenüblichen Waren bleibt weitgehend unangetastet, sie wird lediglich um den Punkt "Mittel zur Körperpflege" erweitert und deckt damit nunmehr unmissverständlich auch das in vielen Apotheken angebotene Kosmetiksortiment ab. Neu ist auch, dass im Verordnungstext erstmals apothekenübliche Dienstleistungen aufgeführt werden. Hierzu gehören insbesondere die Beratung in Gesundheits- und Ernährungsfragen, Gesundheitserziehung und -aufklärung, die Begleitung von Vorsorgemaßnahmen, die Durchführung von Labortests und die Vermittlung von gesundheitsbezogenen Informationsmedien und Dienstleistungen. Weitere Begriffsdefinitionen zu Inprozesskontrollen, Qualifizierung, Validierung und Kalibrierung dürften den Pharmazeuten ohnehin geläufig sein und sind somit nicht mehr als eine rechtliche Fixierung von Altbekanntem.
Defekturherstellung als Maßfür QM-Pflicht
Ein Anliegen, das sich wie ein roter Faden durch alle mehr oder weniger offiziellen Stadien zur Vorbereitung der ApBetrO-Novelle zieht, ist das Bestreben, für bestimmte Apotheken ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) verbindlich vorzuschreiben. Dabei ist anzuerkennen, dass das BMG mit dem aktuellen Referentenentwurf bezogen auf die Arzneimittelherstellung das in dieser Frage bisher durchdachteste und ausgewogenste Konzept vorlegt. So müssen Apotheken, die Defekturen herstellen (das schließt auch das patientenindividuelle Verblistern ein), ein funktionierendes QMS einführen bzw. unterhalten; alle übrigen Apotheken sind von der QMS-Pflicht bis auf Weiteres ausgenommen. Da Apotheken der behördlichen Überwachung unterliegen und demnach ohnehin regelmäßig kontrolliert werden, wird auch bei QMS-pflichtigen Betrieben auf eine kostenträchtige Zertifizierung des QMS verzichtet – allerdings müssen die betreffenden Apotheken an geeigneten Maßnahmen zur externen Qualitätsüberprüfung (z. B. Rezepturringversuchen) teilnehmen. Ferner besteht, wie in jedem QM-System üblich, die Pflicht zur regelmäßigen Selbstinspektion. Zur Kostenfrage schreibt das BMG in seinem Papier: "Die Kosten für die Einführung des QM-Systems und seine Aufrechterhaltung können derzeit nicht verlässlich eingeschätzt werden ... Sie werden im Verlauf der Anhörung näher evaluiert." Vorbehaltlich dieser noch ausstehenden konkreten Kostenschätzung scheint das BMG hier nach den mitunter schwer realisierbaren Gedankenmodellen der Vergangenheit nunmehr einen praktikablen Weg gefunden zu haben, der sich am Tätigkeitsprofil der jeweiligen Apotheke orientiert und bei keiner die ApBetrO-Novellierung begleitenden Interessensgruppe auf grundsätzliche Ablehnung stoßen dürfte. Ein QMS für die Beratung ist nach dem gegenwärtig vorliegenden Verordnungsentwurf offenbar nicht vorgesehen, denn im Zusammenhang mit der QMS-Pflicht rekurriert der Verordnungstext ausschließlich auf den Herstellungsprozess. Dies erschiene, ohne hier die Frage der Sinnhaftigkeit eines solchen Vorgehens zu erörtern, insofern konsequent, als eine QMS-Pflicht, die allein von der Defekturtätigkeit abhängt letztlich auch nur Aspekte der Herstellung betreffen dürfte.
Defekturherstellung durch die Reinigungskraft?
Dennoch steckt auch bei der QMS-Pflicht – wie so oft – die Tücke im Detail, die in diesem Fall nicht einfach vergessen, sondern sogar aktiv in den Verordnungsentwurf aufgenommen wurde. So soll es erlaubt sein, für die Herstellung von Defekturarzneimitteln nach QMS künftig (an sich ureigenste Domäne der Pharmazeuten) nichtpharmazeutisches Personal einzusetzen. Überspitzt ausgedrückt hieße das: Bei entsprechender Unterweisung und Beaufsichtigung könnte die Reinigungskraft der Apotheke nach dem Wischen des Offizinbodens und der Leerung der Mülleimer auch noch die Herstellung einer 50 Stück-Charge Hydrocortisoncreme übernehmen. Mag dieses Beispiel auch polemisch erscheinen, so handelt es sich dabei doch um einen Dammbruch, der jede gerechtfertigte Bemühung um eine gleichbleibend hohe pharmazeutische Qualität in deutschen Apotheken konterkariert. Oder sieht man im BMG darin schon eine Vorbereitung für die Zeiten des prognostizierten Apotheker- und PTA-Mangels? Auch wenn es aus Kostengründen kurzfristig verlockend erscheinen mag, pharmazeutische Aufgaben auf nicht-pharmazeutisches Personal zu übertragen, am Ende wird die Rechnung aufgrund des Schulungs- und Überwachungsaufwands nicht aufgehen – außer vielleicht in konzernartigen Strukturen von Großbetrieben, wo heute schon angelernte Hilfskräfte an den Tablettenpressen und Abfüllstraßen stehen. Honi soit qui mal y pense! Darum an dieser Stelle ein leidenschaftlicher Appell an die Verantwortlichen beim BMG und in den Standesvertretungen: Überlassen Sie die Pharmazie nicht angelernten Hilfskräften! Die Pharmazie gehört in die Hände von pharmazeutischem Personal!
Heimversorgung von Raumeinheit befreit
Die Gestaltung der Betriebsräume von Hauptapotheken wird in einigen Punkten konkretisiert (ausreichende Beleuchtung und Belüftung, Schutz vor dem Zutritt Unbefugter, baulich und hygienisch einwandfrei), bleibt aber in ihrer Substanz weitgehend unverändert. Anders sieht es hingegen bei den Filialapotheken aus, die für diese Betriebsstätten vorgesehenen Veränderungen könnten zu massiven Veränderungen der deutschen Apothekenlandschaft führen. Die Mindestgrundfläche für Hauptapotheken bleibt unverändert bei 110 m², wobei die für die patientenindividuelle parenterale Arzneimittelherstellung sowie für die patientenindividuelle Verblisterung vorgeschriebenen separaten Räume nicht in die Berechnung eingehen. Filialapotheken hingegen werden künftig mit Zweigapotheken auf eine Stufe gestellt und müssen mindestens aus einer Offizin, ausreichendem Lagerraum und einem Nachtdienstzimmer bestehen. Eine Mindestfläche ist für sie künftig nicht mehr vorgeschrieben. Im Extremfall könnten sich Filialapotheken so zu kleinen, kioskartigen Arzneimittelabgabestellen entwickeln, die sich in der öffentlichen Wahrnehmung kaum mehr von Pick-up-Stellen unterscheiden. Die Befreiung von der Raumeinheit der Apotheke gilt weiterhin für Räume, die ausschließlich der Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern, dem Versand und elektronischen Handel mit Arzneimitteln, als Notdienstzimmer oder der Herstellung von patientenindividuellen Parenteraliazubereitungen dienen. Darüber hinaus soll die Befreiung von der Raumeinheit auf Räume zur Heimversorgung ausgeweitet werden. Damit überträgt der Verordnungsgeber, wie auch in anderen Punkten, den bisher für die Klinikversorgung bereits geltenden Standard auf die Versorgung von Alten- und Pflegeheimen. Apotheken, die Krankenhäuser mit Arzneimitteln versorgen, müssen für diese Arzneimittel separate Lagerräume oder mindestens separate und entsprechend gekennzeichnete Lagerbereiche vorhalten. Für patientenindividuelles Blistern oder die Herstellung patientenindividueller Parenteralia müssen abgetrennte Räume vorhanden sein, in ersterem Fall soll, in letzterem Fall muss der Zugang über eine Schleuse erfolgen. Für alle Apothekenräume, ob inner- oder außerhalb der Raumeinheit, ist ein Hygieneplan aufzustellen. Er enthält Vorgaben zur Schutzkleidung des Personals sowie über das hygienische Verhalten am Arbeitsplatz vor und nach Beginn der jeweiligen Tätigkeiten.
Diskrete Beratung praxisnah gestaltet
Neu im Entwurf der ApBetrO ist eine Sollvorschrift hinsichtlich der Barrierefreiheit, was aber ohnehin im Interesse des Apothekenbetreibers liegen dürfte. Die in der Vergangenheit immer wieder diskutierte Sicherstellung einer vertraulichen Beratungssituation liest sich im aktuellen Referentenentwurf zielorientiert und praxisnah. So heißt es im Verordnungstext selbst lediglich, die Offizin müsse so eingerichtet sein, dass "die Vertraulichkeit der Beratung an den Stellen gewahrt wird, an denen Arzneimittel an Kunden abgegeben werden". Laut BMG kann die Wahrung der Vertraulichkeit durch organisatorische Maßnahmen, wie etwa farbliche Kennzeichnungen auf dem Fußboden oder durch das Aufstellen von Abtrennungen zwischen den Handverkaufstischen, erreicht werden. Mit der Regelung, so das BMG weiter, könne der Patient grundsätzlich und nicht nur im Einzelfall von einer Vertraulichkeit bei einer Beratung ausgehen und müsse nicht etwa erst darum bitten. Eine Regelung, die den berechtigten Interessen aller Rechnung trägt und damit durchaus zu begrüßen ist. Wie hingegen der neugefasste § 20 ApBetrO in die Praxis umgesetzt werden soll, bedarf noch der Interpretation. Darin heißt es: Das Mithören des Beratungsgesprächs durch andere Kunden muss verhindert, zumindest aber erschwert werden.
Nebensortiment nicht eingeschränkt
Der Umfang des Neben- bzw. Freiwahlsortiments bleibt im vorliegenden Verordnungsentwurf weitgehend unangetastet. Nach Bekanntwerden des Eckpunktepapiers im April hatten aufgebauschte bzw. irreführende Meldungen in der Laienpresse das BMG zu einer eilig verfassten Pressemitteilung veranlasst, die klar stellte, dass das Positionspapier keine weitere Einschränkung beim Verkauf des Nebensortiments in Apotheken vorsehe. Hier hat das BMG Wort gehalten. Im Verordnungsentwurf heißt es lediglich, die Offizin solle so gestaltet werden, dass der Eindruck einer Apotheke gewahrt werde und für die dort ausgeübten wesentlichen Aufgaben, insbesondere die Beratung von Kunden, genügend Raum bleibe.
Einmietung in Kliniken und Heime bleibt verboten
Auch beim Arbeitsplatz für die Rezepturherstellung beweist das BMG Augenmaß. Der Platz für die Abfüllung und Mischung von Drogen ist dabei grundsätzlich vom Herstellbereich für andere Zubereitungen zu trennen. Der Rezepturarbeitsplatz muss nach drei Seiten abgetrennt sein, ein separater Raum wird hierfür nicht gefordert. Die raumhohe Abtrennung nach allen Seiten, wie sie im letzten Sommer noch zur Debatte stand, ist damit offenbar endgültig vom Tisch. Gleiches gilt für die Anmietung von Lagerraum für die Krankenhaus- bzw. Heimversorgung innerhalb des zu versorgenden Krankenhauses bzw. Heimes. Während in dem vor wenigen Monaten veröffentlichen Positionspapier noch vorgesehen war, das bisher geltende Verbot der Anmietung von Lagerraum in der versorgten Institution zu kippen, hält man jetzt nicht nur an der bewährten Regelung fest, sondern weitet sie auch auf die Heimversorgung aus. Erstmals Gegenstand der Apothekenbetriebsordnung wird die Warenanlieferung außerhalb der Öffnungszeiten. Die Warenschleuse muss demnach ständig eine für die jeweiligen Arzneimittel geeignete Temperatur aufweisen und den Zugriff Unbefugter verhindern.
Geräte- und Prüfmittelliste gestrichen
Im Hinblick auf die technische Ausstattung dürfen sich die Apotheken auf diverse Erleichterungen freuen. So kann anstelle von Geräten zur Herstellung von Wasser für Injektionszwecke künftig auch Wasser zur Injektion als Fertigarzneimittel in ausreichender Menge vorrätig gehalten werden. Die Liste der zwingend vorgeschriebenen Prüfmittel wird ersatzlos gestrichen. Die zur Prüfung von in der Apotheke hergestellten Arzneimitteln und ihrer Ausgangsstoffe notwendige Ausstattung des Labors obliegt damit künftig allein der Verantwortung des Apothekenleiters. Der Disput mit Pharmazieräten und Überwachsungsbehörden scheint vorprogrammiert, wenn einige besonders "kostenbewusste" Apothekenleiter eigenverantwortlich zu dem Schluss kommen sollten, eine Fantaschale mit Pistill sowie ein Becherglas mit Bürette würden für eine ordnungsgemäße Arzneimittelherstellung bzw. -prüfung ausreichen. Keine Frage, mit einem Anschütz-Thermometersatz, der in den Apothekenlaboren einstaubt, ist niemandem gedient und eine zeitgemäße Überarbeitung und deutliche Reduzierung der Ausstattungsliste daher sicher geboten. Mit einer kompletten Streichung schiebt das BMG den Schwarzen Peter jedoch nur weiter und verlagert den Konflikt auf untergeordnete Ebenen.
Wissenschaftliche Hilfsmittel auch auf Datenträgern
Hinsichtlich der notwendigen wissenschaftlichen und einschlägigen juristischen Fachliteratur bleiben die Anforderungen laut Verordnungsentwurf weitgehend unverändert, wenngleich die namentliche Nennung einzelner Werke entfällt. Zudem wird der zunehmenden Digitalisierung Rechnung getragen: explizit wird jetzt das Vorhandensein der wissenschaftlichen Hilfsmittel auf elektronischen Datenträgern gestattet. Wissenschaftliche Hilfsmittel, die für die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln oder zur Beratung und Information von Patienten und Ärzten benötigt werden, sowie einschlägige Rechtsvorschriften müssen auch weiterhin in jeder Apotheke vorhanden sein.
Rezeptur und Defektur werden aufwendiger
Deutlich aufwendiger als bisher dürfte infolge steigender Dokumentationspflichten künftig die Rezepturherstellung werden. Dabei nimmt der Verordnungsentwurf in seiner Begründung immer wieder Bezug auf die Leitlinie "Herstellung und Prüfung der nicht zur parenteralen Anwendung bestimmten Rezeptur- und Defekturarzneimittel" der Bundesapothekerkammer. So sollen Rezepturen grundsätzlich nach standardisierten und von einem Apotheker unterschriebenen Herstellungsvorschriften angefertigt werden. Sofern erforderlich, sind die Rezepturen durch individuelle betriebs- und rezepturspezifische Festlegungen zu ergänzen. Die Herstellungsvorschrift muss mindestens allgemeine Festlegungen zur Herstellung der jeweiligen Darreichungsform einschließlich der Inprozesskontrollen und der Verpackung und Kennzeichnung treffen sowie erforderlichenfalls auch zur jeweiligen Vorbereitung des Arbeitsplatzes. Rezepturen, die erstmalig oder selten in der Apotheke angefordert werden und daher nach nicht-standardisierten Herstellungsvorschriften hergestellt werden, sind von einem Apotheker nach pharmazeutischen Gesichtspunkten zu beurteilen und die einzelnen Herstellungsschritte im Voraus festzulegen. Doch selbst die Herstellung von Rezepturen nach Standardverfahren soll künftig in jedem Einzelfall dokumentiert werden. Dabei müssen die eingesetzten Ausgangsstoffe sowie ihre Einwaagen festgehalten werden. Darüber hinaus soll das Protokoll auch den Namen des Patienten und des verschreibenden Arztes oder bei Rezepturen, die auf Kundenanforderung hergestellt werden, den Namen des Kunden enthalten. Abschließend haben eine Überprüfung des Rezepturarzneimittels sowie eine schriftliche Freigabe durch einen Apotheker zu erfolgen. Auf die Durchführung von Laborprüfungen am Endprodukt kann, wie bisher, verzichtet werden, sofern die Qualität des Arzneimittels durch das Herstellungsverfahren und die dokumentierten Ergebnisse der Inprozesskontrollen gewährleistet ist. Diese Erleichterung entfällt im Falle der Defektur, da es laut BMG nach heutigen Kriterien, insbesondere unter Berücksichtigung der "Guten Herstellungspraxis", nicht mehr zu verantworten sei, wenn bei einer Arzneimittelherstellung, die über den Einzelfall hinausgeht, keine profunde Prüfung zur Feststellung der Qualität des hergestellten Endprodukts erfolge. Für die Prüfung von Defekturarzneimitteln ist demnach eine Prüfvorschrift anzufertigen, die von einem Apotheker zu unterschreiben ist. Sie muss mindestens Angaben zur Probenahme, zur Prüfmethode und zu der Art der Prüfungen, einschließlich der zulässigen Grenzwerte enthalten. Wie bei anderen Arzneimittelherstellern ist künftig auch bei der Defekturherstellung in der Apotheke für jede Herstellung eine schriftliche Anweisung zu erstellen; dabei kann allerdings auf bekannte, allgemein anerkannte Vorschriften Bezug genommen werden.
Ende der offizinellen Großherstellung
Die Möglichkeit zur Großherstellung soll künftig entfallen. Sie kann laut Entwurfsbegründung nach heutigen Kriterien nicht mehr aufrechterhalten werden. Sofern die Apotheke Arzneimittel über den Maßstab der Rezeptur oder Defektur hinaus herstellt, ist diese Tätigkeit künftig nicht mehr dem üblichen Apothekenbetrieb zuzurechnen; stattdessen benötigt die Apotheke hierfür eine Herstellungserlaubnis nach § 13 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Diese Änderung wird wohl nur sehr wenige Apotheker betreffen, da die offizinelle Großherstellung in der Praxis ohnehin kaum eine Rolle gespielt hat.
Defekturen sind wie Industrieprodukte zu kennzeichnen
Bei der Kennzeichnung von in der Apotheke hergestellten Arzneimitteln soll sich ebenfalls einiges ändern. Auch hier wird zwischen Rezepturen und Defekturen unterschieden. Bei parenteral und topisch verabreichten Rezepturen genügt laut Verordnungsentwurf künftig nicht mehr die Angabe von Wirk- und Konservierungsstoffen, vielmehr sind alle Inhaltsstoffe nach Art und Menge zu deklarieren. Die Aufbrauchfrist muss künftig mit dem Hinweis "Nicht mehr anwenden nach dem …" in Verbindung mit einem konkreten Datum angegeben werden. Bisher genügte ein allgemeiner Hinweis auf die begrenzte Haltbarkeit der Zubereitung. Soweit erforderlich, sind darüber hinaus auch Angaben zur Haltbarkeit nach dem Öffnen des Behältnisses oder nach Herstellung der gebrauchsfertigen Zubereitung zu machen. Ferner wird die Angabe des Patientennamen zur Pflicht, was in den meisten Apotheken aber ohnehin heute bereits Usus sein dürfte. Neu aufzunehmen wären hingegen Hinweise für die Aufbewahrung und die Beseitigung von nicht verwendeten Arzneimitteln oder sonstige besondere Vorsichtsmaßnahmen, um Gefahren für die Umwelt zu vermeiden. Fragt sich nur, auf welches apothekenübliche Etikett all diese Angaben passen? Eine ganz andere Dimension nehmen die neuen Kennzeichnungsvorschriften für Defekturen an. Für diese soll mit Inkrafttreten des Verordnungsentwurfes de facto Industriestandard gelten. Demnach wären Defekturen, soweit sie als Fertigarzneimittel in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung vorrätig gehalten werden, nach § 10 AMG zu kennzeichnen und nach § 11 AMG mit einer Packungsbeilage zu versehen. Lediglich auf die für Industrieprodukte ebenfalls vorgeschriebene Kennzeichnung in Blindenschrift dürften Apotheken demnach verzichten. Ist die Unterscheidung zwischen Rezeptur und Defektur bei den Herstellungs- und Prüfvorgaben durchaus nachvollziehbar, so ist dies bei der Kennzeichnung nur bedingt der Fall. Warum sollte sich eine einheitliche Kennzeichnung von Rezeptur und Defektur unterschiedlich auf die Arzneimittelsicherheit und den Verbraucherschutz auswirken, je nachdem ob das Arzneimittel einzeln oder als Teil einer größeren Charge angefertigt wurde? Oder noch fragwürdiger: Warum sollte für ein und dasselbe Arzneimittel eine Packungsbeilage einmal entbehrlich und einmal zwingend erforderlich sein? Mit einer Kennzeichnung nach § 10 AMG und einer Packungsbeilage nach § 11 AMG schießt der Verordnungsentwurf über das im Sinne der Arzneimittelsicherheit objektiv gebotene Maß hinaus. Die Verschärfung der Kennzeichnungsvorschriften könnte in nicht wenigen betroffenen Apotheken das Ende der Defekturherstellung bedeuten.
Qualitätsoffensive als Existenzrisiko?
Betrachtet man den enormen Mehraufwand, der bei der Herstellung, Prüfung und Kennzeichnung von Rezeptur- und Defekturarzneimitteln auf die Apotheken zurollt, stellt sich vor dem Hintergrund der gegenwärtig gültigen Arzneimittelpreisverordnung mehr als eindringlich die Frage, wie der durch die Dokumentation entstehende personelle Mehraufwand gedeckt werden soll. Kostendeckend waren Rezepturen bisher schon nicht herzustellen; durch den erhöhten Dokumentationsaufwand bei gleichbleibenden Arbeitspreisen würden Rezepturen endgültig zu einem "Draufzahlgeschäft" und für Apotheken in Hautarztnähe unter Umständen zu einem existenzgefährdenden Risiko. Da die Qualitätsoffensive bei der offizinellen Arzneimittelherstellung aber im Hinblick auf den Verbraucherschutz in jedem Fall wünschenswert ist, erscheint eine Anhebung des Arbeitspreises für Rezepturen unumgänglich, damit das bereits in Schieflage befindliche System nicht gänzlich das Gleichgewicht verliert.
Vorrats- und Lagerhaltung
Ein direkter Vergleich zwischen den alten und den geplanten neuen Vorschriften zur Lagerhaltung gestaltet sich schwierig, da sich die Struktur des einschlägigen Paragraphen geändert hat und die bisherigen Anlagen in den Fließtext der Verordnung integriert wurden. Tab. 1 versucht die Vorschriften dennoch in eine miteinander vergleichbare Struktur zu bringen. Im Ergebnis soll sich bei der Vorrats- und Lagerhaltung nichts Grundlegendes ändern. Auch wenn die Definition des "zur ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung" notwendigen Grundbedarfs künftig etwas weniger detailliert ausfällt, dürfte sich in der beruflichen Praxis dadurch nicht allzu viel verändern. Das Notfalldepot wird voraussichtlich um einige Antidote verringert, dafür kommt das Hepatitis-B-Immunglobulin neu hinzu. Was die Kennzeichnung von Vorratsbehältnissen betrifft, so wird die Angabe der Einzel- und Tagesgaben künftig nicht mehr gefordert, dagegen wurde die Angabe des Verfallsdatums auf dem jeweiligen Vorratsbehältnis aus Gründen der Qualitätssicherung neu in den Verordnungsentwurf aufgenommen.
Kein Pick-up-Verbot über Reglementierung der Rezeptsammlung
In puncto "Videoapotheken" wurden jegliche Gedankenspiele seitens des BMG, die im Nonpaper des vergangenen Sommers noch enthalten waren, von der Realität überholt. Die Cobox-Pleite im Juli dieses Jahres hatte den Video-Lobbyisten um den gescheiterten Cobox AG-Vorstand Ulrich Baudisch wohl die Argumentationsgrundlage und vermutlich auch das Interesse an der Aufnahme einer entsprechenden Regelung in die neue Apothekenbetriebsordnung entzogen. Auch die nahezu vollständige Deregulierung der Rezeptsammlung, die letztes Jahr noch zur Debatte stand, scheint erfreulicherweise vom Tisch zu sein. Dennoch dürfte die Enttäuschung der ABDA bei der Neuregelung der Rezeptsammlung groß sein, hatte man doch gehofft, der Verordnungsgeber werde das in § 24 ApBetrO normierte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für den Betrieb von Rezeptsammelstellen auf alle ortsgebundenen Einrichtungen, in denen ärztliche Verordnungen gesammelt werden (also auch Pick-up-Stellen) erweitern und damit das im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vereinbarte Verbot von Pick-up-Stellen endlich auf den Weg bringen. Unklar ist noch, ob die Zeit nach dem Deutschen Apothekertag, auf dem die ABDA eine Lösung der Pick-up-Problematik über die Reglementierung der Rezeptsammlung in der ApBetrO-Novelle erstmals vorgeschlagen hatte, zu kurz war, um noch in den Verordnungsentwurf Eingang zu finden, oder ob auch dieser Vorschlag im BMG keine Unterstützung findet.
Versand und Botendienst: ein ungleiches Paar?
Im Gegensatz zur derzeit gültigen Apothekenbetriebsordnung soll die Auslieferung seitens der Apotheke durch einen Botendienst nicht mehr nur auf den Einzelfall beschränkt, sondern als Teil der Regelversorgung der Apothekenkundschaft gestattet werden, was insbesondere älteren oder gehbehinderten Kunden zugutekommen soll. Die Boten müssen allerdings zum Apothekenpersonal gehören. Eine Belieferung durch einen externen Dienstleister ist damit nicht gestattet; hierfür wäre eine Versandhandelserlaubnis nach § 11a des Apothekengesetzes erforderlich. Die Liberalisierung der Botenregelung ermöglicht eine Belieferung durch wohnortnahe Apotheken und soll damit eine Alternative zum Versandhandel darstellen. Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Vertriebsformen: Soll das Arzneimittel durch Boten ausgeliefert werden und hat eine Beratung vor Abgabe in der Apotheke nicht stattgefunden, hat die Auslieferung jetzt zwingend durch pharmazeutisches Personal zu erfolgen, das die Beratung dann bei der Aushändigung vor Ort vornimmt. Beim Versand des Arzneimittels durch ein Logistikunternehmen ist hingegen die Aushändigung des Medikaments, unabhängig davon, ob eine fernmündliche Beratung stattgefunden hat oder nicht, durch fachlich nicht qualifiziertes Personal gestattet. Diese Ungleichbehandlung ist nicht nachvollziehbar, kann die Beratung doch in beiden Fällen gleichermaßen telefonisch erfolgen, wenn der Verordnungsgeber dies beim Versandhandel über mehrere Hundert Kilometer als unproblematisch ansieht, müsste dies für die Versorgung über eine lokale Apotheke allemal gelten.
Aktive Gesprächseinbindung des Kunden ist Pflicht
Die Frage der gleichen Maßstäbe für Versand- und Vor-Ort-Apotheken stellt sich auch bei der geplanten Neuregelung von Beratung und Information. Laut Verordnungsentwurf ist bei der Abgabe von Arzneimitteln der Informations- und Beratungsbedarf des Kunden durch Nachfrage festzustellen und eine Beratung anzubieten. Wie Christian Buse, der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA) in einem Gespräch mit DAZ.online sagte, gehe sein Verband davon aus, dass die Vorgaben der Beratungspflicht im Bestellprozess durch das Angebot einer kostenfreien Telefon- oder E-Mail-Beratung erfüllt würden. Ob dies wirklich ausreicht erscheint jedoch fraglich, denn im Verordnungsentwurf steht auch, der Kunde solle aktiv in das Gespräch eingebunden werden, damit der Apotheker dessen Informations- und Beratungsbedarf erkennen und auf seine individuellen Bedürfnisse eingehen könne. Diese Formulierung geht über ein bloßes "Aufmerksammachen" auf das Angebot einer grundsätzlichen Beratungsmöglichkeit deutlich hinaus, machte sie doch ein Gespräch mit dem Patienten und damit eine aktive Kontaktaufnahme seitens der (versendenden) Apotheke obligatorisch. Nimmt der Patient das Angebot einer telefonischen Beratung wahr, dürfen ihm hierdurch keine zusätzlichen Gebühren entstehen. Ein Beratungsangebot, das nur über kostenpflichtige Mehrwertdienste in Anspruch genommen werden kann, ist demnach nicht zulässig. Die regulären Verbindungskosten, die nicht an die Beratungsleistung als solche anknüpfen, muss die Versandapotheke Kunden, die den Weg der Online-Bestellung wählen, hingegen nicht erstatten. Ausdrücklich festgehalten ist jetzt auch die Möglichkeit, dass der Apotheker seine Beratungspflicht an das pharmazeutische Personal delegieren kann – allerdings muss er schriftlich festlegen, in welchen Fällen ein Apotheker hinzuzuziehen ist.
Patientenindividuelles Verblistern
Erstmals in der Apothekenbetriebsordnung geregelt werden soll die maschinelle Arzneimittelverblisterung, die laut BMG in den Apotheken vermehrt Bedeutung erlangt hat. Die Vorschriften orientieren sich an den kürzlich in Österreich in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen sowie an einem Aide mémoire, das in die Verfahrensvorschriften der Länder zur Harmonisierung eingebunden ist und eine länderabgestimmte Auslegung der diesbezüglichen Anforderungen darstellt. Die patientenindividuelle Verblisterung ist demnach in einem separaten Raum vorzunehmen, der ausschließlich diesem Zweck dient und von angemessener Größe ist, um die einzelnen Arbeitsgänge in spezifisch zugeordneten Bereichen durchführen zu können. Seine Wände und Oberflächen müssen leicht zu reinigen sein, damit das umgebungsbedingte Kontaminationsrisiko für Material und Produkte minimal ist. Der Zugang soll über einen für getrennte Umkleidevorgänge geeigneten Zwischenraum erfolgen. Eine Raumeinheit mit der übrigen Apotheke muss nicht gegeben sein. Macht die Apothekenleitung von der räumlichen Auslagerungsmöglichkeit Gebrauch, so muss die Arzneimittelherstellung vor Ort von einem Apotheker überwacht werden. Für den Verblisterungsprozess ist im QMS unter anderem festzulegen, welche Arzneimittel für eine Neuverblisterung grundsätzlich infrage kommen, einschließlich der Entscheidung, welche Arzneimittel für eine gleichzeitige Einnahme nicht im selben Einzelblister verblistert werden können und in welchen Fällen Tabletten mit einer Bruchrille geteilt werden dürfen. Das Personal muss für die Tätigkeiten ausreichend qualifiziert sein und regelmäßig geschult werden. Aus der Kennzeichnung der Blister muss der Name des Patienten, die im Blister enthaltenen Arzneimittel und ihre Chargenbezeichnungen, das Verfalldatum des Blisters und seine Chargenbezeichnung, die Einnahmehinweise, eventuelle Lagerungshinweise sowie die abgebende Apotheke und, soweit unterschiedlich, des Blisterherstellers hervorgehen.
Patientenindividuelle Parenteralia
Ebenfalls neu in die Apothekenbetriebsordnung aufgenommen sind Regelungen zur patientenindividuellen Herstellung von Parenteralia. Die Regelungen orientieren sich am Arzneibuch sowie an den Leitlinien der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung "Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia ohne toxisches Potenzial/mit toxischem Potenzial" bzw. an der Leitlinie des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA) "Aseptische Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia". Auch hier sind Details des Herstellungsprozesses in einem QMS niederzulegen. Die Herstellung parenteraler Arzneimittel ist in einem separaten Raum vorzunehmen, der ausschließlich diesem Zweck dient. Macht die Apothekenleitung bei der Herstellung patientenindividueller Parenteralia von der räumlichen Auslagerungsmöglichkeit Gebrauch, so muss die Arzneimittelherstellung vor Ort von einem Apotheker überwacht werden. Explizit wird auch hier erwähnt, dass die ärztliche Verordnung auf Plausibilität zu prüfen ist, wobei insbesondere patientenindividuelle Faktoren sowie die Regeldosierung und die daraus möglicherweise resultierende individuelle Dosis zu prüfen sind. Die Herstellungsvorschrift muss eine Kontrolle der Berechnungen, der Einwaagen und der einzusetzenden Ausgangsstoffe durch eine zweite Person (Vier-Augen-Prinzip) oder durch validierte elektronische Verfahren sowie eine Dichtigkeitsprüfung des befüllten Behältnisses vorsehen.
Abschied von der Vollapotheke fördert Konzentrationsprozesse
Die größten Umwälzungen des Apothekenwesens könnten allerdings nicht von einer Einzelvorschrift ausgehen, sondern von einem Konzept, das sich gewissermaßen wie ein roter Faden durch den gesamten Verordnungsentwurf zieht. Trotz politischer Interventionen der Standesvertretung ist es offenbar nach wie vor Ziel der Verantwortlichen im BMG, das Anforderungs- und Dienstleistungsprofil für Filialapotheken zu senken. Demnach wären in Filialapotheken künftig weder ein Labor noch ein Herstellbereich für die Rezeptur vorzuhalten, vielmehr könnten Arzneimittelherstellung und -prüfung in einem Betrieb zentralisiert werden. Gleiches gilt für den Notdienst. Dieser soll ebenfalls innerhalb des Filialverbundes gebündelt werden können, wenn die Apotheken in räumlicher Nähe und innerhalb des von der zuständigen Behörde festgelegten Notdienstbezirks liegen und die Arzneimittelversorgung (hierzu gehört laut BMG ausdrücklich auch die Rezepturherstellung) in dieser Zeit sichergestellt ist. Nachdem gerade die Frage der Zusammenlegung von Notdiensten bereits in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen zwischen Kammern und Filialbetreibern geführt hat, scheinen Konflikte an dieser Stelle vorprogrammiert. Ging es bislang um die grundsätzliche Frage, ob Notdienste innerhalb des Filialverbundes gebündelt werden dürfen, könnte sich der Streit künftig um den Zuschnitt der Notdienstbezirke drehen. Schließlich überschreiten nicht wenige Filialverbünde trotz räumlicher Nähe die Grenzen der Notdienstbezirke und könnten jetzt versuchen, die Notdienstgrenzen in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren so zu verschieben, dass ihnen eine Notdienstbündelung ermöglicht wird. Als nächstes stellt sich dabei die grundsätzliche und vermutlich früher oder später ebenfalls richterlich zu klärende Frage, warum eine Notdienstübernahme nur im Filialverbund möglich sein soll. Wäre es dann nicht auch denkbar, dass verschiedene Betriebserlaubnisinhaber unter ansonsten gleichen Rahmenbedingungen auf die Idee kommen, ihre Notdienste in einer Apotheke zusammenzulegen? Am Ende dieser Entwicklung stünden dann möglicherweise in jedem Notdienstbezirk nur noch ein bis zwei rund um die Uhr dienstbereite Apotheken.
Outsourcing pharmazeutischer Tätigkeiten
Doch damit nicht genug. Erstmals sieht der Verordnungsentwurf auch einen eigenen Paragrafen zur Regelung von Möglichkeiten des Outsourcings pharmazeutischer Tätigkeiten vor. Der Begründung des BMG ist zwar zu entnehmen, dass diese Möglichkeit in erster Linie für die Herstellung und Prüfung patientenindividueller Parenteralia gedacht ist, dem Verordnungstext selbst ist dies aber nicht zu entnehmen. Hier wäre eine Präzisierung des endgültigen Verordnungstextes notwendig, da die Vorschrift andernfalls dazu führen könnte, dass sich einzelne Apotheken von der Ausübung bestimmter pharmazeutischer Tätigkeiten "freikaufen", indem sie diese Aufgabe als Auftrag an andere Apotheken (auch außerhalb eines evtl. Filialverbundes) übertragen. Auf lange Sicht ginge dann wichtiges pharmazeutisches Know-how in der Fläche verloren, was eigentlich nicht im Sinne des Verordnungsgebers sein kann. Ferner würde, für den Fall, dass die gegenwärtige Formulierung Bestand haben sollte, auch in diesem Punkt der Grundstein für konzernartige Strukturen gelegt, die sämtliche Labor- und Herstellungstätigkeiten an einem Ort bündeln und die Apotheken zu bloßen Verkaufsstellen degradieren.
Filialen werden zu "Apotheken light"
Die dadurch ausgelöste Veränderung der Kostenstruktur der betreffenden Filialbetriebe ist ambivalent zu beurteilen. Einerseits könnte durch die Entlastung auf der Kostenseite der Bestand bislang wenig rentabler Betriebe im ländlichen Raum gesichert und so ein Beitrag zur Apothekenpräsenz in der Fläche geleistet werden; andererseits kommt es dort, wo Filialapotheken mit Vollapotheken konkurrieren, aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen. Der seitens der ABDA immer wieder befürchteten Einführung einer "Apotheke light" mit reduzierten Pflichten wäre damit Tür und Tor geöffnet. Die Bewertung in der Apothekerschaft dürfte dabei durchaus unterschiedlich ausfallen. Filialbetreiber werden sich sicher über die Erleichterungen freuen. Gleiches gilt für Apotheker, die die hohen Anschubkosten bisher von einer Filialgründung oder -übernahme abgehalten haben. Sie würden unter veränderten Vorzeichen möglicherweise die Chance ergreifen, mit deutlich geringerem finanziellem Aufwand doch noch eine Dependance zu betreiben. Apotheken ohne Filialen, die sich insbesondere in städtischen Ballungsgebieten von, dann in ihrer Kostenstruktur bevorteilten, Filialapotheken umzingelt sähen, werden die einschlägigen Empfehlungen des Verordnungsentwurfs hingegen zu Recht als Bedrohung empfinden.
Voten des Apothekertags ignoriert
Nachdem man sich schließlich durch die Paragraphen des Verordnungsentwurf gekämpft und sich einen Überblick über die vielfältigen redaktionellen und inhaltlichen Änderungen verschafft hat, bleibt eine große Frage offen – insbesondere wenn einem die Beratungsergebnisse des erst drei Wochen zurückliegenden Deutschen Apothekertags noch präsent sind: Warum zeigt das BMG der großen Mehrheit der deutschen Apotheker die kalte Schulter und ignoriert deren Kompetenz und Praxiserfahrung in Kernfragen des deutschen Apothekenwesens? Ohne Gegenstimme votierte die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker für den Erhalt einer einheitlichen Vollapotheke und gegen die Übertragung von Aufgaben (Rezeptur, Labor, Notdienst) innerhalb von Filialverbünden sowie gegen die Streichung des Katalogs der wissenschaftlichen und sonstigen Hilfsmittel. Diese Postionen fanden im vorliegenden Verordnungsentwurf allerdings ebenso wenig Berücksichtigung wie die Forderung, Pick-up-Stellen über eine Neufassung der Regelungen zur Rezeptsammlung einzudämmen. Über die Gründe hierfür kann nur spekuliert werden. War die Zeit zu kurz, um die Voten des Apothekertags in den Verordnungsentwurf einzuarbeiten? Wobei man den Verordnungsentwurf ja auch problemlos – wie erwartet – etwas später hätte herausgegeben können, um eine entsprechende Regelung noch aufzunehmen. Oder haben Vertreter bestimmter Partikularinteressen einfach einen besseren und direkteren Draht zu ihren Parteifreunden in Berlin, wie klein die Gruppe, die sie vertreten, auch sein mag? Oder missbraucht das BMG den Entwurf für die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung als scheinbares Exkulpationsargument für die finanziellen Opfer, die den Apothekern im Zuge des AMNOG abverlangt wurden? Könnte das BMG tatsächlich versucht sein, die Klage, die Apotheker seien im Zuge des AMNOG über Gebühr belastet worden, künftig mit der Aussage zu kontern, dass die "Liberalisierungen" der Apothekenbetriebsordnung ja zu einer merklichen finanziellen Entlastung (die Verlässlichkeit des diesbezüglich zur Rede stehenden Zahlenwerkes soll hier gar nicht erörtert werden) führen würden, wenn die Apotheker denn bereit wären, dieses "Geschenk" anzunehmen. Mag es angesichts der mitunter prekären wirtschaftlichen Situation auch noch so verlockend erscheinen, von diesem Danaergeschenk sollte die Apothekerschaft tunlichst die Finger lassen!
Apotheker Dr. Andreas Ziegler, Großhabersdorf
Den vollständigen vorläufigen Entwurfstext finden Sie hier. |
Das Wichtigste in KürzeQMS
Apothekenbetriebsräume
Apothekenübliche Waren und Dienstleistungen
Rezeptsammelstellen
Technische Ausstattung und andere Hilfsmittel
Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln
Kennzeichnung
Vorrats- und Lagerhaltung
Versand und Botendienst
Beratung
Aufgabenbündelung im Filialverbund
Outsourcing
Patientenindividuelles Verblistern
Patientenindividuelle Parenteralia
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