Medizin

Wenn die Thromboseneigung angeboren ist

Die typischen Risikofaktoren einer Venenthrombose wie Immobilisierung oder Östrogenwirkung sind hinlänglich bekannt. Darüber hinaus lässt sich heute bei etwa der Hälfte der Betroffenen eine hereditäre Thrombophilie nachweisen. Allerdings sind nur wenige Genmutationen so relevant, beispielsweise die Faktor-V-Leiden-Mutation, dass sie im klinischen Alltag eine Rolle spielen. Zahlreiche Tests stehen zur Verfügung, dennoch gibt es bislang noch wenige verbindliche Empfehlungen zur Diagnostik.
Abb.1: Die Gerinnungskaskade und thrombophile Störungen. Thrombophile Störungen treten auf infolge einer Faktor-VIII-Erhöhung, der Prothrombinmutation G20210A, einem Protein-C- bzw. Protein-S-Mangel, einer Punktmutation im Faktor V-Gen (Faktor-V-Leiden-Mutation, APC-Resistenz), Antithrombinmangel und dem Antiphospholipid-Syndrom, hervorgerufen durch eine heterogene Gruppe von Autoantikörpern.

Im höheren Lebensalter steigt die Inzidenz der Phlebothrombose deutlich an: Unter 45 Jahren beträgt sie etwa 1: 10.000, bei über 60-Jährigen steigt sie auf etwa 1: 100. An das Vorliegen einer hereditären Thrombophilie sollte insbesondere gedacht werden, wenn sich ein thromboembolisches Geschehen vor dem 50. Lebensjahr manifestiert, wenn es sich um spontane bzw. rezidivierende Ereignisse handelt und/oder in der Familienanamnese Thromboembolien beschrieben werden und nicht zuletzt, wenn schwangere Frauen wiederholt eine Fehlgeburt erleiden.

Unter dem Begriff der Thrombophilie werden genetisch determinierte oder erworbene Störungen der Hämostase subsummiert, die entweder mit einer erhöhten Plasmaaktivität von Prokoagulanzien oder einer Funktionseinschränkung von Gerinnungsinhibitoren verbunden sind. Etwa 60% aller venöser Thromboembolien treten in Assoziation mit laboranalytisch

nachweisbaren Parametern der Hyperkoagulabilität auf.

Einerseits ist es für den klinisch tätigen Arzt wichtig, einschätzen zu können, in welcher Situation, mit welcher Intention und in welchem Umfang ein Thrombophiliescreening sinnvoll ist, nicht zuletzt unter dem Aspekt der Kosteneffizienz. Andererseits besteht weltweit mangels gezielter Interventionsstudien kein eindeutiger Konsens, wann eine Thrombophiliediagnostik durchgeführt werden soll. Auch in den aktuellen DAG-Leitlinien wird ein Thrombophiliescreening bei akuter tiefer Venenthrombose nicht empfohlen, außer bei begründetem Verdacht auf ein Antiphospholipid-Syndrom oder bei einer eindeutigen Häufung unter erstgradigen Verwandten. Von einem breiten Screening bei bislang Gesunden wird sogar abgeraten, es sei denn bei gesunden weiblichen Angehörigen von Patienten mit venöser Thromboembolie, um das Thromboserisiko bei Kontrazeption und Schwangerschaft

einzuschätzen. Unter diesen Einschränkungen können im Einzelfall die im Kasten genannten Indikationen zur Thrombophiliediagnostik gelten.

Die wichtigsten kongenitalen prothrombotischen Risikofaktoren sind die Resistenz gegen aktiviertes Protein C (APC-Resistenz, in der Regel hervorgerufen durch die Faktor-V-Leiden-Mutation), die Punktmutation im Prothrombin-Gen an Position 20210 (G > A) sowie der Mangel an Antithrombin, Protein C oder Protein S. Auch die Erhöhung des Faktor VIII ist mit einem gesteigerten Risiko für Thrombosen verbunden, allerdings wurde hierfür bislang kein genetisches Korrelat gefunden. Um eine erworbene Thrombophilie handelt es sich beim Antiphospholipid-Syndrom.

Thrombophiliediagnostik – mögliche Indikationen*


  • Erstmanifestation einer Venenthrombose oder Lungenembolie vor dem 50. Lebensjahr.

  • Rezidivierende venöse Thromboembolien und Thrombophlebitiden.

  • Nach dem 50. Lebensjahr in Einzelfällen bei rezidivierenden oder spontanen Thrombosen oder bei auffälliger familiärer Disposition.

  • Zerebrale venöse Thrombosen oder Apoplexie ohne sonstige Risikofaktoren bei jungen Menschen.

  • Mesenterialvenen- oder Pfortaderthrombosen ohne sonstige Risikofaktoren.

  • Arterielle Thrombosen vor dem 30. Lebensjahr.


* DGHO 2005

APC-Resistenz und Faktor-V-Leiden-Mutation

Bis 1993 war bei der Mehrzahl von Patienten, die eine oder mehrere Thromboembolien entwickelt hatten und bei denen eine familiäre Thromboseneigung vermutet wurde, die hereditäre Ursache ungeklärt. Erst mit der Beschreibung der APC-Resistenz wurde die häufigste angeborene thrombophile Gerinnungsstörung identifiziert: 20 bis 50 Prozent der Patienten mit thromboembolischen Erkrankungen sind von diesem Defekt betroffen. In ihrer heterozygoten Form ist die Mutation mit einem 5- bis 10-fachen, in ihrer homozygoten Form mit einem 50- bis 100-fachen relativen Risiko für tiefe Venenthrombosen verbunden. Betroffen sind vor allem Menschen kaukasischer Abstammung, bei der schwarzen oder asiatischen Bevölkerung tritt diese Mutation nicht auf. In Deutschland beträgt die Prävalenz der heterozygoten Form 3,0 bis 8,5 Prozent, die homozygote Form ist sehr selten. Im Vergleich zu anderen thrombophilen Störungen, etwa zum Protein-C- oder Protein-S-Mangel, ist die Erkrankungswahrscheinlichkeit im Einzelfall eher gering.

Ursache für die APC-Resistenz ist eine Punktmutation im Faktor-V-Gen, nach dem Ort der Erstbeschreibung – Leiden in den Niederlanden – als Faktor-V-Leiden-Mutation bezeichnet.

Durch den Austausch von Guanin zu Adenin an Nukleotidposition 1691 kommt es zu einem Aminosäureaustausch von Arginin gegen Glutamin in Position 506 des Faktor-V-Proteins. Diese Genveränderung bewirkt, dass der mutierte Faktor V etwa zehnmal langsamer durch aktiviertes Protein C inaktiviert wird, was eine gesteigerte Thrombinbildung zur Folge hat (physiologischerweise wird die Thrombinbildung reguliert, indem aktiviertes Protein C zusammen mit dem Kofaktor Protein S die aktivierten Gerinnungsfaktoren V und VIII spaltet) (s. Abb. 1).

Die APC-Resistenz als solche wird zumeist in einem spezifischen Gerinnungstest nachgewiesen, bei dem die Ratio aus der aPTT mit APC-Zugabe und der aPTT ohne APC-Zugabe ermittelt wird. Der genetische Defekt der Faktor-V-Leiden-Mutation lässt sich durch genanalytische Methoden nachweisen.

Prothrombin-Mutation (G20210A)

Seit 1996 ist der Prothrombin-G20210A-Polymorphismus als die bei der kaukasischen Bevölkerung mit sieben Prozent zweithäufigste hereditäre Thrombophilie bekannt.

Durch Austausch von Guanin zu Adenin an Position 20210 am 3’-Ende des Faktor-II-Gens kommt es phänotypisch zu einer erhöhten Konzentration von Prothrombin (Faktor II) im Plasma (s. Abb. 1).

Die Prothrombin-Mutation G20210A ist bei etwa zwei Prozent der Normalbevölkerung und etwa acht Prozent der Patienten mit venösen Thromboembolien nachweisbar und gilt in ihrer heterozygoten Form als geringes Thromboserisiko. Homozygote Träger sind sehr selten, sind aber durch ein 50- bis 100-fach höheres Risiko gefährdet. Nicht selten besteht eine Koinzidenz des Prothrombin-Polymorphismus mit der Faktor-V-Mutation, dementsprechend kann der gentechnische Nachweis der Prothrombin-Mutation sowohl isoliert als auch kombiniert mit der Faktor-V-Mutation durchgeführt werden. Vorher den Prothrombinspiegel zu bestimmen, eignet sich nicht als Kriterium für die Entscheidung zur molekulargenetischen Diagnostik, da die Prothrombinspiegel heterozygoter Patienten sich zu wenig von denen nicht betroffener Personen unterscheiden.

Cave Cumarinnekrose


Bei einer Cumarinnekrose kommt es wenige Tage nach Beginn einer Marcumarisierung zu einer Übergerinnbarkeit mit thrombotischem Verschluss kleiner Hautgefäße. Nach einigen Tagen bilden sich dort blutige Bläschen oder eine zunehmende Schwarzfärbung, Endstadium ist in der Regel eine Nekrose des betroffenen Hautbezirkes. Insgesamt ist diese Nebenwirkung sehr selten, jedoch tritt sie aufgrund des in Relation zu den anderen Vitamin-K-abhängigen Faktoren rascheren initialen Abfalls von Protein C bei Patienten mit Protein-C-Mangel vermutlich häufiger auf.

Protein-S- und C-Mangel

Die Inhibitoren Protein S und C sind Vitamin-K-abhängige Komponenten des sog. Protein-C-Wegs (s. Abb. 1). Wie bei der APC-Resistenz schon dargestellt, wirkt Protein S als Kofaktor von aktiviertem Protein C bei der Proteolyse der aktivierten Faktoren V und VIII. Zusätzlich inhibiert Protein S direkt, also Protein-C-unabhängig, die aktivierten Faktoren V, VIII und X, wobei nur nicht gebundenes Protein S funktionell wirksam ist.

Die hereditäre Form des Protein-C-Mangels ist seit 1981 bekannt, die hereditäre Form des Protein-S-Mangels seit 1987. Die Wahrscheinlichkeit, im Vergleich zu nicht betroffenen Personen eine Phlebothrombose zu erleiden, ist bei beiden Störungen höher als bei der APC-Resistenz (2,2-fach höher): bei einem Protein-S-Mangel um das 8,5-Fache und bei einem Protein-C-Mangel um das 7,3-Fache. Klinisch auffällig ist das Auftreten von Thromboembolien im frühen Erwachsenenalter.

Allerdings ist ein kongenitaler Mangel an Protein C oder S insgesamt selten die Ursache thrombophiler Störungen. Häufiger findet sich ein passagerer bzw. erworbener Mangel, entweder als Folge anderer Grundkrankheiten oder aufgrund medikamentöser Therapie (s. Tab. 1). Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Ursachen wie eine Verbrauchskoagulopathie oder Lebersynthesestörung auch zu einem Mangel an prokoagulatorischen Gerinnungsfaktoren und somit zu einer Blutungsneigung führen können.

Tab. 1: Typische Ursachen eines erworbenen Mangels an Inhibitoren der Blutgerinnung

Inhibitor
Ursache des Inhibitormangels
Protein-C-Mangel
  • akute Thrombose und/oder Embolie
  • Vitamin-K-Mangel bzw. Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Phenprocoumon)
  • verminderte Lebersynthese
  • Sepsis, disseminierte intravasale Gerinnung
  • HIV
  • Chemotherapie
Protein-S-Mangel
  • akute Thrombose und/oder Embolie
  • Vitamin-K-Mangel bzw. Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Phenprocoumon)
  • verminderte Lebersynthese
  • orale Kontrazeptiva
  • Gravidität
  • Sepsis, disseminierte intravasale Gerinnung
  • Malignome
  • Therapie mit Asparaginase (akute lymphatische Leukämie bzw. Non-Hodgkin-Lymphom)
  • M. Crohn/Colitis ulcerosa
  • HIV
  • Lupus erythematodes
  • nephrotisches Syndrom
Antithrombinmangel
  • akute Thrombose und/oder Embolie
  • Heparintherapie
  • verminderte Lebersynthese
  • Sepsis, disseminierte intravasale Gerinnung
  • große Operation, Trauma
  • starke Blutungen (Verlustkoagulopathie)
  • Präeklampsie
  • Therapie mit Asparaginase
  • nephrotisches Syndrom
  • exsudative Enteropathie

Sowohl beim Protein-S- als auch beim Protein-C-Mangel lassen sich Subtypen unterscheiden, die auf dem Verhältnis von normaler bzw. verminderter Aktivität zu normaler bzw. verminderter Konzentration beruhen. So erfolgt der Nachweis des Mangels – nachdem die in Tabelle 1 genannten erworbenen Ursachen ausgeschlossen wurden – zumeist über die Messung der Protein-S- bzw. Protein-C-Aktivität oder mithilfe weniger störanfälliger immunologischer Tests. Wegen der langen Halbwertszeit von Marcumar sollten beide Inhibitoren erst untersucht werden, wenn das Ende einer oralen Antikoagulation mindestens vier Wochen zurückliegt.

Antithrombinmangel

Der hereditäre Antithrombinmangel wurde erstmals 1965 mit einer familiären venösen Thromboseneigung in Verbindung gebracht. Antithrombin reagiert mit den Serinproteasen Thrombin und Faktor X (s. Abb. 1), aber auch mit Faktor IXa und VIIa. Die Hemmung erfolgt durch irreversible Bindung an die jeweilige Serinprotease, deren Kinetik durch die Anwesenheit von Heparin etwa 1000-fach beschleunigt wird (physiologisch wird Antithrombin durch endotheliales Heparansulfat aktiviert).

Die homozygote Form des Antithrombinmangels ist sehr selten und endet in der Regel als neonatale Thrombose letal. Auch die heterozygote Form ist mit ca. einem Prozent im Thrombosekollektiv selten, geht allerdings mit einem bis zu 50-fachen Thromboserisiko einher. Bereits im frühen Jugend- und Erwachsenenalter kommt es zu venösen Thrombosen, bei der Hälfte der Betroffenen sogar vor dem 25. Lebensjahr. Zwei Typen lassen sich unterscheiden:

  • Typ-I-Mangel: Reduktion der Antithrombinkonzentration um etwa 50 Prozent, verbunden mit einer entsprechenden Aktivitätsminderung.

  • Typ-II-Mangel: Normale Antithrombinkonzentration, Aktivität durch Änderungen in der Konfiguration des Antithrombinmoleküls eingeschränkt. Hier lassen sich noch drei Subtypen differenzieren, von denen Typ IIb eine gewisse klinische Relevanz hat, da hier sowohl venöse als auch arterielle Thrombosen aufzutreten scheinen.

Auch hier sollten vor funktionellen und immunologischen Nachweisverfahren die erworbenen Ursachen ausgeschlossen werden. Auch bei nicht ausreichender Wirksamkeit einer Heparintherapie ist die Bestimmung von Antithrombin sinnvoll, da manche Patienten mit Antithrombinmangel klinisch auf Heparin kaum ansprechen. Diese Heparinresistenz zeigt sich bei niedermolekularem Heparin ebenso wie bei unfraktioniertem, da die volle Wirksamkeit beider Heparinarten von ausreichend hohen Antithrombinspiegeln abhängig ist. Bei entsprechender Indikation (fehlende aPTT-Verlängerung, klinische Verschlechterung, Ereignis wie Lungenembolie) muss Antithrombin substituiert werden.

Faktor-VIII-Erhöhung

In mehreren Studien konnte eine Assoziation zwischen venösen Thrombosen und einem erhöhten Faktor-VIII-Spiegel nachgewiesen werden. Seit einigen Jahren wird eine hereditäre Ursache erhöhter Faktor-VIII-Spiegel vermutet, da sich in Familien, in denen ein Mitglied sowohl eine Thrombose erlitt als auch bei wiederholten Messungen erhöhte Faktor-VIII-Spiegel aufwies, eine familiäre Häufung zeigte. Bislang konnte kein ursächlicher Defekt in Genen gefunden werden, die Faktor VIII oder von-Willebrand-Faktor kodieren (letzterer ist für den Faktor-VIII-Spiegel eine entscheidende Größe, da er Faktor VIII als Trägerprotein dient und ihn vor Proteolyse schützt).

Da es sich bei Faktor VIII (s. Abb. 1) und beim von-Wille-brand-Faktor um Akute-Phase-Proteine handelt, kommt es in Situationen wie Stress, Entzündungen, Trauma, malignen Erkrankungen sowie postoperativ reaktiv zu vorübergehend erhöhten Konzentrationen. Parallel zur Faktor-VIII-Bestimmung sollte daher stets das C-reaktive Protein gemessen werden. Erst wenn sich ein erhöhter Faktor-VIII-Spiegel wiederholt reproduzieren lässt, kann im individuellen Fall von einem erhöhten Thromboserisiko gesprochen werden.

Antiphospholipid-Syndrom (APS)

Bei den Antiphospholipid-Antikörpern (APL-AK) handelt es sich um eine heterogene Gruppe erworbener Autoantikörper, die sich gegen negativ geladene Phospholipid-Protein-Komplexe richten. Die wichtigsten APL-AK sind Lupusantikoagulanzien (LA), Antikardiolipin-Antikörper (ACA) und ß2-Glykoprotein-I-Antikörper (ß2-GPI-AK). Der Wortanteil "Lupus" beruht auf der Erstbeschreibung beim systemischen Lupus erythematodes, der Wortanteil "Antikoagulans" auf der Verlängerung phospholipidabhängiger Gerinnungsteste, etwa der aktivierten partiellen Thromboplastinzeit (aPTT). Klinisch betrachtet ist der Terminus irreführend, da beim APS vielmehr eine Thromboseneigung besteht.

Für die zellulären und molekularen Pathomechanismen der Hyperkoagulabilität bei APL-AK existieren derzeit mehrere Hypothesen. Für die Diagnose eines Antiphospholipid-Syndroms sollte mindestens ein klinisches Kriterium vorliegen, verbunden mit dem Nachweis von Antiphospholipid-Antikörpern in mindestens zwei Tests im Abstand von sechs Wochen (s. Tab. 2).

Tab. 2: Diagnosekriterien des Antiphospholipid-Syndroms [nach Mi-yakis S. et al. 2006]. Mindestens ein klinisches und ein laborchemisches Kriterium sollten erfüllt sein. Laborchemisch werden immunologische Tests für Cardiolipin-Antikörper und β2-Glykoprotein durchgeführt und mindestens zwei kombinierte indirekte Gerinnungstests für Lupusantikoagulans.

klinische Kriterien
laborchemische Kriterien
  • venöse und/oder arterielle Thrombosen
  • Schwangerschaftskomplikationen – ≥ 3 Spontanaborte vor der 10. SSW
  • – ≥ 1 Tod eines normal entwickelten Fetus nach der 10. SSW
  • – ≥ 1 Frühgeburt eines normal entwickelten Kindes vor der 34. SSW
  • Lupusantikoagulans positiv
  • Anticardiolipin-Antikörper positiv (mittlere oder hohe Titer von IgG- oder IgM-Antikörpern)

Antiphospholipid-Antikörper kommen bei 1 bis 2% der Normalbevölkerung und bei 5 bis 15% der Patienten mit venösen Thromboembolien vor. Es besteht ein 9-fach erhöhtes Thromboserisiko. Neben den in Tabelle 2 genannten Schwangerschaftskomplikationen sollte differenzialdiagnostisch bei jungen Patienten mit spontanen venösen Thrombosen oder apoplektischen Insulten immer auch an ein APS gedacht werden, ebenso bei rezidivierenden spontanen Thrombosen unabhängig vom Lebensalter bzw. bei ungewöhnlichen Thromboselokalisationen.

Bis heute steht keine spezifische Therapie des Antiphospholipid-Syndroms zur Verfügung. Aktuelle Leitlinien empfehlen bei einem thromboembolischen Erst-ereignis die Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten für mindestens 12 Monate (Ziel-INR von 2,0 bis 3,0). Das Rezidivrisiko nach Beendigung der Antikoagulation ist hoch. Kommt es zu rezidivierenden thromboembolischen Ereignissen, muss eine langfristige und gegebenenfalls intensivierte Antikoagulation erfolgen (Ziel-INR > 3,0 oder zusätzliche Gabe von ASS).



Literatur

Schambeck CM. Hereditäre hämostaseologische Ursachen venöser Thrombosen. In: Bruhn HD, Hach-Wunderle V, Schambeck CM, Scharf, RE (Hrsg). Hämostaseologie für die Praxis. Stuttgart: Schattauer, 2. Aufl. 2011

Linnemann B, Lindhoff-Last E. Antiphospholipid-Syndrom. In: Bruhn HD, Hach-Wunderle V, Schambeck CM, Scharf, RE (Hrsg). Hämostaseologie für die Praxis. Stuttgart: Schattauer, 2. Aufl. 2011

Willeke A, Gerdsen F, Bauersachs RM, Lindhoff-Last E. Rationelle Thrombophiliediagnostik. Dtsch Arztebl 2002; 99: A 2111 – 2118

Luxembourg B, Krause M, Lindhoff-Last E. Basiswissen Gerinnungslabor. Dtsch Arztebl 2007; 104(21): A 1489 – 1498

Deutsche Gesellschaft für Angiologie. S2-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie. Juni 2010. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 065/002.

Hach-Wunderle V, Müller MM, Pabinger J. Thrombophile Diathesen. DGHO 2005



Autor

Clemens Bilharz, Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Stuttgart



DAZ 2011, Nr. 42, S. 66

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