Arzneimittel und Therapie

Unerwartete Folgen einer Hepatitis-B-Impfung

Die Hepatitis B ist eine Infektionskrankheit der Leber, die häufig akut (90%), gelegentlich auch chronisch verläuft. Mit etwa 350 Millionen chronisch infizierten Menschen ist die Hepatitis B weltweit die häufigste Virusinfektion. Auf Basis der chronischen Leberentzündung können sich Leberzirrhosen und Leberzellkarzinom entwickeln. Die Therapie einer chronischen Hepatitis B ist schwierig, daher gilt die vorbeugende Impfung als die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung einer Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) und der Verminderung der Virusträgerzahl. Eine aktuelle Studie zeigt klare Defizite des bisherigen Impfkonzepts auf.
Hepatitis-B-Virus Die Hepatitis B ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt. Es sind acht verschiedene Virus-Genotypen (A– H) und acht HBsAg-Subtypen bekannt, deren Verbreitung in verschiedenen geo­grafischen Regionen unterschiedlich ist. Foto: Aventis Pasteur MSD Gmbh Leimen

Bereits seit 1995 ist die gut schützende und nebenwirkungsarme Impfung gegen Hepatitis B in Deutschland für alle Kleinkinder und Jugendlichen empfohlen. Blutspender werden bislang nicht gezielt geimpft.

Der Erreger, das Hepatitis-B-Virus (HBV), liegt oft unerkannt im Blut vor. Entschärft wird diese Gefahr in Deutschland durch drei aufwendige labordiagnostische Untersuchungen der Blutspenden auf das genetische Material des Virus (HBV-DNA), das Hüllprotein des Virus (HBsAg) und den Antikörper gegen HBV (Anti-HBc). Dennoch bleibt ein kleines Restrisiko für eine infektiöse Spende von etwa 1:300.000.

Dass Blutspender in Deutschland bislang nicht gezielt geimpft werden, scheint nach neuesten Erkenntnissen eher genutzt als geschadet zu haben. Eine Impfung begünstigt nämlich die Entstehung von okkulten HBV-Infektionen; das heißt, es kommt zu einer eine versteckten Erregerübertragung. Die Infektion kann nicht durch den üblichen Test auf HBsAg, sondern nur durch die HBV-DNA nachgewiesen werden. Anders als in Deutschland wurde bislang das Spenderblut in den USA allerdings wegen der hohen Kosten nicht auf HBV-DNA untersucht. Die okkulten Infektionen der geimpften Spender verliefen harmlos, ohne Symptome einer Leberschädigung. Nach ein bis drei Monaten verschwanden die Viren aus dem Blut. In dieser Hinsicht spricht also nichts gegen die Impfung. Die nun vorliegenden Daten zeigen dennoch Defizite des bisherigen Impfstoffkonzepts auf und könnten zum Umdenken bei den Impfstrategien führen, denn in den Proben der untersuchten amerikanischen Blutspender konnte mittels Virus-DNA eine versteckte Erregerübertragung nachgewiesen werden. Vom Hepatitis-B-Virus sind neun Genotypen bekannt. Bislang setzten die meisten Fachleute voraus, dass die Impfung mit einem Genotyp gegen alle Genotypen gleich gut schützt. Es zeigte sich aber, dass bei den geimpften und dennoch infizierten Personen vorwiegend andere Genotypen als im Impfstoff auftraten. Der Schutz davor war etwa zehnmal schwächer. Weltweit hat nur ca. 1% der HBV-Infizierten den Genotyp des Impfstoffs. Leider beschränken sich die meisten Länder trotz der weltweiten Anwendung des Impfstoffs auf den eigenen regionalen HBV-Genotyp. Um das HB-Virus ganz auszurotten müsste der bisherige Impfstoff deutlich verbessert werden. Naheliegend wäre es, die weltweit vorherrschenden Genotypen B bis F mit einzubeziehen. Leider wird eine Weiterentwicklung des HBV-Impfstoffs bisher nicht forciert.


Quelle

[1] Stramer, S.L; et al.: Nucleic acid testing to detect HBV infection in blood donors. N Engl. J. Med. (2011) 364: 236 – 247.

[2] Lott, C.: Impfstoff-Egoismus und Folgen: Pressemitteilung der Justus-Liebig-Universität Gießen, 20. Januar 2011.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 4, S. 51

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